# taz.de -- Hyperlokales Fastfood: In Bremen sagt man „der Rollo“ | |
> Die gefüllten Fladenbrote aus Bremen sind ein Beispiel für hyperlokales | |
> Essen, das anderswo niemand kennt. Ein kulinarisches Mikrotrendfeld. | |
Bild: Auch einen ‚Rollo‘ darf man von beiden Seiten anbeißen | |
Der kulinarische Mittelpunkt von Bremen ist nur wenige Dutzend Quadratmeter | |
groß. An der Wand läuft auf einem Fernseher Eurosport, ein paar große | |
Fässer stehen als Stehtische herum. Wer hier herkommt, nimmt sein Essen | |
mit, die meisten bestellen es ohnehin direkt an der Durchreiche zum | |
Sielwall. Dabei gibt es weder Braunkohl mit Pinkel noch Labskaus, auch | |
keine Hochzeitssuppe, kein Kükenragout, keine Kluten, Klaben, Pluckte | |
Finken und was sonst noch so als klassische Bremer Küche im Reiseführer | |
steht. Nein, im „Tandour“ wurde, so die Legende, 1982 das [1][wahre | |
immaterielle Kulturerbe der Hansestadt] erfunden: der Rollo. | |
Rollos, das sind dünne Fladenbrote, gefüllt, gerollt und erhitzt. Beim | |
Inhalt dreht sich vieles um Fleisch, dazu kommen irgendwas Salatiges und, | |
ganz wichtig, die Saucen. „Also ein Dürüm“, werden einige Schlaumeier jet… | |
sagen, und selbst wenn das technisch stimmen mag, ist es praktisch falsch, | |
denn ein Rollo ist eben ein Rollo, und zudem sind die Füllungen deutlich | |
diverser als die des Dürüm Döners. | |
An quasi jedem Bremer Imbiss gibt es Rollos in verschiedenen Formaten, und | |
auch in meiner Heimatstadt Oldenburg (50 Kilometer westlich von Bremen) bin | |
ich mit ihnen aufgewachsen. Viel weiter sind sie aber nicht gekommen, womit | |
Rollos ein optimales Beispiel für „modernes hyperlokales Essen“ sind. Ein | |
kulinarisches Mikrotrendfeld, das – so meine These an dieser Stelle – noch | |
ziemlich im Dunkeln liegt. Dabei bin ich mir sicher, dass es ähnliche, rein | |
lokal populäre Fastfoodgerichte in fast jeder deutschen Großstadt gibt; | |
ungefähr so wie Biersorten, die in einem Ort plus Umland Nummer eins sind, | |
aber sonst quasi unbekannt, ein Beispiel: Moritz Fiege in Bochum. | |
Dabei fällt mir noch ein zweites lokales Fastfood-Gericht meiner Kindheit | |
ein. Der Croque, der sich ab 1975 von Hamburg ausgehend [2][im Nordwesten | |
Deutschlands verbreitet hat], auch in Oldenburg gab es mindestens einen | |
Croqueladen. Wer in Hamburg einen „Croque Monsieur“ bestellt, bekommt ein | |
mit Eisbergsalat, Tomate, Schinken und Soße belegtes und anschließend mit | |
Käse überbackenes Baguette, die vegetarische Version heißt „Croque Madame�… | |
Dass in Frankreich, worauf das ja nun alles anspielt, ein „Croque Monsieur“ | |
ein [3][überbackener Toast mit Bechamelsauße, Kochschinken und Käse] ist, | |
ohne Salat, ohne Tomate – das interessiert im Norden keine Sau. Ich wusste | |
das bis vor Kurzem nicht einmal. | |
Was ich aber gerne wüsste, sind weitere Beispiele für moderne hyperlokale | |
Spezialitäten. Wer dafür Beispiele kennt, schreibt mir gern [4][eine E-Mail | |
an [email protected]]. Und nein, die Currywurst ist keine, und die | |
Brezen und das Franzbrötchen sind es auch nicht. | |
2 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/immaterielles-kulturerbe-bremen-10… | |
[2] /!1351407/ | |
[3] /Frankreichs-Schinken-Kaese-Toast/!5985448 | |
[4] /[email protected] | |
## AUTOREN | |
Michael Brake | |
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