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# taz.de -- Berliner Bezahlkarte für Flüchtlinge: Da gibt es nichts schönzur…
> Auch wenn die Berliner Variante der Bezahlkarte besser ist als andere:
> Sie bleibt ein boshaftes Instrument der Entmündigung.
Bild: In den ersten sechs Monaten sollen Barabhebungen mit der Karte auf 50 Eur…
Nun bekommt also [1][auch Berlin eine Bezahlkarte für Asylbewerber]. Ist
das ein Sieg für die CDU, weil jetzt endlich Schluss ist mit den
Verlockungen des Bargelds, das die „illegalen Flüchtlinge“ angeblich
anzieht wie das Licht die Motten und den „Schleusern“ die Taschen füllt?
Oder ist die Karte umgekehrt in ihrer Berliner Ausgestaltung gar so
fortschrittlich, dass sie einen „tatsächlichen Mehrwert für die
Geflüchteten und die Verwaltung“ hat, wie Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe
(SPD) sagt?
Beides muss bei nüchterner Betrachtung verneint werden. Das CDU-Argument,
die Karte beseitige einen wichtigen „Pullfaktor“, indem sie die
Barauszahlungen begrenze und Überweisungen ins Ausland verhindere, ist
bekanntlich Quatsch. Einmal, weil die ganze Theorie von den sogenannten
Pullfaktoren für Migrationsströme wissenschaftlich lange widerlegt ist.
Unsinn ist das Argument aber auch, weil die Vorstellung, Asylbewerber
bekämen so viel Geld, dass sie nennenswerte Beträge in ihre Heimat schicken
könnten, [2][jeder Realität entbehrt und nur zur Neiderzeugung
gebetsmühlenartig in jeder Migrationsdebatte alle paar Jahre wiederholt
wird]. Darum hier nochmal: Ein alleinstehender Asylbewerber bekommt 460
Euro im Monat, 103 Euro weniger als ein Bürgergeldempfänger, Kinder und
Partner erhalten weniger. Wer das üppig findet, hat keine Ahnung von
Preisen.
Aber auch die Behauptung, die Karte in ihrer Berliner Variante sei ein
Mehrwert, ist zynisch. Zwar stimmt es, die Bargeldobergrenze von 50 Euro
gilt in Berlin pro Person, also auch pro Kind – und nur für sechs Monate,
danach sollen Flüchtlinge über ihr Geld frei verfügen können. Auch ist die
Berliner Karte bundesweit einsetzbar und für Online-Transaktionen nutzbar.
Das alles ist [3][besser als in Bayern], Thüringen oder Hamburg, keine
Frage.
Aber gut ist es nicht. Auch in Berlin kann man ausgerechnet dort nicht mit
Karte bezahlen, wo Menschen mit wenig Geld gerne einkaufen: auf Wochen- und
Flohmärkten, bei Privatverkäufen etwa über Kleinanzeigen. Das Bargeldlimit
bleibt eine Grenze der Freiheit, der Selbstbestimmung. Das kann Kiziltepe
nicht schönreden.
Vielleicht bringt die Karte dem Landesflüchtlingsamt eine Erleichterung,
weil es mit ihr einfacher wird, den Menschen Leistungen zukommen zu lassen.
Aber eben nur vielleicht: Noch gibt es nämlich Probleme bei der technischen
Ausgestaltung. Darum weiß heute auch niemand, wann die Karte wirklich
kommt. Das ist die einzige gute Nachricht.
17 Dec 2024
## LINKS
[1] /Schwarz-rote-Koalition-beendet-Streit/!6054388
[2] /Debatte-um-Bezahlkarte/!6050229
[3] /Leistungen-fuer-Asylbewerber/!6025216
## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
Migration
Social-Auswahl
Asylpolitik
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Innenministerkonferenz
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Geflüchtete
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