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# taz.de -- Staatskrise in Frankreich: Macron zieht kein Kaninchen aus dem Sack
> Der Präsident hat sich die innenpolitische Misere, die er nach dem
> Misstrauensvotum gegen seinen Premier beklagt, selbst zuzuschreiben. Da
> hilft auch keine Notre-Dame-Wiedereröffnung.
Bild: Macron bei seiner Fernsehansprache
Es entbehrte nicht der Situationskomik, als der Präsident am Abend vor
Nikolaus seine „lieben Französinnen und Franzosen“, so Emmanuel Macron,
live im Fernsehen ansprach. Und enorm viele wollten dann doch hören und
sehen, was das unberechenbare und meist müde, ja leicht welk wirkende
Staatsoberhaupt nun nach dem Sturz der konservativen Regierung von Michel
Barnier aus seinem politischen Ankündigungssack hervorziehen würde.
Bekanntlich kein Kaninchen in Form eines oder einer sofortigen neuen
Premier oder Première. Dafür aber zückte Macron vor dem prächtigen
Allzeitgolddekor des Èlysée-Palastes die verbale Rute, schimpfte über die
„verantwortungslose antirepublikanische Front“ aus [1][Linken und
Ultrarechten], die gemeinsam den mit dem Rücken zur Wand von Anfang an
agierenden Barnier nach nur drei Monaten Amtszeit [2][hinweggefegt hatten].
In einem, aber nur einem, hat Macron recht: Mit den antidemokratischen
Menschenfeinden rund um Marine Le Pens in weiten Teilen rechtsextreme
Partei Rassemblement National zu stimmen, um einen kurzfristigen
Pyrrhussieg einzufahren, ist ein gefährliches und unakzeptables Spiel.
Dass es aber so weit gekommen ist, dafür trägt der Mann, der nach zwei
Amtszeiten bei den momentan für 2027 anvisierten Präsidentschaftswahlen aus
verfassungstechnischen Gründen nicht mehr antreten darf, die Hauptschuld.
Macron hat die Lunte im Juni gelegt, als er wie ein getriebener Spieler
nach den für die Macronisten desaströs geendeten Europawahlen die Neuwahl
des Parlaments anordnete und danach das siegreiche Linksbündnis
buchstäblich links liegen ließ.
Jetzt steht die Fünfte Französische Republik von 1958, die der von Beginn
an vertikal agierende Macron stets weihevoll beschwört, vor den Trümmern
seiner Strategie des Weder-noch – und vor den Ruinen seiner Bewegung, die
2017 vermeintlich angetreten war, Schluss zu machen mit dem
zentralistischen und kompromisslosen Gehabe in der nationalen Politik
Frankreichs.
Für das Machtgefüge und die Menschen im geschwächten Europa, für die
hilflose Zivilbevölkerung in Kriegs- und Krisengebieten ist die derzeit
verworrene Lage im EU-Motor Frankreich Gift, noch stärkeres Gift als die
ungut mäandernde deutsche Politik.
Da mutete es im Macron-TV auch nicht mutmachend an, als der Staatschef die
Wiedereröffnung der teilweise einst abgebrannten Pariser Kathedrale
Notre-Dame als Paradebeispiel für französischen Elan und Esprit anführte –
im Sinne von erst alles abfackeln und dann wieder aufbauen!
Jetzt hilft nur noch stramm beten – und garantiert nicht der baldige
US-Präsident Donald Trump, der jetzt Samstag zu allem Übel noch in die
französische Kapitale reist. Merde la France! Obwohl: Merde bedeutet auf
Französisch eben nicht nur „scheiße“, sondern auch „toi, toi, toi!“ In
diesem Sinne: Vive la France!
7 Dec 2024
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## AUTOREN
Harriet Wolff
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