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# taz.de -- Deutsch-montenegrinische Geschichte: „Wenn man will, ist einem al…
> Auf nach Montenegro: Ines Habich-Milović geht in ihrem Debütroman auf den
> Grund, wie sich Identität in einem interkulturellen Europa zusammensetzt.
Bild: Reife Kirschen: Spielen eine wichtige Rolle im Debütroman von Ines Habic…
taz: „Ich mache Theater, ich erzähle ständig Geschichten von anderen“, sa…
Rieke in Ihrem Roman „Dein Vater hat die Taschen voller Kirschen“. Welche
Geschichte haben Sie in Montenegro gefunden, Frau Habich-Milović?
Ines Habich-Milović: Zunächst hatte ich das Gefühl, das Land ist maximal
fremd. Das war sehr anziehend, gerade weil es so abenteuerlich war. Wenn
man länger dort ist und mit Menschen spricht, merkt man, dass es doch nicht
so fremd ist. Wie es im Buch beschrieben ist, als Rieke aus Montenegro
zurückkehrt: Wenn man will, ist einem alles fremd. Es kann einem aber auch
alles sehr nah kommen.
taz: Warum haben Sie sich dazu entschieden, diese montenegrinisch-deutsche
Geschichte mithilfe einer verschwunden Figur, einer Leerstelle, zu
erzählen?
Habich-Milović: Ich musste die Hauptfigur erst mal verschwinden lassen, um
sie dann in Geschichten wieder auftauchen lassen zu können. Aber eigentlich
ist Miko, der Ehemann von Rieke, die seine Geschichte erzählt, ja die ganze
Zeit da. Riekes Perspektive ist wie ein Filter, der sich über seine
Geschichte legt. Denn natürlich war die Frage: Wer darf seine Geschichte
erzählen?
taz: Hier ist es Rieke, seine Frau, die als Deutsche gleichzeitig
außenstehend ist.
Habich-Milović: Wie ich hat auch Rieke keinen Migrationshintergrund. Sie
geht am ehesten mit meiner Perspektive einher, das hat mir viele Freiheiten
geboten.
taz: Über ihre Tochter Maja sagt Rieke: „Maja ist Europa“. Wie meint sie
das?
Habich-Milović: Maja ist das wundervolle Ergebnis der deutschen und
montenegrinischen Kultur. Die Generation, die jetzt heranwächst, das ist
Europa. Ich würde mir wünschen, noch mehr über kulturübergreifende
Beziehungen zu lesen. Sie sind überall, und in der Annäherung liegen so
viele Möglichkeiten.
taz: Gleichzeitig schotten sich viele europäische Länder aktuell mehr ab,
nationalistische Tendenzen steigen.
Habich-Milović: Genau! Deshalb braucht es mehr von diesen Geschichten, wo
Kulturen miteinander ringen, aufeinander zugehen. Man hat so viele
Möglichkeiten, über das Erzählen Menschen zu erreichen.
taz: Der zuvor westliche Kurs Montenegros wurde vor zwei Jahren von einer
pro-russischen Regierung abgelöst, es kam zu Protesten. Wie hat das Ihren
Blick und die Identitätssuche des Romans beeinflusst?
Habich-Milović: Im Roman selbst spielt es keine Rolle, weil der zeitlich in
weiten Teilen früher angesiedelt ist. Vielleicht ist es eher subtil, dieses
Unruhige, wenn man sich in Montenegro aufhält. Ich hatte dort immer das
Gefühl, ich muss weiterfahren.
taz: Sie sind in Gelsenkirchen geboren, nur wenige Kilometer von Bochum
entfernt. Wie viel greift der Roman auf Ihre persönlichen Erfahrungen
zurück?
Habich-Milović: So mittel, würde ich sagen. Ich habe mir auch viel erlesen.
Es ist ein Buch, was sehr stark mit den Figuren mitgeht. Das Ruhrgebiet ist
die Bühne, auf der getanzt wird, aber entscheidend für die Geschichte ist
das nicht.
taz: Sie sprechen vom „Durst“ einiger Figuren, die zuvor nichts hatten und
sich jetzt nach mehr sehnen. Kennen Sie diesen Durst auch?
Habich-Milović: Den Durst auf materielle Dinge nicht, wahrscheinlich aus
sehr privilegierter Position heraus. Aber einen Durst nach
Weiterentwicklung und Anerkennung. Dass mir egal ist, was die Leute über
meine Kunst denken, wäre gelogen.
taz: Sie haben zuvor dokufiktionale Theaterstücke geschrieben. Auch im
Roman kommt es immer wieder zu Passagen, die einem Skript ähneln: „Film
ab!“ Wird manches in dieser Form leichter sagbar?
Habich-Milović: Ja, ich glaube schon. Beim Schreiben hatte ich das Gefühl,
diese unterschiedlichen Stile sind auch ein Versuch dieser Spurensuche: In
welcher Form erzählt man über denjenigen, der nicht da ist? Ich glaube,
Dialoge können etwas aufmachen, was der Leser selbst füllen kann. Das ist
reizvoll. Ich hab gemerkt, wie geil eine Pause sein kann.
26 May 2025
## AUTOREN
Charlina Strelow
## TAGS
Montenegro
Ruhrgebiet
Hamburg
deutsche Literatur
Kolumne Stadtgespräch
Frontex
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