# taz.de -- Osteuropa-Workshop 2024: Georgien: Freiheit schwindet, Journalisten… | |
> Georgien wird immer mehr vom sicheren Hafen für Journalist*innen aus | |
> den Nachbarländern zu einer Autokratie. Das hat Folgen – auch über das | |
> Land hinaus. | |
„Ich fühle mich in Tbilisi nicht mehr sicher“, sagt Aytan Farhadova. Dabei | |
hatte die aserbaidschanische Journalistin das Land einst absichtlich als | |
ihr Exil gewählt. In ihrem Heimatland werden Journalist*innen verfolgt | |
– und Georgien galt lange als sicherer Hafen für Medienschaffende aus nahen | |
autoritären Ländern wie Aserbaidschan und Zentralasien. Das Land bot vielen | |
Journalist*innen aus ehemaligen Sowjetstaaten, die vor Verfolgung | |
flohen, Zuflucht. | |
Doch nun schrumpft in Georgien der Raum für freie Meinungsäußerung und | |
damit auch für eine freie Presse. Wenn antidemokratische Strömungen | |
wachsen, ist die Meinungsfreiheit eines ihrer ersten Ziele. | |
Als diese Folge des Podcasts „Freie Rede“ der taz Panter Stiftung | |
aufgenommen wird, ist es Mitte Oktober. [1][In Tbilisi haben sich | |
Journalist*innen aus dem postsowjetischen Raum für den zweiten | |
Osteuropa-Workshop der Stiftung im Jahr 2024 versammelt, der dank der | |
Förderung des Auswärtigen Amts seit 2022 stattfinden konnte.] Noch wissen | |
die Teilnehmenden nicht, dass in der kurz darauf anstehenden Parlamentswahl | |
der rechte, pro-russische „Georgische Traum“ gewinnen wird. Und doch haben | |
sie eine Vorahnung – und zeichnen ein düsteres Bild der Presse- und | |
Meinungsfreiheit im Land. | |
Sonja Schiffers ist Leiterin des Regionalbüros der Heinrich-Böll-Stiftung | |
in Tbilisi. Im Podcast erklärt sie: „Vor allem seit 2020 hat der Georgische | |
Traum seine politische Identität gefunden: Sie ist ultrakonservativ, | |
illiberal und zunehmend autoritär. Sie hält sich an das russische und auch | |
das ungarische Drehbuch.“ | |
## Journalist*innen kämpfen für das Recht auf freie Rede | |
Zu diesem Drehbuch gehört etwa das sogenannte | |
„Ausländische-Agenten-Gesetz“: Es zwingt Medien, die Förderungen aus dem | |
Ausland erhalten, sich als solche zu registrieren. In Russland ist das | |
Gesetz schon lange in Kraft. Und nun soll es auch in Georgien so weit | |
kommen. Noch weigern sich einige Medien, sich als ausländische Agenten | |
registrieren zu lassen – und boykottieren das Gesetz einfach. Doch | |
besonders für kleine Redaktionen könnte die finanzielle Belastung, die mit | |
der Nichteinhaltung des Gesetzes verbunden ist, existenzbedrohend sein. | |
Liza Torosyan ist Mitbegründerin des kleinen armenischsprachigen Mediums | |
Aliq Media Georgia – und fürchtet neben finanziellen Verlusten auch den | |
Verlust an Glaubwürdigkeit: „Die Öffentlichkeit traut einem nicht mehr zu, | |
dass man den Stimmen der lokalen Gemeinschaften eine Bühne geben will.“ | |
Auch ihr Medium sei betroffen und spüre das bereits: „Gerade jetzt, in | |
diesem Klima der Angst, will niemand mehr mit uns sprechen, nachdem wir auf | |
diese Weise gebrandmarkt wurden.“ | |
Wie es in Georgien einmal aussehen könnte, wenn das Land weiter in Richtung | |
Autokratie marschiert, beschreibt Adarka. Sie ist eine Journalistin aus | |
Belarus, ihr Name wurde geändert, um sie zu schützen. „Jeden Tag“, sagt | |
sie, übe man in Belarus Selbstzensur. „Es ist einfacher, überhaupt nichts | |
zu liken, nichts zu lesen, nichts zu sehen.“ [2][Die Menschen in Belarus] | |
gingen in eine Art innere Emigration. | |
[3][Mit einer Spende] können Sie die Osteuropa-Projekte der taz Panter | |
Stiftung unterstützen. | |
Die autoritären Regierungen inspirieren und kopieren sich gegenseitig in | |
ihren Unterdrückungsmechanismen. Da der Raum für freie Meinungsäußerung im | |
postsowjetischen Raum immer kleiner wird, ist es einmal mehr an | |
Journalist*innen wie Adarka, Torosyan oder Farhadova, nicht nur für ihr | |
eigenes Recht auf freie Rede zu kämpfen – sondern für das aller. | |
30 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tigran Petrosyan | |
Lisa Schneider | |
Aren Melikyan | |
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