| # taz.de -- Täter von Magdeburg: Schon lange polizeibekannt | |
| > Der Tatverdächtige des Angriffs auf Magdeburgs Weihnachtsmarkt fiel | |
| > bereits vor Jahren mit Gewaltandrohungen auf. Aber die Behörden griffen | |
| > nicht ein. | |
| Bild: Da war es schon zu spät: Polizisten in der Nacht des Anschlags in Magdeb… | |
| Berlin taz | Hätten Behörden Warnzeichen im Fall des Tatverdächtigen des | |
| [1][Angriffs auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt], Taleb Al Adulmohsen, | |
| ernster nehmen müssen? Die Anzeichen dafür verdichten sich. Denn der | |
| 50-Jährige fiel Behörden seit Jahren mit Anschlagsdrohungen auf, | |
| wiederholte diese zuletzt mehrmals – und wurde nicht gestoppt. | |
| Taleb Al Abdulmohsen war 2006 nach Deutschland gekommen, damals regulär | |
| eingereist mit einem Visum, um hier eine Facharztausbildung als | |
| Psychotherapeut zu beginnen. Anfangs erhielt Abdulmohsen dabei nach | |
| taz-Informationen auch noch ein Stipendium eines saudi-arabischen | |
| Kulturbüros. Finanziell unterstützt wurde er zudem von seinem Bruder, der | |
| weiter als Lehrer in Saudi-Arabien arbeitete. | |
| Nach Aufenthalten in verschiedenen Städten lebte Abdulmohsen dann von 2011 | |
| bis 2016 in Stralsund – und wurde bereits da auffällig. Der taz liegt ein | |
| Urteil vom April 2013 vom Amtsgericht Rostock vor, in dem Abdulmohsen wegen | |
| „Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung eines gemeingefährlichen | |
| Verbrechens“ zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 Euro, also 900 | |
| Euro, verurteilt wurde. | |
| Zuvor hatte Abdulmohsen 2013 einen Zulassungsantrag zur Facharztprüfung bei | |
| der Ärztekammer in Mecklenburg-Vorpommern gestellt. Eine dortige Referentin | |
| hielt Abdulmohsens Qualifikation indes für nicht ausreichend, forderte | |
| weitere Prüfungen ein. Abdulmohsen soll die Referatsleiterin daraufhin | |
| angerufen und ihr gedroht haben, dass „etwas Schlimmes“ mit | |
| „internationaler Bedeutung“ geschehen werde, sollte sein Zulassungsantrag | |
| nicht doch bewilligt werden. | |
| ## Bezug auf den Boston-Anschlag | |
| Explizit soll er auf [2][den islamistischen Boston-Anschlag in den USA] | |
| verwiesen haben, der tags zuvor geschah und drei Menschen tötete sowie 260 | |
| verletzte. „Sowas passiert hier dann auch“, soll Abdulmohsen gedroht und | |
| der Referatsleiterin eine Frist von 10 Tagen gesetzt haben. Weitere | |
| Telefonate, E-Mails oder Faxe ähnlichen Inhalts sollen vorangegangen und | |
| gefolgt sein. | |
| Vor Gericht soll Abdulmohsen damals seine Unschuld beteuert und eine | |
| Entschuldigung für die Drohungen abgelehnt haben. Er wurde daraufhin | |
| verurteilt. Im Nachgang soll er die Richter in Schreiben beleidigt und | |
| ihnen Rassismus vorgeworfen haben, sich auch bei einer Hotline einer | |
| Bundesbehörde beschwert haben. Den Richtern soll er auch angedroht haben, | |
| sich eine Pistole zu organisieren und sich damit an den Richtern zu rächen. | |
| Auch einer Mitarbeiterin einer Stralsunder Sozialbehörde soll Taleb | |
| Abdulsmohsen Gewalt angedroht haben, im Jahr 2014, als es um die | |
| Beantragung von Sozialleistungen ging. Auch dort soll Abdulmohsen mit einer | |
| Tat gedroht haben, die international Beachtung finden werde und an die man | |
| sich noch lange erinnern werde. Außerdem drohte er damit, sich das Leben zu | |
| nehmen. | |
| Laut Christian Pegel (SPD), Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, gab | |
| es nach dem ersten Vorfall 2013 eine Durchsuchung der Wohnung von | |
| Abdulmohsen in Stralsund. Dabei seien aber keine Hinweise auf einen | |
| Anschlag festgestellt worden. Ein Jahr später sei eine Gefährderansprache | |
| gefolgt. Pegels Ministerium versichert, die Informationen zu den Drohungen | |
| von Abdulmohsen am 6. Februar 2015 auch im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum | |
| aller Sicherheitsbehörden an das BKA übermittelt zu haben. | |
| Doch Taleb Abdulmohsen, der sich in Social Media Postings und Interviews | |
| als saudi-arabischer Dissident und Ex-Muslim bezeichnete, machte weiter mit | |
| seinen Drohungen. In der Folge trafen diese auch den [3][Zentralrat der | |
| Ex-Muslime in Deutschland] und die Säkulare Flüchtlingshilfe. Dort | |
| berichtet man, dass Abdulmohsen die Organisationen „seit Jahren | |
| terrorisiert“ und Repräsentanten öffentlich diffamiert habe. Er habe wie | |
| ein „Psychopath“ gewirkt, der ultrarechten Verschwörungsideologien anhäng… | |
| erklärte Mina Ahadi, Vorsitzende des Zentralrats. | |
| Abdulmohsen habe kritisiert, dass der Zentralrat und die Säkulare | |
| Flüchtlingshilfe sich auch für liberale Muslime eingesetzt hätten, so | |
| Ahadi. Gegen die Verleumdungen sei die Säkulare Flüchtlingshilfe | |
| schließlich auch juristisch vorgegangen – und habe im August 2023 vor | |
| Gericht erstritten, dass Abdulmohsen diese unterlassen müsse. Dieser habe | |
| dagegen Berufung eingelegt, über die erst Ende Oktober 2024 verhandelt | |
| worden sei. Laut Zentralrat soll Abdulmohsen vor Gericht eine „Wutrede“ | |
| gehalten habe, dass er Europa vor der Islamisierung retten werde. | |
| ## Deutschland ignoriere Islamismus | |
| Bereits zuvor habe er mehrfach angedeutet, dass er die Deutschen dafür | |
| zahlen lassen wolle, dass sie die Gefahr des Islamismus ignorierten, so der | |
| Zentralrat. Auch hierzu reichte die Säkulare Flüchtlingshilfe nach eigenen | |
| Angaben bereits im vergangenen Jahr Strafanzeige bei der Polizei ein und | |
| warnte vor einem Anschlag. Das LKA Sachsen-Anhalt aber sei zu dem Schluss | |
| gekommen, dass von Abdulmohsen keine konkrete Bedrohung ausgehe. | |
| Das LKA Sachsen-Anhalt ließ eine taz-Anfrage vorerst offen. Tom-Oliver | |
| Langhans, Direktor der Polizei Magdeburg, hatte am Wochenende aber | |
| bestätigt, dass nach einer Strafanzeige gegen Abdulmohsen eine | |
| Gefährderansprache geplant gewesen sei. Dazu sei es aber letztlich nicht | |
| gekommen. | |
| Laut einem MDR-Bericht soll Abdulmohsen von der Polizei aber eine | |
| schriftliche Gefährderansprache geschickt worden sein. Ob ihn diese | |
| erreichte, ist unklar. Zuvor soll Abdulmohsen der Kölner Staatsanwaltschaft | |
| in einer E-Mail vom 21. August 2023 gedroht haben, dass er „kein schlechtes | |
| Gewissen“ habe für „Ereignisse, die in den nächsten Tagen passieren | |
| werden“. | |
| Als Extremist oder Gefährder wurde Taleb Abdulmohsen bei deutschen | |
| Sicherheitsbehörden dennoch nicht geführt. Diese wurden aber auch von einem | |
| saudi-arabischen Geheimdienst im November 2023 auf gewaltandrohende | |
| Postings von Abdulmohsen hingewiesen. BKA-Präsident Holger Münch sagt, man | |
| habe diese an die Polizei Sachsen-Anhalt weitergegeben. Aber die Äußerungen | |
| seien letztlich zu „unspezifisch“ gewesen, auch sei Abdulmohsen nie selbst | |
| mit Gewalt aufgefallen. | |
| ## Sturmgewehr als Profilbild | |
| Nach taz-Informationen liefen 2022 indes Ermittlungen gegen Abdulmohsen | |
| wegen des Verdachts der Schleusung. Seit 2021 soll dieser zudem selbst | |
| zahlreiche Anzeigen gestellt haben, gegen Behörden oder eben Organisationen | |
| wie die Säkulare Flüchtlingshilfe. | |
| Zuletzt hatte Taleb Abdulmohsen auch in Social Media Postings immer | |
| vehementer eine Gewalttat angedroht. „Gibt es einen Weg zur Gerechtigkeit | |
| in Deutschland, ohne eine deutsche Botschaft in die Luft zu sprengen oder | |
| wahllos deutsche Bürger zu massakrieren?“, schrieb er dort etwa. „Ich suche | |
| seit Januar 2019 nach diesem friedlichen Weg und habe ihn nicht gefunden.“ | |
| An anderer Stelle schrieb er, dass er „noch in diesem Jahr sterben werde“ | |
| oder dass Deutschland nur Gewalt verstehe. Sein Profilbild auf „X“ zierte | |
| am Ende ein Sturmgewehr. | |
| Parallel lief da schon ein weiteres Verfahren gegen Taleb Abdulmohsen in | |
| Berlin. Am 23. Februar dieses Jahres soll er auf einer Berliner | |
| Polizeiwache versucht haben, eine Anzeige zu erstatten. Als er mit dem | |
| Ergebnis unzufrieden war, rief er den Notruf der Feuerwehr. Er erhielt | |
| darauf einen Strafbefehl wegen „Missbrauchs von Notrufen“ von 20 | |
| Tagessätzen zu je 30 Euro, also 600 Euro, wie die Staatsanwaltschaft Berlin | |
| der taz bestätigte. Abdulmohsen habe dagegen Einspruch eingelegt. Erst am | |
| Donnerstag, einen Tag vor der Tat in Magdeburg, sollte Abdulmohsen deshalb | |
| vor dem Amtsgericht Tiergarten erscheinen – was er nicht tat. Der Einspruch | |
| wurde daraufhin verworfen. | |
| Abdulmohsen sitzt derweil weiter in Untersuchungshaft, Behörden ermitteln | |
| zu seinem Tatmotiv. Nach seiner Festnahme soll sich der 50-Jährige auch | |
| dazu eingelassen haben – nach taz-Informationen indes derart wirr, dass | |
| sich daraus keine klaren Schlüsse ziehen ließen. Auch für die | |
| Bundesanwaltschaft befindet sich der Fall deshalb weiter nur in Prüfung. | |
| 23 Dec 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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