# taz.de -- Migration in die EU: Deutlich weniger unerlaubte Einreisen | |
> Die Grenzschutzagentur Frontex legt ihren Jahresbericht für 2024 vor. | |
> Amnesty wirft Sicherheitsbehörden in diesem Zusammenhang schwere Verstöße | |
> vor. | |
Bild: Migranten in einem Zeltlager in Tunis | |
Berlin taz | Für die einen sind es Pushbacks in die Wüste, für Hans | |
Leijtens ist es „ein wichtiger Faktor für die Zerschlagung der | |
Schleusernetze“. So lobte der niederländische Direktor der | |
[1][EU-Grenzschutzagentur Frontex] am Dienstag die „bessere Zusammenarbeit | |
mit den nordafrikanischen Ländern, insbesondere Tunesien“. Um 59 Prozent | |
ging 2024 die Zahl der irregulären Einreisen über die zentrale | |
Mittelmeerroute in die EU zurück: 67.000 Menschen reisten von Libyen oder | |
Tunesien per Boot nach Italien. Im Vorjahr waren es noch 157.000 gewesen. | |
Die Region liegt damit im Trend: Insgesamt, so meldete Frontex am Dienstag, | |
sei die Zahl irregulärer Einreisen EU-weit im vergangenen Jahr um 38 | |
Prozent auf 239.000 gefallen – der niedrigste Wert seit 2021. Gleichzeitig | |
starben 2024 nach IOM-Zahlen mindestens 2.900 Menschen auf dem Weg in die | |
EU, davon rund 1.700 im zentralen Mittelmeer und rund 700 auf dem Weg von | |
Westafrika auf die Kanaren. | |
[2][Auf der zentralen Mittelmeerroute] ist der Rückgang an Überfahrten auch | |
darauf zurückzuführen, dass Tunesien – wie auch Libyen – verstärkt Boote | |
auf dem Meer stoppt und die Insassen zurückschafft. Die Zahl dieser | |
„Interceptions“ schätzt das UN-Flüchtlingswerk UNHCR für Libyen auf über | |
21.000. Für Tunesien gibt es keine offiziellen Zahlen, die Größenordnung | |
dürfte im deutlich fünfstelligen Bereich liegen. | |
Seit 2023 hatte es immer wieder Berichte über teils tödliche Abschiebungen | |
aus Tunesien in die Sahara gegeben. Die EU und Tunesien hatten im Juli 2023 | |
ein Migrations- und Partnerschaftsabkommen vereinbart. Es sieht die Zahlung | |
von 105 Millionen Euro für den Grenzschutz in Tunesien vor, unter anderem | |
für die Küstenwache und die Abschiebung von Migranten in ihre Heimatländer. | |
## Hohes Risiko für Ausweisung | |
Die europäische Politik, den Grenzschutz nach Tunesien zu verlagern, | |
unterstütze „Sicherheitsbehörden, die schwere Verstöße begehen“, | |
kritisierte Amnesty International. Es gebe ein hohes Risiko der kollektiven | |
Ausweisung nach Libyen und Algerien. Am stärksten fiel die Zahl der | |
irregulären Einreisen in die EU im vergangenen Jahr auf der sogenannten | |
Westbalkanroute, also über Serbien, Bosnien und Herzegowina und Montenegro | |
nach Kroatien, Ungarn und Rumänien. Hier fiel die Zahl der Einreisen um 78 | |
Prozent auf 21.500. | |
Auf anderen Routen stiegen die Ankünfte: In Griechenland etwa kam ein | |
knappes Drittel mehr Menschen an als 2023. Nahezu verdreifacht haben sich | |
solche Einreisen über die Ostgrenze der EU. Frontex zählte hier 17.001 | |
Ankünfte, ein Anstieg um 192 Prozent. | |
## Instrumentalisierte Migration | |
Die EU wirft Russland und dessen Verbündeten Belarus vor, Migranten zu | |
instrumentalisieren und sie gezielt an den Grenzen von EU-Ländern wie Polen | |
und Finnland auszusetzen. Die EU-Kommission hatte betroffenen Ländern | |
deshalb im Dezember gestattet, „alles Nötige“ zu tun, um dagegen | |
vorzugehen. Polen setzte das Asylrecht an der Grenze aus. | |
Frontex-Direktor Leijtens sprach von einem insgesamt „signifikanten | |
Rückgang“, sagte aber, die wachsende Instabilität in Regionen wie der | |
Sahelzone „treibt die Migration nach Europa weiter voran“. Die gesunkene | |
Zahl der Einreisen in die EU schlug sich auch in Deutschland nieder. Hier | |
ging die Zahl der unerlaubten Grenzübertritte 2024 um 36 Prozent gegenüber | |
2023 zurück – von 130.000 auf rund 83.000. | |
15 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /20-Jahre-Frontex/!6043012 | |
[2] /Reform-fuer-Seenotrettung/!6053334 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
## TAGS | |
Frontex | |
Flüchtlinge | |
Europäische Union | |
Schwerpunkt Flucht | |
GNS | |
Migration | |
Montenegro | |
Amnesty International | |
Los Angeles | |
Frontex | |
Seenotrettung | |
Schwerpunkt Flucht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Deutsch-montenegrinische Geschichte: „Wenn man will, ist einem alles fremd“ | |
Auf nach Montenegro: Ines Habich-Milović geht in ihrem Debütroman auf den | |
Grund, wie sich Identität in einem interkulturellen Europa zusammensetzt. | |
Jahresbericht von Amnesty International: Generalsekretärin spricht von „epoc… | |
Die NGO warnt vor Attacken auf regelbasierte Ordnung. Kritik ernten die USA | |
und Russland, aber auch Deutschland. Israel wird Völkermord vorgeworfen. | |
Brände in Kalifornien: Teuerste Katastrophe der US-Geschichte | |
Böen drohen die Feuer um Los Angeles weiter anzufachen. Trotz der enormen | |
Schäden werden die wirtschaftlichen Langzeitfolgen wohl gering ausfallen. | |
Europäische Abschottungspolitik: Wettbewerb der menschenrechtlichen Unterbietu… | |
Die Europäische Union könnte das Sterben im Mittelmeer stoppen – wenn sie | |
denn wollte. Doch danach sieht es momentan nicht aus. | |
Reform für Seenotrettung: Wie das Sterben im Mittelmeer aufhören könnte | |
14 NGOs haben ein Konzept für ein EU-Programm zur Seenotrettung im | |
Mittelmeer vorgelegt. Die EU könne jederzeit sichere Fluchtwege schaffen. | |
Ehrenamtliche über Seenotrettung: „Wenn ein Boot untergeht, ist die Küstenw… | |
Seit zehn Jahren hilft das Alarm-Phone Migrant*innen in Seenot. | |
Staatliche Rettungsstellen würden die Zusammenarbeit verweigern, klagt | |
Britta Rabe. |