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# taz.de -- Magdeburg nach dem Anschlag: Atempause und stilles Gedenken
> Ein Bürgerbündnis will am Montag mit einer stillen Menschenkette um den
> Alten Markt gedenken. Die AfD schaltet unterdessen in den Wahlkampfmodus.
Bild: Blumen und Kerzen vor dem Portal des Magdeburger Doms: Viele Magdeburger*…
Berlin taz | Die Erschütterung ist David Begrich vom Verein Miteinander in
Magdeburg auch zwei Tage nach dem [1][schrecklichen Anschlag auf den
Magdeburger Weihnachtsmarkt] deutlich anzuhören. Er wählt seine Worte mit
Bedacht, wie auch am Sonntag, als er auf einer Gedenkveranstaltung an der
Johanneskirche sprach. Auch Angehörige der Opfer nahmen an der bewegenden
Mahnwache teil.
Begrich sagte der taz danach: „Die Stadt Magdeburg ist durch den
Terroranschlag tief verwundet und es wird Zeit der Trauer brauchen, bis
diese Wunden heilen können.“ Wichtig sei nun, niemanden in seiner Trauer
allein zu lassen, aufeinander achtzugeben und zusammenzustehen. Mit Blick
auf die Betroffenen und die zunehmenden Angriffe auf Migranten in Magdeburg
fügte er hinzu: „Es gibt in der migrantischen Community die große Sorge,
jetzt zum Sündenbock gemacht zu werden.“
Am Samstagabend zog eine [2][Neonazi-Kundgebung mit laut Polizei rund 2.000
Teilnehmern] durch die Stadt. Diese habe sich „wie ein brüllender Lindwurm
durch die Stadt bewegt“, so Begrich, „der dort abgespulte aggressive
Rassismus hat allerdings keinen Widerhall in der Stadtgesellschaft
gefunden“. Gleichzeitig gehe die rechte Mobilisierung weiter, sagte Begrich
und verwies auf die von der AfD angekündigte Trauerkundgebung am Montag auf
dem Domplatz mit anschließendem Trauerzug durch die Innenstadt – auch
[3][die Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Alice Weidel] und gleich
fünf AfD-Landespolitiker haben angekündigt, dort ab 17 Uhr zu reden.
Begrich kritisierte dies scharf: „Keine andere Partei kommt auf die Idee,
einen Terroranschlag als Deutungsvorlage für die Eröffnung des Wahlkampfs
zu nutzen – aus gutem Grund: dem Respekt vor den Opfern und den
Betroffenen.“ Betroffenheit und Trauer umzuwandeln, um einen politischen
Mehrwert daraus zu ziehen, sei in höchstem Maße „moralisch unredlich“. Die
Menschen in der Stadt brauchten jetzt keine Kämpfe um die Deutungshoheit
mit der AfD, sondern den Ereignissen der letzten Tage angemessene
Umgangsformen, schließlich gebe es noch immer 40 Schwerstverletzte, die um
ihre Leben bangen. Die Situation und das Schicksal der Betroffenen müssten
im Vordergrund stehen.
## „Wir wollen trauern“
Unter dem Motto „Wir wollen trauern“ hatten Bürger*innen und
zivilgesellschaftliche Organisationen aus Magdeburg parallel zur
AfD-Veranstaltung ein stilles Gedenken mit einer Menschenkette um den Alten
Markt angekündigt. „Wir sind erschrocken und wütend darüber, dass Menschen
diese grauenhafte Tat für ihre Politik instrumentalisieren wollen“ und
„Gebt Hass keine Chance“, heißt es im Aufruf. Teilnehmende sollten Kerzen
und Blumen mitbringen, um ihre Anteilnahme zu zeigen.
Noch am Sonntag hatten der Deutsche Gewerkschaftsbund Sachsen-Anhalt, das
Bündnis gegen Rechts Magdeburg und der Verein Miteinander eine
[4][Magdeburger Erklärung herausgegeben]. Darin heißt es unter der
Überschrift „Jetzt ist eine Zeit des Trauerns und der Solidarität“, dass
man fassungslos vor dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt stehe – die
Gedanken, Mitgefühl und Solidarität gingen zu den Opfern und Betroffenen.
Man wolle in dieser Situation als Stadtgesellschaft zusammen stehen. „Die
Menschen der Stadt Magdeburg – wir alle – brauchen eine Atempause, eine
Zeit der Besinnung, um das Geschehen zu verarbeiten.“
Nun müsse Zeit sein für Trauer und innere Einkehr – nicht für
„Polarisierung oder gar politische Indienstnahme“. Man sei besorgt über
Schuldzuweisungen und Dämonisierung und Bedrohung von Menschen mit
migrantischer Herkunft: „Wir bitten alle politischen Akteure auf das
Bedürfnis der Menschen in der Stadt nach Momenten der Stille und der Trauer
Rücksicht zu nehmen. Wir bitten um Anteilnahme und Solidarität.“
Im Landtag begann am Montagnachmittag die politische Aufarbeitung.
Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) betonte in einer
Sondersitzung des Ältestenrates, die mit einer Schweigeminute begann, noch
nicht alle Fragen beantworten zu können, „aber die Antworten sind wir den
Opfern schuldig“. Auch der Bundestag will sich am 30. 12. im Innenausschuss
unter anderem der Frage widmen, warum der Attentäter von Magdeburg den
Behörden nicht früher als Gefährder aufgefallen ist.
Die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung ist unterdessen hoch: Die
Stadtverwaltung teilte am Montag mit, dass für die Opfer und ihre
Angehörigen bislang mehr als 220.000 Euro zusammengekommen seien. Ebenso
folgten viele Menschen Aufrufen zum Blutspenden an einem Sondertermin des
Uniklinikums Magdeburg. Weiterhin seien noch mehr als 70 Verletzte in
Behandlung, darunter 15 Schwerverletzte.
23 Dec 2024
## LINKS
[1] /Gedenken-an-die-Opfer-von-Magdeburg/!6055475
[2] /Nach-dem-Anschlag-in-Magdeburg/!6058122
[3] /Kanzlerkandidatin-der-AfD/!6055157
[4] https://www.miteinander-ev.de/2024/12/22/jetzt-ist-eine-zeit-des-trauerns-u…
## AUTOREN
Gareth Joswig
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