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# taz.de -- Linke gegen AfD und BSW: Showdown in Lichtenberg
> Linke-Vorsitzende Ines Schwerdtner tritt in Berlin-Lichtenberg zur
> Bundestagswahl an. Doch in der ehemaligen linken Hochburg sind heute BSW
> und AfD stark.
Bild: Die neue Vorsitzende Ines Schwerdtner kandidiert im Wahlbezirk Lichtenber…
Berlin taz | Seit der Wahlkreis Lichtenberg existiert, war er eine Hochburg
der PDS, später der Linken. Sechsmal holte Gesine Lötzsch das Direktmandat
für den Bundestag. 2021 rettete ihr Mandat zusammen mit denen von Gregor
Gysi und Sören Pellmann über die Grundmandatsklausel der Partei den
Wiedereinzug ins Parlament. [1][Ines Schwerdtner, neue Chefin der Linken,]
soll das Kunststück nachmachen: Am Samstag entschied der Kreisverband, dass
Schwerdtner im Bezirk bei der vorgezogenen Bundestagswahl antreten soll.
Die linke Publizistin, vor allem als Chefredakteurin des Magazins Jacobin
bekannt, hat wenig mit Lichtenberg zu tun, doch Lötzsch hat sie offenbar
schon länger als ihre Nachfolgerin auserkoren: Schwerdtner trat der Linken
erst im August 2023 bei, und zwar auf Anregung von Lötzsch. Sie zeigten
sich gemeinsam in einer Suppenküche zum Weltkindertag in Hohenschönhausen,
sie verlegten gemeinsam Stolpersteine zum Gedenken an die
Reichspogromnacht. Nachdem ihre Kandidatur am Samstag feststand, postete
Schwerdtner ein Bild, das sie und Lötzsch zeigt, die Genoss:innen
blicken sich an, darunter steht das Motto: „Mit neuer Kraft zu alter
Stärke“.
Seinerzeit fuhr Lötzsch im Wahlkreis bis zu 40 Prozent ein. Aber spätestens
mit der Gründung des BSW [2][dürfte diese Zeit vorbei sein]. Auch weil
Sahra Wagenknecht bei Teilen der Wähler:innenschaft im Bezirk und in
der Partei hoch im Kurs stand. Auch Lötzsch stellte sich gegen einen
zwischenzeitlich angedachten Parteiausschluss Wagenknechts.
## Gerüchte um Wagenknecht
Es gingen sogar Gerüchte um, die große Vorsitzende höchstselbst könne im
Bezirk antreten. Immerhin hat Wagenknecht einen Zweitwohnsitz im
beschaulichen Karlshorst, und aus BSW-Sicht wäre es sicher reizvoll, die
Linke in einer ihrer einstigen Hochburgen zu schlagen.
Doch derzeit scheint sich abzuzeichnen, dass Norman Wolf,
Fraktionsvorsitzender des BSW in der Lichtenberger
Bezirksverordnetenversammlung, antreten wird. Wolf, zuvor
Linken-Fraktionschef im Bezirk, verließ zusammen mit zwei weiteren
Linken-Verordneten Fraktion und Partei, um die [3][erste und bislang
einzige Wagenknecht-Fraktion in Berlin] zu gründen.
Auf kommunaler Ebene bewirtschaftet das BSW die Ressentiments des kleinen
Mannes: Wolf und seine zwei Mitstreiter stellen sich gegen Windräder, gegen
Poller, die den Autofluss stören, und natürlich [4][gegen
Geflüchtetenunterkünfte]. Naheliegende Verbündete in diesen Fragen sind CDU
und AfD. Einige Male bildete sich bereits im Lichtenberger Bezirksparlament
eine solche große Koalition der schlechten Laune: BSW und AfD
stimmtengemeinsam gegen Windräder und Geflüchtetenunterkünfte und
folgerichtig mit der CDU gegen die Einrichtung von Volkshochschulkursen
gegen Stammtischparolen.
Eines der Themen, über die sich das BSW vor Ort profilierte, war der
Widerstand gegen einen umstrittenen Poller in einem Kiez in Rummelsburg.
Fraktionschef Wolf besuchte auch Bürgerversammlungen, um aus dem Publikum
heraus gegen das umstrittene Metallstück zu polemisieren. In der letzten
Bezirksverordnetenversammlung forderte das BSW Einwohnerversammlungen gegen
die Bebauung von Innenhöfen – obgleich diese Bebauungspläne längst
beschlossene Sache sind.
## Wahlkampf gegen Geflüchtete
Bislang hat die Partei mit dieser Strategie Erfolg: Bei den Europawahlen im
Juli erreichte das BSW aus dem Stand 15,2 Prozent und belegte Platz 2
hinter der AfD (17,5 Prozent).
Bei der sind dem Vernehmen nach zwei Namen im Gespräch, die als mögliche
Direktwahl-Kandidat:innen infrage kommen: David Christopher Eckert,
ehemaliger JA-Vorsitzender in Berlin und heute stellvertretender Sprecher
des AfD-Bezirksverbandes Lichtenberg, und die weitaus prominentere Beatrix
von Storch. Festlegen will man sich am 30. November.
Von Storch bemühte sich in den vergangenen Monaten, häufiger in Lichtenberg
Gesicht zu zeigen: Sie hielt zum EU-Wahlkampfabschluss der Partei in
Lichtenberg eine Rede auf einer Kundgebung. Im September mobilisierte sie
mit der Lichtenberger AfD gegen geplante Geflüchtetenunterkünfte und war
auch bei der Sondersitzung des Bezirksparlaments zu dem Thema anwesend. Sie
kandidierte bei der letzten Bundestagswahl erfolglos um das Direktmandat in
Berlin-Mitte, zog über die Liste in den Bundestag ein.
Eckert ist seit 2013 AfD-Mitglied und war zwischenzeitlich Vorsitzender der
Berliner JA. Dieser wollte er nach eigener Aussage mit „Kreativität, Humor
und provokanten Aktionen“ Aufmerksamkeit verschaffen. Auffällig wurde er
schon zu Beginn seiner Karriere in NRW: Eckert gründete dort eine
AfD-Hochschulgruppe und verhüllte eine Statue von Heinrich Heine vor der
Universität Düsseldorf mit einer Burka.
Ihren Bundestagswahlkampf in Lichtenberg wird die AfD wohl vor allem um die
neuen und geplanten Geflüchtetenunterkünfte im Bezirk aufbauen. Für das BSW
und den CDU-Kandidaten Danny Freymark sind die Heime ebenfalls ein
Kernthema. Die Linke fordert wegen der neu kommenden Geflüchteten einen
Ausbau der sozialen Infrastruktur, der ohnehin nötig wäre. Ob Schwerdtner
damit gegen die geballte Kraft der schlechten Laune von AfD bis BSW
ankommt, bezweifeln viele.
25 Nov 2024
## LINKS
[1] /Linksparteitag-in-Halle/!6043675
[2] /Berliner-Linke-nach-der-Europawahl/!6013456
[3] /BSW-in-Berlin/!5989092
[4] /Fluechtlingsunterkunft-in-Lichtenberg/!6044476
## AUTOREN
Daniel Brandt
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COP29: Klimakonferenz in Baku
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