# taz.de -- SPD und BSW in Brandenburg: Sind sich Rot und Lila noch grün? | |
> Lange Zeit verliefen die Koalitionsverhandlungen in Brandenburg | |
> geräuschlos. Nun scheint es zu krachen, auch in der SPD. Es geht um die | |
> Kohle. | |
Bild: Fossiles Bündnis: Dietmar Woidke (SPD) und Robert Crumbach (BSW) | |
Ausgebootet wurde er schon vorher. Die wichtige Arbeitsgruppe Wirtschaft, | |
Arbeit und Energie bei den Koalitionsverhandlungen mit dem BSW leitete für | |
die SPD nicht Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, sondern | |
Fraktionschef Daniel Keller. Nun schmeißt Steinbach das Handtuch. | |
Er stehe in einer möglichen Koalition aus SPD und der Wagenknecht-Partei | |
BSW als Minister nicht mehr zur Verfügung, ließ der frühere Präsident der | |
Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus über sein Ministerium | |
mitteilen. Und nennt das BSW als Grund. Er sehe „insbesondere wegen der von | |
der Parteispitze vertretenen Positionen keine Grundlage für eine | |
vertrauensvolle Zusammenarbeit“, so der SPD-Politiker. | |
Lange Zeit verliefen die Koalitionsverhandlungen in Brandenburg | |
geräuschlos. Nun scheint es erstmals zu knirschen, auch innerhalb der SPD. | |
Im Mittelpunkt steht der Kohleausstieg in der Lausitz, der auch in der | |
Arbeitsgruppe von Keller verhandelt wird. Statt Steinbach sitzt dort für | |
die SPD auch die Landesbezirksleiterin der Industriegewerkschaft Bergbau, | |
Chemie, Energie, Stephanie Albrecht-Suliak. Die Lausitzer Kohlekumpel sind | |
also dabei am Verhandlungstisch. Und natürlich auch die Verhandler der | |
Kohlepartei BSW. | |
Für den Klimaschutz bedeutet das nichts Gutes. [1][In einem Entwurf der | |
Arbeitsgruppe, über den zunächst der Tagesspiegel berichtet hatte, wird | |
etwa die Abschaffung der CO2-Bepreisung und des Zertifikatehandels mit | |
Kohlenstoffdioxid gefordert]. Das würde bedeuten, dass die Emission von CO2 | |
nicht mehr verteuert werden darf, um damit Klimaschutzprojekte zu | |
finanzieren. | |
## Grüne kritisieren „Geisterfahrt“ | |
[2][Grünen-Landeschefin Alexandra Pichl spricht bereits von einer | |
„energiepolitischen Geisterfahrt, die die Zukunft Brandenburgs und den | |
Klimaschutz auf dem Altar populistischer Machtspiele opfert“]. Auch der | |
Bund für Umwelt und Naturschutz BUND schlägt Alarm. „Die laufen mit offenen | |
Augen in die Katastrophe“, sagt Landesgeschäftsführer Axel Kruschat der | |
taz. „Statt sich darauf einzustellen, dass der Kohleausstieg eher kommt, | |
will man das Ausstiegsdatum im Koalitionsvertrag festlegen. Das ist | |
Wunschdenken.“ | |
Zwar wurde die Forderung nach einem Ausstieg aus der CO2-Bepreisung im | |
Papier der Arbeitsgruppe laut Tagesspiegel als „streitig“ markiert und von | |
SPD und BSW dann auch dementiert. Auch gegenüber der taz erklärte | |
SPD-Generalsekretär David Kolesnyk, dass es keinen Streit gebe. „Wir sind | |
gut vorangekommen.“ | |
Allerdings taucht der Rückzug Steinbachs das Thema Kohleausstieg in ein | |
anderes Licht. Der Wirtschaftsminister hatte nicht nur maßgeblich den | |
E-Autobauer Tesla nach Brandenburg geholt, sondern auch den Strukturwandel | |
in der Lausitz vorangetrieben. Steinbach habe „die Chancen des grünen | |
Wandels für gut bezahlte Arbeitsplätze und Wohlstand“ begriffen, lobte der | |
brandenburgische Grünen-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär im | |
Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner. | |
Zwar kann Brandenburg als Bundesland nicht eigenständig aus der auf | |
europäischer und bundespolitischer Ebene geregelten CO2-Bepreisung und dem | |
Zertifikatehandel aussteigen. Allein aber das Signal, in einer | |
Bundesratsinitiative diese Forderungen aufzustellen, wäre fatal. | |
Doch nicht nur die Lausitz sorgt für reichlich Gesprächsstoff, sondern auch | |
das uckermärkische [3][Schwedt mit der Raffinerie PCK]. Vor dem Hintergrund | |
des Embargos auf russisches Öl heißt es im vom Tagesspiegel zitierten | |
Verhandlungspapier: „Die verhängten Wirtschaftssanktionen haben unserem | |
Bundesland wirtschaftlich geschadet. Wir werden uns dafür einsetzen, | |
schädliche Entscheidungen rückgängig zu machen.“ | |
„Jetzt muss Dietmar Woidke zeigen, wie durchsetzungsstark er ist“, sagt der | |
Grüne Michael Kellner. „Wenn es bei diesen Positionen bleibt, besonders im | |
Zusammenhang mit Russland und dem Klimaschutz, würde Woidke zentrale Fragen | |
Europas für seine Wiederwahl opfern.“ | |
21 Nov 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesspiegel.de/potsdam/brandenburg/gegen-russland-embargo-und-… | |
[2] https://gruene-brandenburg.de/startseite/single-news/energiepolitische-geis… | |
[3] https://www.pck.de/ | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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