# taz.de -- Regierungssturz in Frankreich: Le Pens verhängnisvolles Machtspiel | |
> Mit der Unterstützung des Misstrauensvotums zeigte Marine Le Pen ihre | |
> schiere Macht im Parlament. Doch für den kurzen Erfolg riskiert die | |
> Rechtspopulistin viel. | |
Bild: Nun ging es ihm an den Kragen: der bisherige französische Premierministe… | |
Frankreich ist in Katerstimmung. Per Vertrauensvotum vereint, war es der | |
Opposition am Vorabend gelungen, die Regierung von Michel Barnier zu | |
stürzen. Auch sein letztes, fast rührendes Plädoyer in eigener Sache | |
änderte nichts mehr an der Entschlossenheit der Linken und der | |
Rechtspopulisten, [1][seine dreimonatige Amtszeit abrupt zu beenden]. | |
Da beim Frontalangriff auf die Regierung die Linken und die Opposition | |
unisono abstimmten, entstand eine klare Mehrheit von 331 von 577 für das | |
Misstrauensvotum. Diese Macht, der sonst so verfeindeten Gegner, schwebte | |
stets über dem Kopf des Premierministers. Dessen Koalition aus Macronisten | |
und Konservativen bot keinen soliden Schutz vor einem Zangenangriff bei der | |
Vertrauensfrage. | |
Eigentlich überlebte die Regierung nur dank der Duldung seitens der | |
Rechtspopulisten des Rassemblement National (RN), das sich bei mehreren | |
Voten enthielt. Als Gegenleistung verlangten sie dafür immer drängender | |
Zugeständnisse von Barnier. Offenbar gab dieser nicht genügend nach. Darum | |
hat der RN Barnier am Mittwoch eiskalt fallen lassen. | |
Den Schlag durfte Marine Le Pen in ihrer Funktion als Fraktionschefin des | |
RN setzen: Ihre Partei habe nicht nur selbst einen separaten | |
Misstrauensantrag eingereicht, sondern beabsichtige, für den Antrag der | |
Linken zu stimmen, erklärte sie am Mittwoch. Das war nicht mehr die fast | |
gemäßigte Rechtspopulistin, die sich wie eine Trittbrettfahrerin der | |
Mitte-rechts-Koalition zurückgehalten hatte. Für Le Pen war die | |
Vertrauensfrage ein Machtspiel, das sie nur gewinnen kann. | |
## Le Pen könnte moderate Wähler verlieren | |
Eine Mehrheit ihrer Wählerschaft dürfte das beeindruckt haben. Laut | |
Umfragen wünschten sich 60 Prozent den Sturz des Premiers und radikale | |
Veränderungen. Für diesen kurzfristigen Erfolg und Effekt riskiert sie aber | |
andere, politisch moderate Sympathisanten zu verlieren. | |
Denn Teile ihrer Anhänger könnten sich schon bald fragen, ob die | |
nationalistische Rechte mit der passiven Unterstützung einer | |
Mitte-rechts-Regierung, die keinerlei Zugeständnisse an die Linke machte, | |
nicht viel mehr hätte erreichen können als diesen taktischen Schnellschuss. | |
Und alles noch als Steigbügelhalter der Linken. Als mögliche Partnerin in | |
einem „Bündnis der Patrioten“ mit der bürgerlichen Rechten hat sich Le Pen | |
diskreditiert. | |
Nach Barniers Rücktritt ist noch offen, wer ihn ersetzt. Keine politische | |
Kraft verfügt über eine Mehrheit. Und da Neuwahlen erst im Juli möglich | |
wären, bleibt Frankreich in dieser unerfreulichen Situation | |
handlungsunfähig. Dafür werden die Franzosen bald weniger die desavouierte | |
Regierung Barnier beschuldigen als die [2][für kurze Zeit triumphierenden | |
Oppositionsparteien]. | |
5 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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