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# taz.de -- Virale „Dubai-Schokolade“: Dabei sein ist alles
> Bei der süßen Versuchung aus TikTok schmelzen Bescheidenheit und
> Disziplin, alle wollen die Schokolade um jeden Preis. Die Frage ist, wie
> lange noch?
Bild: Heißer Scheiß: Dubai-Schokolade in einem Lindt-Shop in Aachen
Genüsslich schmatzt eine TikTokerin in die Kamera: „Ich schwöre, die
Dubai-Schokolade hat mein Leben auseinandergenommen. Die macht süchtig.
Noch nie hat eine Schokolade so geil geschmeckt und noch nie hat mich eine
Schokolade so arm gemacht“, beschreibt sie ihr Erlebnis mit der viralen
Süßigkeit. Doch der Aufwand habe sich auf jeden Fall gelohnt, erzählt sie
weiter. Immerhin könne sie jetzt „flexen“, also Eindruck schinden.
Schon seit Monaten wabert die sogenannte „Dubai-Schokolade“ als Must-have
durch sämtliche soziale Medien. Als Erfinderin gilt die Unternehmerin Sarah
Hamouda, die die Schokoladenkreation in der Manufaktur Fix Dessert
Chocolatier in Dubai verkauft.
Entdeckerin der Spezialität soll die [1][Food Influencerin Maria Vehera]
sein, die sich schon Ende 2023 bei der Verköstigung diverser Süßigkeiten
aus Dubai filmte. Seitdem will die Aufregung darüber nicht abklingen.
## Bis zu sechs Stunden in der Schlange
Der Hype hat es aus dem Bildschirm in die analoge Welt geschafft: Das
Schweizer Chocolatiers-Haus Lindt bietet für kurze Zeit eine eigene
limitierte Version der „Dubai-Schokolade“ an. Hunderte Menschen stehen
deswegen bis zu sechs Stunden lang in deutschen Innenstädten Schlange – bei
klirrender Kälte –, um knapp 15 Euro für eine Tafel Schokolade bezahlen zu
dürfen.
Was ist es, das Junge und Alte, Gutbetuchte und solche, die gerade so über
die Runden kommen, dazu motiviert, sich in solche Unkosten zu stürzen?
Manche argumentieren, es liege am Geschmack. Die Mischung aus Kadayif (das
sind knusprig gebackene Teigfäden, die man von [2][Baklava] kennt) und
[3][süßer Pistaziencreme] umhüllt von einem Schokoladenmantel soll ein
Geschmackserlebnis der absoluten Superlative sein.
## Exzess, Gier und Ungeduld
Alle Zutaten, die die Schokolade so verführerisch machen, gibt es aber auch
in jedem gut sortierten Supermarkt. Eine „Dubai-Schokolade“ aus eigener
Herstellung erfordert nicht mehr Aufwand als ein Kuchen und ist, wenn auch
nicht billig, zumindest deutlich günstiger. Doch das spielt keine Rolle,
niemand „flext“ mit Marke Eigenbau und die Leute rasten nicht wegen des
Geschmacks aus, sondern wegen des Hypes selbst, ganz nach dem Motto: Dabei
sein ist alles.
Der Run auf die Schokolade erinnert ein wenig an die Geschichte
[4][„Charlie und die Schokoladenfabrik“] aus dem Kinderbuch von [5][Roald
Dahl]. Jeder will die Schokolade mit dem goldenen Ticket, das eine Reise in
die magische Fabrik von Willy Wonka verspricht. Charlies Geschichte
appelliert an Werte wie Bescheidenheit und Selbstdisziplin, gegen Exzess,
Gier und Ungeduld.
Der Hype um die Dubai-Schokolade dagegen spiegelt unsere Sehnsucht nach
Wohlstand, Status und Exklusivität wider. Doch zumindest Letzteres bröckelt
bereits. Wer unbedingt dabei sein will, kann sich innerhalb von zwei Tagen
günstige „Fake“-Tafeln bei Amazon nach Hause bestellen – für ein Video …
15 Sekunden Aufmerksamkeit reicht das.
20 Nov 2024
## LINKS
[1] https://www.tiktok.com/@mariavehera257?lang=en
[2] /Ende-des-Ramadan/!5766154
[3] /Pistazien-im-Trend/!6031444
[4] /!561840/
[5] /Sprachliche-Anpassungen-in-der-Literatur/!5996015
## AUTOREN
Giorgia Grimaldi
## TAGS
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