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# taz.de -- Mina Ahadi über Magdeburg-Attentäter: „Da kam mir der Name sofo…
> Mina Ahadi ist Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime. Mit dem
> mutmaßlichen Attentäter von Magdeburg hatte sie bereits so ihre
> Erfahrungen.
Bild: Der Magdeburger Weihnachtsmarkt nach dem Anschlag am Freitagabend
taz: Frau Ahadi, was dachten Sie, als Sie von dem Anschlag gehört haben?
Mina Ahadi: Zuerst war ich einfach nur schockiert. Schon seit einiger Zeit
kursierte ja diese Angst, dass ein Weihnachtsmarkt von Islamisten
angegriffen werden könnte. Doch dann, als ich gehört habe, dass es eine
Person aus Saudi-Arabien war – Sie müssen mir glauben –, da kam mir der
Name von Taleb A. in den Kopf. Das war furchtbar. Ich kenne ihn ja von
vorher und das war sehr schmerzhaft. Wir alle, die ihn gekannt haben, waren
wütend. Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen.
taz: Sie kannten A. durch den [1][Zentralrat der Ex-Muslime], dem Sie als
Mitgründerin vorsitzen.
Ahadi: Ja, ungefähr vor acht Jahren haben wir eine Spende bekommen von
einer Person namens Taleb. Ich habe ein wenig recherchiert, wer er ist.
Zwei Tage später hat er eine Mail geschickt, in der er das Geld
zurückgefordert hat und gedroht hat, sonst gegen unsere Organisation
Stimmung zu machen. Wir haben das Geld sofort zurücküberwiesen. Wir wollten
auf keinen Fall derartigen Stress. Wir haben dann allerdings gesehen, dass
er trotzdem gegen uns gehetzt hat.
taz: Nicht nur gegen Sie, sondern auch gegen Ihre Schwesterorganisation,
die [2][Säkulare Flüchtlingshilfe].
Ahadi: Ja, er hat die Flüchtlingshilfe regelrecht terrorisiert. Er hatte
sich bei der Flüchtlingshilfe vorgestellt als Säkularer, der auch Frauen
aus Saudi-Arabien helfen wollte. Er hatte angeblich auch einen Aufruf
gestartet, um Gelder dafür zu sammeln. Aber nur wenige Tage nachdem die
Leute von der Säkularen Flüchtlingshilfe den ersten Kontakt mit ihm hatten,
ist ihnen klar geworden, dass sie mit ihm nicht zusammenarbeiten konnten.
Er war durcheinander und aggressiv. Also kam es zu keiner Kooperation. Aber
er hat angefangen, die säkulare Flüchtlingshilfe fertigzumachen und hat
versucht, ihr Korruption anzuhängen. Er hat eine Person aus dem Vorstand
verfolgt und gestalkt und dafür gesorgt, dass sie ihren Job verliert. Die
Person hat mehrfach Anzeige gegen ihn erstattet. Im August 2023 urteilte
das Gericht, dass Taleb A. die Verleumdungen unterlassen muss. Er legte
Berufung ein, doch in der Verhandlung Ende Oktober 2024 wurde klar, dass
Taleb A. das Verfahren nicht gewinnen kann, was ihn zu einer Wutrede vor
Gericht animierte. Dabei führte er aus, dass er Europa vor der
Islamisierung retten werde, wozu die deutschen Gerichte nicht in der Lage
seien. Das ist doch eine Wahnvorstellung: „Deutschland kämpft nicht gegen
die Islamisten und will sich islamisieren.“ So hatte er es ja formuliert.
Er hat sehr aggressiv reagiert. Die Behörden haben das nicht ernst genug
genommen.
taz: Würden Sie sagen, er hatte politische Motive?
Ahadi: Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, es mit einem psychisch kranken
Menschen zu tun zu haben. Gleichzeitig hat er auf jeden Fall in den
sozialen Medien seine Kritik am Islamismus und Islam deutlich gezeigt und
sich immer mehr radikalisiert. Sozusagen auf der anderen Seite, nicht in
den Moscheen, sondern gegen den Islam. Unsere humanistische Politik
beispielsweise hat er abgelehnt. Wir kritisieren islamische Verbände. Wir
kritisieren es, wenn die Rede davon ist, dass vier Millionen „Muslime“ nach
Deutschland geflüchtet sind, wir sind doch vier Millionen Menschen. Wir
kritisieren dieses Etikett, denn nicht alle von ihnen sind Muslime. Aber
wir kämpfen gleichzeitig für die Rechte von all diesen Menschen, die hier
leben, egal ob sie Muslime sind oder nicht. Er hat Angela Merkel sehr
kritisiert für die Aufnahme vieler Flüchtlinge im Sommer 2015. Wir fanden
gut, was sie gemacht hat. Es ist in der letzten Zeit immer deutlicher
geworden, dass er die AfD unterstützt.
taz: Viele Menschen in Deutschland sind verwirrt. Ein Anschlag von einem
Antiislamisten, der der AfD nahe stand. [3][Allerdings schlachten Nazis das
jetzt aus], um gegen Immigranten zu hetzen. Das muss für Sie eine sehr
herausfordernde Situation sein.
Ahadi: Ja, uns ist klar, dass der Anschlag auch von denen benutzt wird, die
unsere Arbeit immer kritisiert haben, die Islamismuskritik nicht in Ordnung
finden, Islamversteher und Intellektuelle aus der multikulturellen Szene,
die nie verstanden haben, wieso wir über das Kopftuch reden, die uns in die
Nähe der AfD rücken. Diese Vorwürfe könnten jetzt lauter werden, und das
finde ich furchtbar. Meine Position war immer, dass die Menschen, die uns
zum Schweigen bringen möchten, dazu beigetragen haben, dass die AfD stark
wird. Wir machen eine humanistische Politik für Frauenrechte, für
Menschenrechte, gegen Hinrichtungen und Steinigungen. Und Islamisten
bejubeln nun das Attentat, sie sagen: „Selbst Ex-Muslime sind in der Lage,
so etwas zu machen.“
Gleichzeitig bekommen wir seit einigen Tagen viele Nachrichten von
Rechtsextremisten und Anhängern der AfD, die sagen: „Das sind Fake News.“
Es kann doch nicht sein, dass jemand gegen Islamismus ist und Deutsche auf
der Straße tötet. „Wie kann man so etwas erklären, Frau Ahadi?“, schreib…
sie. Wir stehen als Islamkritiker*innen also wieder zwischen allen
Fronten.
22 Dec 2024
## LINKS
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Zentralrat_der_Ex-Muslime
[2] https://atheist-refugees.com/
[3] /Anschlag-auf-Magdeburger-Weihnachtsmarkt/!6058115
## AUTOREN
Judith Poppe
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