# taz.de -- Landesverband gegründet – schon wieder: Ein BSW ist Hamburg nich… | |
> Nun gibt es auch einen abgesegneten Landesverband des Bündnis Sarah | |
> Wagenknecht in Hamburg. Für die Hamburg-Wahl wurden fast nur Männer | |
> aufgestellt. | |
Bild: Beklagt, dass Medien Kampagnen gegen das BSW führen: Bundesvorsitzende A… | |
Hamburg taz | Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat in Hamburg am Samstag | |
nun auch ganz offiziell seinen letzten noch offenen Landesverband | |
gegründet. Und zwar dieses Mal mit dem Segen der Bundesvorsitzenden, anders | |
als eine Woche zuvor. Da hatten ein paar Parteirebellen um den Juristen | |
Dejan Lazic [1][bereits eigenmächtig einen Hamburger Landesverband | |
gegründet]. | |
Ihren Höhepunkt hatte die offizielle Gründungsversammlung, die um 8 Uhr | |
morgens im Bürgersaal des Bezirks Hamburg-Wandsbek begann, am späten | |
Nachmittag. Bijan Tavassoli hatte gerade eine kurze Rede gehalten und sich | |
wieder hingesetzt. Eigentlich hatte der parteilose Ex-Linke Hausverbot, das | |
Schatzmeister und Landeschef mit der Polizei durchsetzen wollten. | |
Aber da Dejan Lazic Tavassoli als Kandidaten für Platz 1 der | |
Bürgerschaftsliste vorschlug, musste die Versammlungsleitung ihn | |
reinlassen. Nach seiner Rede schickten sich Sicherheitskräfte an, ihn, | |
mitsamt seinem Stuhl, raus zu tragen. „Mir geht es gerade nicht gut“, sagte | |
Tavassoli. Die Männer ließen den Stuhl los. Die Liste mit 14 Kandidaten für | |
die Bürgerschaftswahl wurde dann gekürt – auf den ersten sieben Plätzen: | |
nur Männer. | |
Zum Vorsitzenden des Hamburger Landesverbandes wurde im nicht-öffentlichen | |
Teil Konstantin von Eulenburg gewählt, Mitarbeiter der mit dem BSW-Aufbau | |
in Hamburg beauftragten Bundestagsabgeordneten Zaklin Nastic, und des | |
Mediziners Jochen Brack. Der 70-jährige Psychiater sagt, er sei „kein | |
Politprofi“ und noch nie in einer Partei gewesen. Nun führt Brack die | |
Kandidatenliste des BSW für die Hamburg-Wahl am 2. März an. Gewählt wurde | |
er dafür mit 22 Ja-Stimmen der mit 28 Hamburger BSW-Mitgliedern | |
überschaubaren Versammlung. | |
## Überschaubare Versammlung | |
„Ich bin ein wenig überrascht, wie wenig Teilnehmer hier sind“, hatte Bijan | |
Tavassoli in seiner Gegenkandidatur-Rede für Platz 1 gesagt. Auch dass bei | |
der Kandidatenaufstellung zwei BSW-Mitglieder aus Nordrhein-Westfalen die | |
Tagungsleitung inne hatten, irritierte Tavassoli. „Das darf nur von Leuten | |
aus Hamburg geleitet werden.“ Zuvor hatte Dejan Lazic gefordert, die | |
Öffentlichkeit, nicht nur die Presse, die zumindest eine Weile dabei sein | |
durfte, zuzulassen. Es seien nicht mal die vielen hundert „Mitglieder im | |
Aufnahmeverfahren“ eingeladen worden. Das Aufnahmeverfahren kann dauern, da | |
beim BSW der Bundesvorstand entscheidet, wer in die Partei darf und wer | |
nicht. | |
Einer von denen, die nicht eingeladen wurden, war Alexander Konstatinov, | |
der viele Monate „BSW-Mitglied im Aufnahmeverfahren“ war. Er war am 15. | |
Dezember dabei, als Lazic und sechs weitere BSW-Mitglieder ohne Absprache | |
mit dem Bundesvorstand den Hamburger Landesverband gründeten. An einem | |
Termin, zu dem der Vorstand ursprünglich geladen hatte, den der [2][dann | |
aber um eine Woche verschob], weil die Räume gekündigt wurden. | |
Doch Lazic & Co hatten alternative Räume gefunden, weshalb die Versammlung | |
nach ihrer Einschätzung stattfinden konnte. Konstantinov wurde aufgenommen | |
und zum Vorsitzenden des „Bündnis für Vernunft und Gerechtigkeit – | |
Landesverband Hamburg“ gewählt, das laut Satzung im Namen den Zusatz „…d… | |
Bundespartei Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit (BSW)“ trägt. | |
## Zwei Hausverbote erteilt | |
Konstatinov sei am Samstag gesagt worden „du kommst hier nicht rein“, er | |
bekam Hausverbot erteilt. Da er aber nachmittags – wieder von Lazic – als | |
zweiter Kandidat neben BSW-Mitglied Peter Wils (66) für Listenplatz 2 | |
vorgeschlagen wurde, musste auch für Konstantinov das Hausverbot aufgehoben | |
werden. Er sprach in seiner Rede über Demokratiedefizite in Parteien. | |
„Jeder weiß, wie abgestimmt wird“, es gebe [3][nur im Hinterzimmer] | |
abgesprochene Listen. Er unterlag in der Abstimmung, kandidierte für Platz | |
3 und sagte, von Lazic danach gefragt, Kritisches zur Migrationspolitik des | |
BSW. | |
Politisch sieht die Berliner Parteiführung in diesen Aktionen nur | |
Sperrfeuer. Parteisprecher Christian Posselt sagte zur Presse, er könne | |
sich nicht vorstellen, dass der zuvor gegründete Hamburger Landesverband | |
Bestand habe. „Aus unserer Sicht ist das rechtlich völlig eindeutig. Diese | |
Gründung hat es nicht gegeben. Ist nicht rechtswirksam. Der einzige | |
Hamburger Landesverband des BSW wurde gerade gegründet.“ | |
Die Parteivorsitzende Amira Mohamed Ali beklagte in ihrer Rede, dass einige | |
Medien Kampagnen gegen das BSW führen würden. „Wenn sich jemand beschwert | |
oder Störfeuer macht, bekommen die sofort große Artikel“, so Ali. Dabei | |
habe man hier in Hamburg tolle Kandidaten auf der Liste. Ihre Rede wurde | |
mit „BSW! BSW!“-Rufen aus dem Publikum quittiert. | |
## Ein bisschen padägogisch | |
[4][Hamburgs Europa-Abgeordneter Fabio de Masi] argumentierte ein wenig | |
pädagogisch. „Der Aufbau von Parteien führt immer zu Reibereien und | |
verletzten Eitelkeiten“, so de Masi. Eigentlich habe er sich vorgenommen, | |
jene, die „so einen großen Tumult machen“, nach der Bundestagswahl auf ein | |
Bier einzuladen. Doch nun frage er sich, „woher kommt dieser Drang, diese | |
Partei zu zerstören“. Das BSW wolle Stadt und Land verändern und Menschen | |
helfen, die ihre Miete nicht mehr zahlen können. „Leute, die einen solchen | |
Klamauk veranstalten, spucken diesen Leuten ins Gesicht.“ Ähnlich | |
drastische Worte fand die Hamburger BSW-Landesbeauftragte Zaklin Nastic, | |
die von „Heuchlern“ sprach. | |
Anders als diese drei, die lange reden durften, gab man Kritiker Dejan | |
Lazic unter dem Tagesordnungspunkt „Aussprache“ nur eine Minute Redezeit, | |
bevor man das Mikro abdrehte. Er sagte, er freue sich, viele der anderen | |
Mitglieder zum ersten Mal zu sehen. Der BSW habe ihn und seinen Mitstreiter | |
Norbert Weber, der bei der Gründung des ersten Landesverbands dabei war, | |
bisher ausgegrenzt. „Wir hatten nicht die Möglichkeit, bei | |
Unterstützertreffen dabei zu sein, wir hatten nicht die Möglichkeit, bei | |
Mitgliedertreffen dabei zu sein, wir wurden aus Chatgruppen ausgeschlossen | |
von der Landesbeauftragten.“ Und nicht zuletzt sei die Verschiebung jener | |
Versammlung vom 15. Dezember rechtswidrig gewesen, so Lazic. | |
Unterm Strich, so der Jurist, seien am Samstag auf der Versammlung in | |
Wandsbek viele Formfehler gemacht worden, „da ist fraglich, ob die Liste | |
anerkannt wird“. Etwa seien fristgemäß eingereichte Anträge von ihm nicht | |
vorgelegt worden. Auch dass die Kandidatenaufstellung von externen geleitet | |
und nur presseöffentlich war, sei angreifbar. „Allein schon der | |
Polizeieinsatz, um Bejan rauszuhalten, war eine Beeinträchtigung der Wahl.“ | |
## Doppelung der Verbände könnte Problem werden | |
Die Liste zur Bürgerschaftswahl muss bis zum 24. Dezember abgegeben werden, | |
am 30. Dezember entscheidet der Landeswahlausschuss, welche Parteien zur | |
Hamburg-Wahl zugelassen werden. Der zuerst gegründete Landesverband hatte | |
bereits vor einer Woche einen Kandidaten für die Bundestagswahl angemeldet: | |
Bijan Tavassoli. So eine Kandidatenkür hat der nun gegründete | |
BSW-Landesverband im Januar noch vor sich. Denkbar ist, dass bereits bei | |
der Bürgerschaftswahl-Anmeldung die Doppelung der Verbände problematisch | |
werden könnte. | |
Das Hamburger Abendblatt schrieb mit Berufung auf den Landeswahlleiter, | |
dass der von Lazic gegründete Verband „vermutlich rechtlich keinen Bestand“ | |
habe. [5][Die Frankfurter Rundschau zitierte die Parteienrechtlerin Heike | |
Mertens] mit der Einschätzung: Sollten zur Bundestagswahl zwei | |
konkurrierende Listen einer Partei vorliegen, werde wahrscheinlich keine | |
zugelassen, so wie bei den Grünen im Saarland 2021. | |
taz Salon: Hamburg wählt – nur wen? 14. 1. 2025, 19.30 Uhr, Haus 73 (Saal, | |
2. OG), Schulterblatt 73, Hamburg. [6][Anmeldungen auf taz.de/salon]. Dort | |
wird auch der Livestream zu finden sein | |
22 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Partei-Querelen-in-Hamburg/!6054318 | |
[2] /Wagenknecht-Buendnis-im-Norden/!6054162 | |
[3] /Ex-Mitglied-ueber-Strukturen-des-BSW/!6051347 | |
[4] /Sahra-Wagenknecht-in-Hamburg/!6055056 | |
[5] https://www.fr.de/politik/chaos-bsw-sahra-wagenknecht-hamburg-bundestagswah… | |
[6] /taz-Salon-zur-Hamburger-Buergerschaftswahl/!vn6054974/ | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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