| # taz.de -- Rechtsextremismus in Rumänien: Im Visier der Nationalisten | |
| > In Rumänien hat die extreme Rechte bei Wahlen zunehmend Erfolg. Die | |
| > Journalistin Adina Marincea klärt über die Szene auf – und wird bedroht | |
| > und diffamiert. | |
| Bild: In Rumäniens Hauptstadt Bukarest protestieren Menschen am 27. November g… | |
| Bukarest und Wien Wenn Adina Marincea in Bukarest durch die Straßen | |
| schlendert, kann sie nicht mehr übersehen, dass sie Feinde hat. Oder | |
| vielmehr: dass Nationalist*innen sie als ihre Feindin auserkoren | |
| haben – für ihre Arbeit als Journalistin, als Wissenschaftlerin und als | |
| emanzipierte Frau. In einer Seitenstraße, unweit der belebten Altstadt von | |
| Rumäniens Hauptstadt, zeugt davon ein Graffiti. „Ana Pauker ist nicht | |
| gestorben, sie hat sich als Adina geschminkt“, steht dort auf Rumänisch in | |
| schwarzen Lettern an einer Hauswand, gefolgt von einem Keltenkreuz, einem | |
| Erkennungszeichen der faschistischen Szene. | |
| Das Graffiti ist eine sexistisch, antisemitisch und antikommunistisch | |
| konnotierte Diffamierung der Journalistin Marincea – in Rumänien ist das | |
| durch den Verweis auf Ana Pauker verständlich. Pauker war Jüdin, Mitglied | |
| des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei, von 1947 bis 1952 | |
| Außenministerin Rumäniens – und eine Frau. Sie verkörpert für die | |
| Ultrarechten somit gleich dreifach das Übel der Moderne. Der Spruch, der | |
| Marincea mit ihr in Verbindung bringt, ist mittlerweile teilweise übermalt, | |
| die eigentliche Botschaft darunter aber noch zu erkennen. | |
| Die beschmierte Hauswand zeugt in der analogen Welt von einer Hetzkampagne, | |
| mit der Marincea seit knapp drei Jahren vor allem digital überschüttet | |
| wird. | |
| Rumäniens Rechte wähnen sich schon seit einiger Zeit in einem Kulturkampf | |
| gegen eine gesellschaftliche Erneuerung in dem Land, das von dem schroffen | |
| Gegensatz zwischen den armen ländlichen Regionen und der kosmopolitischen | |
| Metropole Bukarest mit seinen hippen Bars und einem boomendem IT-Sektor | |
| geprägt ist. [1][Nationalist*innen greifen Veranstaltungen der | |
| LGBTQI-Szene an], die in [2][Bukarest stark und präsent ist], sie agitieren | |
| gegen die Westbindung in EU und Nato und leugnen Rumäniens Holocaust | |
| während der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Sie kämpfen für Gott und | |
| Großrumänien, ihre Leitbilder sind die traditionelle Familie und [3][die | |
| faschistische Legionärsbewegung aus vergangener Zeit]. | |
| Das zeigt sich überall im Bukarester Straßenbild. An Laternenpfählen | |
| erklären Sticker „Bessarabien“ zu einem Teil Rumäniens, jenen Landstrich | |
| also, der heute in der Republik Moldau und der Ukraine liegt. Daneben | |
| werben Aufkleber für neofaschistische Organisationen, mit durchgestrichenen | |
| Antifa-Zeichen oder antikommunistischen Symbolen. An Häuserwänden | |
| präsentiert sich Antisemitismus: Die Plakate, die an die israelischen | |
| Geiseln der Hamas erinnern sollen, sind fast alle zerrissen und mit | |
| rechtsextremen Emblemen verunstaltet. | |
| [4][Laut sind die Nationalist*innen vor allem im Netz], doch sie | |
| feiern auch im realen Leben Erfolge. Umfragen sagen für die anstehende | |
| Parlamentswahl am Sonntag, den 1. Dezember, beachtliche Erfolge der rechten | |
| Parteien voraus. Eine Woche zuvor erlebte Rumänien davon einen | |
| Vorgeschmack: [5][Bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl errang | |
| überraschend der parteilose Rechtsextremist Călin Georgescu mit knapp 23 | |
| Prozent die meisten Stimmen]. Um die Wahl gibt es Turbulenzen: Das | |
| rumänische [6][Verfassungsgericht hat am Donnerstag die Neuauszählung der | |
| Stimmen veranlasst]. Dich bislang bleibt es dabei: Georgescu tritt am 8. | |
| Dezember in einer Stichwahl gegen Elena Lasconi an, die Kandidatin der | |
| neoliberalen Technokratenpartei „Union Rettet Rumänien“ (USR), die rund 20 | |
| Prozent der Stimmen erzielte. Lasconi gilt in der Stichwahl als Favoritin. | |
| Laut Umfrage vor der ersten Wahlrunde wünscht sich eine deutliche Mehrheit | |
| der Rumänen ein prowestliches und erfahrenes Staatsoberhaupt. | |
| Gegen Georgescu war vor zwei Jahren noch wegen der Verherrlichung von | |
| Verantwortlichen des Holocaust ermittelt worden, was jedoch im Sande | |
| verlief. Er hatte vor allem mit einer Kampagne auf der | |
| Social-Media-Plattform Tiktok Wählerstimmen gewonnen, warb mit | |
| prorussischen Parolen und einer Wiedergewinnung der vermeintlich verlorenen | |
| nationalen Souveränität Rumäniens. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, | |
| aber auch einer generellen rechten Mobilisierung fand das mehr Zustimmung | |
| als erwartet. | |
| In dieser Atmosphäre rechter Selbstverteidigungsphantasien, die auch | |
| Georgescu bedient, wird die Journalistin Marincea zu einer Art | |
| Gegenspielerin. Sie bietet viel Projektionsfläche für rechten Hass: | |
| Marincea ist promovierte Kommunikationswissenschaftlerin und beobachtet für | |
| das Bukarester Elie-Wiesel-Institut die populistische und extreme Rechte | |
| Rumäniens insbesondere im digitalen Raum. [7][2021 begann sie zudem, in der | |
| reichweitenstarken Zeitung „Libertatea“ auch einer breiteren Öffentlichkeit | |
| von ihren Erkenntnissen zu berichten] – in meinungsstarken Beiträgen, die | |
| sie mit Belegen untermauerte. | |
| ## Journalistin Marincea ist für Nationalisten ein rotes Tuch | |
| Auf den Hass hat Marincea sich vorbereitet. Ein paar Tage, bevor ihr erster | |
| kritischer Artikel erschien, stellte sie ihre Konten in den sozialen Medien | |
| auf privat, durchsuchte das Netz nach ihren persönlichen | |
| Kontaktinformationen, räumte auf. Wer vorhatte, ihr zu schaden, sollte | |
| nicht auch noch biografische Details gegen sie verwenden können. | |
| Als sie am 31. Januar 2022 erstmals über die rechtspopulistische Partei AUR | |
| und deren Verbindungen zu faschistischen Organisationen aufklärte, folgte | |
| das befürchtete Echo prompt. Seitdem überziehen Rumäniens Rechtsextremisten | |
| sie kontinuierlich mit Drohungen, Entwürdigungen und Beleidigungen, es | |
| wurden sexistische Gedichte über sie geschrieben und das | |
| Anti-Marincea-Graffiti in die Stadt geschmiert. Die Urheber sind rechte | |
| Ultra-Gruppen, faschistische Publizisten, Politiker*innen und sogar | |
| ein ehemaliger Oberst des Inlandsgeheimdienstes. | |
| „Mit der Zeit habe ich mich ein bisschen daran gewöhnt und akzeptiert, dass | |
| es einige Risiken gibt“, sagt Marincea. An einem heißen Tag im April 2024 | |
| sitzt sie für ein Interview im Konferenzraum des Elie-Wiesel-Instituts in | |
| Bukarest. An den Wänden erinnern Zeichnungen an die Gräuel des Holocaust, | |
| in einer Anrichte stehen ein paar Geschichtsbände hinter Glas. | |
| ## Spätes Ringen um Aufarbeitung des rumänischen Holocausts | |
| Gegründet wurde das Institut 2005, es ist staatlich finanziert und heißt | |
| mit offiziellem Namen „[8][Landesinstitut für das Studium des Holocaust in | |
| Rumänien 'Elie Wiesel]‘“. Dass neben Marincea auch das Institut immer | |
| wieder im Fadenkreuz der Ultrarechten ist, hängt mit Rumäniens jüngerer | |
| Geschichte zusammen. Das Institut ist mit der Aufarbeitung der Verbrechen | |
| während des Antonescu-Regimes verbunden und beides wiederum eng mit der | |
| Bindung des Landes an den Westen, als Rumänien Anfang der 2000er Jahre die | |
| Aufnahme in die Nato und die EU bevorstand. | |
| Auf internationaler Bühne ging die damals in Rumänien verbreitete | |
| Holocaustrelativierung nicht mehr durch, wie sie im Sommer 2003 selbst der | |
| damalige Präsident Ion Iliescu noch öffentlich vertrat. Die öffentliche | |
| Kritik im Nacken und die Westbindung im Blick, gründete Iliescu noch im | |
| selben Jahr die „Internationale Kommission zur Erforschung des Holocaust in | |
| Rumänien“. Geleitet wurde sie von dem in Rumänien geborenen | |
| Shoa-Überlebenden und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel, weshalb sie als | |
| „Wiesel-Kommission“ bekannt wurde. Die Gründung des Wiesel-Instituts geht | |
| direkt darauf zurück. | |
| Erst der Abschlussbericht, den die Kommission 2004 vorlegte, setzte in | |
| Rumänien eine breitere öffentliche Debatte über die Verbrechen des Regimes | |
| während der Zeit des faschistischen Marschalls Ion Antonescu in Gang. | |
| Motiviert durch nationalistische Verblendung, waren die Verbrechen aus | |
| dieser Zeit unter dem stalinistischen Diktator Nicolae Ceaușescu | |
| jahrzehntelang unterdrückt worden. | |
| Antonescu beherrschte Rumänien zwischen 1940 und 1944 und war mit der | |
| faschistischen Legionärsbewegung verbunden, einer Massenbewegung der | |
| Zwischenkriegszeit. Unter Antonescus Regime wurden bis zu 380.000 | |
| rumänische und ukrainische Juden sowie mindestens 11.000 Roma ermordet – in | |
| einem eigenen rumänischen Holocaust, der unabhängig von den | |
| nationalsozialistischen deutschen Verbündeten verbrochen wurde. | |
| Das Elie-Wiesel-Institut liegt heute am Boulevard Dacia, einer der | |
| zentralen Hauptstraßen von Bukarest, wo sich Bauten in moderner Architektur | |
| sowie Villen im Stile der Belle Époque und des Art déco aneinanderreihen. | |
| Draußen vor dem Gebäude wartet eine Sicherheitsperson in einem | |
| Wachhäuschen, ein Schild warnt vor Kameraüberwachung. | |
| Ob sie sich geschützt fühlt? Marincea stutzt und runzelt die Stirn. | |
| „Überhaupt nicht“, sagt sie. Im Gespräch wirkt sie aufgeräumt, fast | |
| abgeklärt. Immer wieder flankiert sie die Schilderung ihrer persönlichen | |
| Situation mit Analysen der gesellschaftlichen Lage. An die Polizei habe sie | |
| sich wegen der Bedrohungen und Beleidigungen bislang nicht gewandt, sie | |
| erwarte keine Hilfe. Wie inkonsequent Hasskriminalität geahndet würde, sehe | |
| man etwa an den sehr wenigen Fällen, in denen eine Holocaustleugnung vor | |
| Gericht zur Verhandlung kam. | |
| ## Die Presse in Rumänien ist zunehmend unter Druck | |
| Polizei und Behörden seien oft selbst Teil des Problems, sagt Marincea. „So | |
| wie bei Emilia Șercan.“ [9][Der Fall der rumänischen | |
| Investigativjournalistin Emilia Șercan hatte auch international Aufsehen | |
| erregt]: Wenige Monate, nachdem sie im Jahr 2022 unter anderem Rumäniens | |
| Premierminister Nicolae Ciucă beschuldigte, bei seiner Doktorarbeit | |
| plagiiert zu haben, tauchten gestohlene, persönliche Fotos von Șercan auf | |
| Pornoseiten auf. Nach einer Anzeige bei der Polizei kam es noch schlimmer: | |
| Material, das Șercan den Ermittlern übergeben hatte, wurde bereits weniger | |
| als eine Stunde später erneut veröffentlicht. Es war mutmaßlich aus den | |
| Reihen der Polizei an Medien übergeben worden. | |
| Die NGO ActiveWatch sieht darin eine pressefeindliche Tendenz. Die | |
| Organisation hat sich der Beobachtung der Pressefreiheit in Rumänien | |
| verschrieben und [10][kritisiert eine zunehmende Kontrolle und Zensur | |
| digitaler Kommunikation]. Kritische Journalist*innen würden [11][Ziel | |
| von Diskreditierungen und Drohungen durch Politiker, Militärs und | |
| Geschäftsleute]. Vor allem auch die rechtsnationalistische Partei [12][AUR | |
| habe öffentliche Angriffe und Verunglimpfungskampagnen gegen | |
| Medienorganisationen gestartet]. | |
| Doch Șercans Fall und ebenso die Arbeit von Marincea und zahlreicher | |
| Kolleg*innen zeigen, dass es in Rumänien auch eine selbstbewusste Szene | |
| an kritischen Journalist*innen gibt, die sich nicht scheuen, Skandale | |
| aufzudecken und zu einem pluralen Diskurs in einer lebendigen | |
| Medienlandschaft beizutragen. | |
| Diese Berichterstattung erzeugt Gegenwind. [13][Für Marincea begann alles | |
| mit einem Recherchebericht im Januar 2022 in der Zeitung Libertatea, in der | |
| sie auch den aktuellen rechten Präsidentschaftskandidaten Călin Georgescu | |
| ausführlicher beleuchtete]. Georgescu ist heute parteilos, war damals aber | |
| noch bei der rechtsnationalen Partei AUR aktiv und kurz zuvor zu deren | |
| Ehrenpräsident ernannt worden. | |
| Marinceas Text drehte sich um die Verbindungen Georgescus und seiner Partei | |
| zu neofaschistischen Organisationen. Die Journalistin erinnerte daran, | |
| [14][dass Georgescu laut dem Nachrichtenportal G4Media im Jahr 2020 in | |
| einem Video unter anderem den faschistischen Marschall Antonescu als | |
| „Helden der rumänischen Nation“ bezeichnet hatte]. | |
| Marinceas Recherchen zeigten, dass zu Georgescus Unterstützern auch ein | |
| ehemaliger Soldat der französischen Fremdenlegion zählte, der | |
| paramilitärische Wehrsportcamps samt Indoktrination für Jugendliche | |
| leitete. Diese würden von Vereinen organisiert, die – wie viele rumänische | |
| Rechtsextremist*innen – die ehemalige Legionärsbewegung bis heute | |
| verehrten. | |
| Einer dieser Vereine, [15][die „Asociatia 'Gogu Puiu si Haiducii | |
| Dobrogei’“, reagierte auf Marinceas Vorwurf damals auf seiner | |
| Facebookseite], die mehrere Tausend Follower hat. Es war nur ein einzelner | |
| Beitrag, aber er setzte den Ton durch Delegitimierung und Framing der | |
| Journalistin: Sie wurde klein und verächtlich gemacht, begehe Verrat, sei | |
| gekauft, keine echte Journalistin und „Neo-Marxistin“. | |
| Es sind [16][Narrative, die Marincea seitdem immer wieder begegnen und die | |
| so oder in ähnlicher Form auch in anderen europäischen Ländern zu | |
| beobachten sind. Mit ihnen sollen Journalist*innen zum Schweigen | |
| gebracht werden]. | |
| ## Die Hass-Kampagne gegen Marincea hält bis heute an | |
| Und die Reaktionen auf Marinceas Artikel waren damals nur das Vorspiel | |
| einer Diffamierungskaskade, die bis heute jeden ihrer kritischen Beiträge | |
| begleitet. „Danach wurde es aggressiver“, sagt sie heute. | |
| Die Reihe an Artikeln, die Marincea seitdem veröffentlicht hat, bilden | |
| zusammen eine Art Lexikon der aktuellen extremen Rechten Rumäniens. Deren | |
| Wut wuchs mit jedem Bericht. Im März 2023 analysierte Marincea die Politik | |
| von George Simion. Er ist Anführer der rechtsgerichteten Partei AUR und | |
| trat ebenfalls in der ersten Runde der aktuellen Präsidentschaftswahl an. | |
| Nachdem Simion bei der Wahl am vergangenen Sonntag auf Platz 4 landete, | |
| kündigte AUR an, in der nun anstehenden Stichwahl den Rechtsextremisten | |
| Georgescu zu unterstützen. | |
| Die Partei AUR wurde 2019 gegründet und zog 2020 ins Parlament ein. „Mit | |
| ihrem Einzug wurde die extreme Rechte in Rumänien deutlich sichtbarer“, | |
| erklärt Marincea. AUR steht als Abkürzung für „Alianța pentru Unirea | |
| Românilor“, übersetzt: „Allianz für die Vereinigung der Rumänen“ – … | |
| Name ist Programm. Die Rechtspopulisten träumen von einem Großrumänien und | |
| einer Vereinigung mit der Republik Moldau. | |
| Im EU-Parlament gehört die Partei der „Fraktion der Europäischen | |
| Konservativen und Reformer“ an, gemeinsam etwa mit den italienischen | |
| Fratelli d’Italia und der polnischen PiS-Partei. AUR behauptet von sich, | |
| national-patriotisch und christdemokratisch zu sein. [17][Doch Marincea | |
| wirft Simion und Parteivertreter*innen Verbindungen zu Neofaschisten, | |
| Geschichtsrevisionismus, Rassismus und Antisemitismus vor]. | |
| Seit einiger Zeit ist AUR als erfolgreiche extrem rechte Partei in Rumänien | |
| zudem nicht mehr allein: [18][Diana Șoșoacă, Rechtsanwältin, Abgeordnete | |
| und ehemalige AUR-Politikerin, führt die neue Partei „SOS Romania“ an]. | |
| Șoșoacă gilt als abgedreht, antisemitisch, europafeindlich und | |
| russland-freundlich und überholt die AUR noch von rechts. | |
| Während AUR bei der Europawahl am 9. Juni 2024 mit 14,9 Prozent der | |
| rumänischen Stimmen hinter einem Bündnis aus Sozialdemokraten und Liberalen | |
| landete, erzielte SOS Romania immerhin knapp über 5 Prozent. Șoșoacă zog | |
| dann mit einem weiteren Parteikameraden ins Europaparlament ein. Dort sitzt | |
| sie nun direkt neben dem AfD-Abgeordneten Maximilian Krah. Im Wahlkampf | |
| hatte Șoșoacă verkündet, auch in Brüssel für die Wiederherstellung des | |
| großrumänischen Territoriums in seinen Grenzen von 1918 zu kämpfen. Mitte | |
| Mai sprach sie im rumänischen Parlament von einer | |
| „jüdisch-bolschewistischen Diktatur“ und leugnete den Holocaust. | |
| Auch Diana Șoșoacă wollte bei den aktuellen Präsidentschaftswahlen in | |
| Rumänien antreten – ihre Kandidatur wurde jedoch durch eine Entscheidung | |
| des Verfassungsgerichts verhindert, weil ihre öffentlichen Statements nicht | |
| mit den verfassungsmäßigen Prinzipien des Amt vereinbar seien. Șoșoacă | |
| reagierte per Video mit einem antisemitischen Wutanfall und bezichtigte | |
| Amerikaner, Juden und Europäische Union einer Verschwörung. Auf mehrfache | |
| Anfragen der taz antwortete sie nicht. | |
| Demgegenüber wirkt Simion, der Anführer der rechtsgerichteten Partei AUR, | |
| fast gemäßigt. Jedenfalls will er so wirken. [19][In einem ihrer Artikel | |
| ordnete Marincea diese Versuche Simions ein, das Image der Partei zu | |
| rehabilitieren]. Sie verwies dabei auf andere Partei-Ideologen, die etwa | |
| Jüdinnen und Juden vorwerfen, den Kommunismus nach Rumänien gebracht zu | |
| haben, und die Verbindungen zu noch rechteren Figuren pflegen – zu Ion | |
| Coja, einem ehemaligen Universitätsdozenten und ehemaligen Senator, oder zu | |
| Miron Manega. Dieser ist Chefredakteur der [20][Zeitung Certitudinea, die | |
| Marincea als antisemitisch und neolegionaristisch einordnet], und die in | |
| Bukarest an vielen Zeitungskiosken ausliegt. Auch Manega reagierte nicht | |
| auf mehrfache Anfrage der taz. | |
| Auf diesen und einen weiteren Artikel, den Marincea kurz darauf | |
| veröffentlicht, erhält sie eine Flut an Reaktionen. „Dass ich die | |
| rechtsextremen Verbindungen auch zu intellektuellen und einflussreichen | |
| Stimmen aufgezeigt habe, hat sie richtig aufgeregt“, sagt sie. | |
| ## Drohung durch ehemaligen Geheimdienst-Oberst | |
| All das steigert sich irgendwann zu expliziten Drohungen. [21][Eine stammt | |
| von Vasile Zărnescu, einem ehemaligen Oberst des rumänischen | |
| Inlandsgeheimdienstes]. Auf einer [22][nationalistischen Webseite | |
| beschimpfte er Marincea sexistisch als „Schlampe“ und „Sau“ und verwies | |
| nebenbei auf sein eigenes Buch, in dessen Titel er den Holocaust als | |
| „diabolische Lüge“ bezeichnet]. | |
| Zărnescu war in Rumänien als einer der ersten überhaupt von einem Gericht | |
| wegen Holocaustleugnung verurteilt worden, wobei ein Bukarester | |
| Berufungsgericht 2022 entschied, es bei einer einfachen Warnung zu | |
| belassen. | |
| Bis heute wiederholt Zărnescu seine Aussagen und hat es dabei auch auf das | |
| Elie-Wiesel-Institut abgesehen: Dieses betreibe einen „kulturellen, | |
| wirtschaftlichen, finanziellen, demographischen, geistigen Völkermord an | |
| Rumänien“, meint er und schreibt: „Die 3.200 Juden in Rumänien – | |
| Stipendiaten von außerhalb – greifen uns ständig an, und wir verteidigen | |
| uns zu Recht!“ Das Institut erforsche in Wahrheit nicht den Holocaust, | |
| meint Zărnescu: „Weil es so etwas nicht gab.“ | |
| In einer Antwort auf eine Anfrage der taz legte Zărnescu bei all dem noch | |
| mal nach. „Ich habe Adina Marincea nicht beleidigt, ich habe sie lediglich | |
| beschrieben“, erklärt er. Und formuliert weitere Tiraden gegen das | |
| Elie-Wiesel-Institut, droht mit Ausweisung von deren Mitarbeiter*innen | |
| und wiederholt die Leugnung des Holocaust. | |
| Seinen Beitrag auf der nationalistischen Webseite über Marincea hatte | |
| Zărnescu damals namentlich als Oberst des Geheimdienstes unterschrieben und | |
| mit einer Parole beendet: „Tod den Feinden!“ Das könnte man als | |
| Gewaltaufruf deuten, der auch Marincea adressiert. „Für mich war dieser | |
| Artikel die bis dahin direkteste Bedrohung und Aufstachelung zu Hass und | |
| Gewalt gegen mich“, sagt die Journalistin. Bis heute folgten zahlreiche | |
| weitere. | |
| All das hinterlässt bei Marincea Spuren. Nach der Veröffentlichung von | |
| Artikeln über die rechtsextreme Szene nehme sie öfter mal ein Taxi, erklärt | |
| sie. Oder sie übernachte aus Sicherheitsgründen an verschiedenen Orten. | |
| Aber mit den Recherchen aufhören? Daran denkt sie nicht. | |
| Dieser Bericht ist Teil des Rechercheprojekts „[23][Decoding the | |
| disinformation playbook of populism in Europe]“, das vom International | |
| Press Institute in Wien geleitet und in Zusammenarbeit mit Faktograf und | |
| taz durchgeführt wird. Das Projekt wird von dem European Media and | |
| Information Fund finanziell unterstützt, der von der | |
| Calouste-Gulbenkian-Stiftung verwaltet wird. | |
| 1 Dec 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.libertatea.ro/opinii/cine-sunt-tinerii-radicalizati-de-neolegio… | |
| [2] https://m.dcnews.ro/incidente-la-marsul-bucharest-pride-manifestantii-spun-… | |
| [3] /Rechtsextremismus-in-Rumaenien/!5757456 | |
| [4] https://context.ro/cum-s-a-mobilizat-extrema-dreapta-din-romania-pentru-rea… | |
| [5] /Praesidentschaftskandidat-Clin-Georgescu/!6048338 | |
| [6] /Vor-den-Parlamentswahlen-in-Rumaenien/!6048642 | |
| [7] https://www.libertatea.ro/autor/adina-marincea | |
| [8] https://www.inshr-ew.ro/en/ | |
| [9] https://ipi.media/media-freedom-groups-demand-renewed-investigation-into-cr… | |
| [10] https://activewatch.ro/publicatii/freeex-digest-no-2/ | |
| [11] https://activewatch.ro/publicatii/freeex-digest-no-1-english/ | |
| [12] https://www.libertatea.ro/stiri/derapaj-aur-face-o-lista-neagra-cu-cele-ma… | |
| [13] https://www.libertatea.ro/opinii/legaturile-aur-cu-fratiile-ortodoxe-si-ne… | |
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| [15] https://web.archive.org/web/20240808124337/https://www.facebook.com/100064… | |
| [16] https://observatory.ipi.media/ | |
| [17] https://www.libertatea.ro/opinii/legaturile-aur-cu-fratiile-ortodoxe-si-ne… | |
| [18] /Nachwehen-der-EU-Wahl-in-Rumaenien/!6013532 | |
| [19] https://www.libertatea.ro/opinii/extrema-dreapta-din-romania-isi-serbeaza-… | |
| [20] https://www.inshr-ew.ro/wp-content/uploads/2020/05/Raport-monitorizare-202… | |
| [21] https://www.libertatea.ro/opinii/cand-vom-ajunge-la-putere-promisiunea-asc… | |
| [22] https://web.archive.org/web/20230420133509/https://www.nationalisti.ro/col… | |
| [23] https://ipi.media/decoding-disinformation-playbook/ | |
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