| # taz.de -- Partei-Querelen in Hamburg: Schaffen wir zwei, drei, viele BSW | |
| > An den Partei-Oberen vorbei gründen Parteimitglieder den Hamburger | |
| > Landesverband vom Bündnis Sahra Wagenknecht. Nun droht Kuddelmuddel. | |
| Bild: Bis Heiligabend müssen in Hamburg die Listen für die Bürgerschaftswahl… | |
| Hamburg taz | Eigentlich, davon gingen die Medien aus, war die für den | |
| vergangenen Sonntag geplante [1][Gründungsversammlung für den Hamburger | |
| Landesverband] vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) abgesagt und um eine | |
| Woche verlegt worden, weil die Alevitische Gemeinde die Räume gekündigt | |
| hatte. [2][Doch nun hört] man von den BSW-Mitgliedern Norbert Weber und | |
| Dejan Lazic, die Gründungsversammlung habe doch stattgefunden. Ein Schild | |
| an der Tür der Gemeinderäume habe auf den neuen Ort hingewiesen. | |
| Und dort, in den Räumen am Hamburger Ballindamm, habe man mit sieben | |
| BSW-Mitgliedern und mehreren Gästen den Hamburger Landesverband des BSW | |
| gegründet und ihn „Bündnis für Vernunft und Gerechtigkeit“ genannt. Das | |
| Nachrichtenmagazin „t-online“ berichtete am Dienstagmittag zuerst über | |
| diese neue Wendung. | |
| Die Absage der Gründungsversammlung hätten gar nicht alle Parteimitglieder | |
| mitbekommen, sagt Weber. Vom Bundesvorstand und den in Hamburg Einladenden | |
| habe sich auch keiner bemüht, zur Alevitischen Gemeinde zu kommen und mit | |
| den Leuten zu sprechen. Weber, der früher bei den Linken war, kritisiert | |
| die [3][Top-down-Strukturen] beim BSW. | |
| Gemeinsam mit Jurist Lazic hatte Weber bereits vor einer Woche angekündigt, | |
| gegen den [4][Passus in der Parteisatzung] zu klagen, nach dem nur der | |
| Bundesvorstand Mitglieder im BSW aufnehmen kann und dies zentral steuert. | |
| Das Ausmaß der Kontrolle des Parteivorstands widerspreche dem Grundsatz des | |
| Parteiengesetzes, das darauf abziele, sagt Weber, eine „demokratische | |
| Struktur in allen Ebenen der Partei sicherzustellen“. | |
| ## Bundesvorstand lädt zur Gründung in Wandsbek ein | |
| Weber und Lazic hatten deshalb Anfang Dezember einen BSW-Bezirksverband | |
| Hamburg-Nord/Mitte gegründet, über den sie auch Mitglieder, die schon lange | |
| warten, aufnehmen und an den Bundesvorstand zur Aufnahme weiterleiten. In | |
| Hamburg werden laut Weber etwa 900 engagierte Menschen im Status der | |
| „Unterstützer“ gehalten, die [5][weder aktives noch passives Wahlrecht] | |
| haben. „Was sie machen dürfen ist, die Arbeit übernehmen und spenden“. | |
| Am vergangenen Sonntag machten die Parteirebellen gleich Nägel mit Köpfen. | |
| Sie stellten nach der Gründung des Hamburger Landesverbandes gleich noch | |
| einen Kandidaten für die Bundestagswahl am 23. Februar auf. Dieser sei auch | |
| schon dem Hamburger Landeswahlleiter gemeldet worden. | |
| Unterdessen lud der Parteisprecher vom „Bündnis Sarah Wagenknecht – | |
| Vernunft und Gerechtigkeit“, Christian Posselt, die Medien zur „Gründungs- | |
| und Aufstellungsversammlung Hamburg“ ein. Die soll am Samstag, den 21. | |
| Dezember, im Bürgersaal Wandsbek stattfinden. Die Gründungsversammlung | |
| solle nur zu Beginn medienöffentlich sein, die Aufstellungsversammlung ganz | |
| öffentlich, so Posselt. | |
| Am vergangenen Samstag, anlässlich der Gründung des BSW-Landesverbandes | |
| Schleswig-Holstein, hatte er erklärt, es liege im Verantwortungsbereich | |
| des Bundesvorstands, über die Aufnahme von Mitgliedern zu entscheiden, weil | |
| die Partei langsam wachsen wolle. | |
| Zur möglicherweise bereits erfolgten Gründung durch die Parteirebellen | |
| sagte ein Sprecher des Bundesvorstand der dpa: „Das ist ein aus unserer | |
| Sicht nichtiger Vorgang, der mit dem Parteivorstand nicht abgesprochen war | |
| und unserer Satzung widerspricht.“ Die Gründung des Landesverbands erfolge | |
| am kommenden Samstag auf Beschluss des Parteivorstands unter Einbeziehung | |
| aller Mitglieder – so wie es die Satzung vorsehe. | |
| ## Im Zweifel gar keine Liste? | |
| Die Frage ist, was nun passiert? Die Parteirebellen gründeten den Hamburger | |
| Landesverband gleich mit eigener Satzung und eigenem Schiedsgericht. „Das | |
| heißt: Wenn der Bundesvorstand damit nicht einverstanden ist, müssen sie | |
| sich eigentlich zuerst an das Schiedsgericht des Landesverbands wenden“, | |
| schreibt „t-online“. Der Schiedsrichter sei demnach Dejan Lazic. | |
| Es handele sich bei der Landesverbandsgründung um eine Protestreaktion, | |
| sagt Weber. „Wir bekommen dafür viel Zuspruch aus anderen Landesverbänden.�… | |
| In Hamburg spitzt sich die Situation zu, weil die Bürgerschaftswahl vor der | |
| Tür steht. Um sich mit einer Liste von Kandidaten dafür anzumelden ist nur | |
| noch bis Heiligabend Zeit. | |
| Lange schien es, als habe die Bundesebene kein Interesse daran, in Hamburg, | |
| wo das BSW bei den Umfragen derzeit nur bei vier Prozent liegt, überhaupt | |
| anzutreten. Doch bei der nun auf Samstag verschobenen Versammlung soll es | |
| nun auch um die Hamburg-Wahl gehen. Und auch die Rebellen überlegen, sich | |
| für die Bürgerschaft aufzustellen. | |
| Wenn nun am Wochenende der geplante Gründungsparteitag stattfinden und | |
| eigene Kandidaten für Bundestag und Bürgerschaft aufstellen sollte, gäbe es | |
| zwei konkurrierende Listen einer Partei. Der Landeswahlleiter erklärte auf | |
| taz-Nachfrage, er nehme erstmal alle Wahlvorschläge an. Über so einen Fall | |
| müsste dann aber in Hamburg die Landeswahlkommission und im Bund die | |
| Bundeswahlkommission entscheiden. | |
| In einem vergleichbaren Fall bei der [6][Bürgerschaftswahl in Bremen], wo | |
| die AfD mit zwei Listen antrat, entschied die dortige Wahlkommission, dass | |
| keine der Listen antreten dürfen. Das schreit aus Sicht des BSW nach einem | |
| Kompromiss. | |
| „Wir haben Gesprächsbereitschaft signalisiert und bitten seit Monaten beim | |
| Bundesvorstand um einen Termin“, sagt Weber. Sie hätten dort in Berlin | |
| bisher lediglich im Mai einen Termin gehabt und da verabredet, dass weitere | |
| Gespräche vor Ort in Hamburg folgen sollen. „Danach haben wir nichts mehr | |
| gehört.“ | |
| Zwar habe Wagenknechts Ehemann, Oskar Lafontaine, ab dem Bundesparteitag am | |
| 12. Januar eine andere Aufnahmepraxis in Aussicht gestellt. Aber bis dahin, | |
| sorgt sich Weber, „sind alle Schlüsselpositionen längst mit eigenen Leuten | |
| besetzt“. | |
| Anmerkung der Redaktion: Der Text wurde aktualisiert. Die ursprüngliche | |
| Fassung wurde ergänzt um das Statement, das ein Sprecher des | |
| BSW-Bundesvorstands gegenüber der dpa abgegeben hat. Demnach halte der | |
| Bundesvorstand die Hamburger Gründung für einen „nichtigen Vorgang“. Das | |
| Statement wurde am Mittwochmorgen von der dpa veröffentlicht. | |
| 17 Dec 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Wagenknecht-Buendnis-im-Norden/!6054162 | |
| [2] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100553590/b… | |
| [3] /Ex-Mitglied-ueber-Strukturen-des-BSW/!6051347 | |
| [4] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100543022/w… | |
| [5] /BSW-beknatscht-sich-in-Hamburg/!6055064 | |
| [6] /Buergerschaftswahl-in-Bremen/!5917442 | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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