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# taz.de -- Wer ist Südkoreas Oppositionsführer Lee?: Unverhofft auf der Übe…
> Nach der Absetzung des Präsidenten gilt Oppositionsführer Lee Jae Myung
> als aussichtsreichster Nachfolgekandidat. Der Linkspopulist polarisiert
> stark.
Bild: Südkoreas Oppositionsführer der Demokratischen Partei Lee Jae Myung
Seoul taz Südkoreas Staatskrise hat zahlreiche Rücktritte und Verhaftungen
ausgelöst. Doch Lee Jae Myung wurde durch sie unverhofft in die Überholspur
katapultiert: Der Linkspopulist, dessen politische Zukunft aufgrund einer
angefochtenen Bewährungsstrafe fraglich erschien, gilt mittlerweile als
aussichtsreichster Kandidat fürs Präsidentenamt.
Ein Rückblick: Der konservative Präsident Yoon Suk Yeol rief zu
Monatsbeginn [1][überraschend das Kriegsrecht aus], um eine innenpolitische
Blockade zu durchbrechen. Doch am Samstag endete dies in seiner
Amtsenthebung durch die südkoreanische Nationalversammlung. Noch ist diese
allerdings temporär: Das Verfassungsgericht wird in den kommenden Wochen
oder Monaten die Entscheidung bestätigen oder aufheben. Im ersten Fall
müssten innerhalb von zwei Monaten Neuwahlen stattfinden.
Und der 61-jährige Lee bringt sich dafür bereits staatsmännisch in
Stellung. Am Montag traf er den Präsidenten der amerikanischen
Handelskammer in Seoul, um ausländische Investoren zu gewinnen. „Betrachten
Sie diesen Moment der Verwirrung als Chance, in Südkorea zu investieren
oder zu einem niedrigen Preis einzukaufen“, sagte Lee. Solche Aussagen
machen den studierten Juristen bei seinen Anhängern beliebt: stets
pointiert, volksnah und authentisch.
Doch viele Koreaner, nicht nur Konservative, verachten Lee Jae Myung. Sein
Populismus polarisiert stark, und seine Skandale bieten Angriffsfläche.
Anfang des Jahres wurde er Opfer eines Messerangriffs – eine Folge der
zunehmenden politischen Radikalisierung.
## In Armut aufgewachsen
1963 als fünftes von sieben Kindern in Andong geboren, wuchs Lee in Armut
auf. Während der Industrialisierung zog die Familie in eine Trabantenstadt
von Seoul, wo Lee früh in Fabriken arbeitete – oft unter Pseudonym, um das
Arbeitsverbot für Kinder zu umgehen.
Sein politisches Weltbild gründet auf diesen Jahren des Verzichts: Lee will
die Privilegien der Reichen beschneiden und die Armen fördern. Als
Menschenrechtsaktivist setzte er seine Vision beruflich um und sorgte als
Lokalpolitiker für Aufsehen, etwa mit kostenlosen Schulmensen. Innerhalb
des linken Lagers machte er in den letzten 20 Jahren Karriere, vom
Bürgermeister zum Provinzgouverneur und in die Nationalversammlung.
Dort filmte er in der Nacht des 3. Dezembers ein Video, das sich in das
Kollektivgedächtnis Südkoreas einbrennen wird: Nachdem Präsident Yoon das
Kriegsrecht ausgerufen hatte und das Militär das Parlament stürmte, filmte
sich Lee, wie er über den Parlamentszaun kletterte. Er und 189 Abgeordnete
zwangen Yoon schließlich, das Kriegsrecht zurückzunehmen.
Während Teile des Volkes Lee als Helden sehen, lehnen viele seinen
Aktivismus ab, etwa wegen seiner Wirtschaftspolitik: In Südkorea ein
universelles Grundeinkommen zu fordern, gilt als radikal. Auch in der
Außenpolitik polarisiert Lee. In Bezug auf Nordkorea befürwortet er die
Sonnenscheinpolitik der Annäherung. Ebenso wird seine China-Politik als
naiv kritisiert. Lee strebt einen Ausgleich zwischen Washington und Peking
an.
Ob Lee seine Worte in Taten umsetzt, wird sich frühestens in einem halben
Jahr zeigen, wenn Neuwahlen anstehen könnten. Lee hat einen doppelten
Anreiz, möglichst bald Präsident zu werden. Im November verurteilte ihn ein
Gericht wegen Verstoßes gegen das Wahlgesetz zu einer Bewährungsstrafe. Ein
Berufungsverfahren läuft. Verliert er vor den Neuwahlen, darf er nicht
antreten.
17 Dec 2024
## LINKS
[1] /Regierungskrise-in-Suedkorea/!6051391
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Regierung
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Demokratie
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