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# taz.de -- BSW und „Freie Sachsen“: Görlitzer Querfront gemeinsam für Pu…
> Im sächsischen Görlitz hat ein BSW-Abgeordneter mit den „Freien Sachsen“
> für „Frieden“ protestiert. Die Wagenknecht-Partei blinkt weiter nach
> rechts.
Bild: Rechtsextreme „Freie Sachsen“ schwenken gerne ihre Fahnen, wie hier i…
Berlin taz | Es ist die prorussische Querfront, wie Wladimir Putin sie sich
überall in Deutschland wünschen würde: In Görlitz hat der
Landtagsabgeordnete Jens Hentschel-Thöricht vom Bündnis Sahra Wagenknecht
(BSW) auf einer „Friedensdemo“ der extrem rechten Szene und dem
Coronaprotest-Milieu geredet. Die Demo organisiert hatten das
verschwörungsideologische Bündnis Oberlausitz, das zusammen mit den
rechtsextremen „Freien Sachsen“ in Bautzen eine Kreistagsfraktion stellt.
Videos vom Marienplatz in Görlitz zeigen mehrere Dutzend Demonstrierende,
die letzten Samstag als Querfront der Putinfreunde Friedensbewegung
simulieren. Sie zeigten dabei Slogans wie „Diplomaten statt Granaten“ –
aber auch AfD-Herzen, Russland- und Compact-Fahnen, Friedenstauben,
schwenkten Fahnen der „Freien Sachsen“ oder schlicht eine mit dem Slogan
„Widerstand“ in altdeutschen Lettern. Laut Polizei nahmen 250 Personen
teil, während des Aufzugs wurde ein Gegendemonstrant beleidigt.
Während der eher kurzen Rede des BSW-Abgeordneten Hentschel-Thöricht ging
er nicht auf den Aggressor im Ukrainekrieg ein, wünschte sich aber vom
Publikum, dass es bei der Bundestagswahl keine „Kriegshasardeure“ wählen
solle: „Da ist Merz genauso gemeint wie Scholz: alles eine Sippe“, so
Hentschel-Thöricht.
Seine Rede passte zu anderen Redebeiträgen und dem auch bei den „Freien
Sachsen“ üblichen Geraune vom „ausländischen Hegemon“. Hetze gegen
„Brandmauern“, „linksgrüne Regenbogenagenda“ und Geflüchtete durften …
nicht fehlen.
Der Elefant im Raum blieb dabei unerwähnt: Dass eine diplomatische Lösung
vor allem an den Vorbedingungen von Putin scheitert, wie etwa kurz zuvor
die Gesprächsinitiative von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gezeigt hat,
der Ende vergangener Woche mit einem einstündigen Telefongespräch an Putin
[1][abperlte]. Russland reagierte mit heftigen Raketenangriffen [2][auf die
ukrainische Stromversorgung] und griff damit erneut die dortige
Zivilbevölkerung an.
## „Freie Sachsen“ bedanken sich
Die „Freien Sachsen“ schlachteten die Teilnahme des BSW-Abgeordneten
genüsslich aus und warben damit großflächig auf ihrem Telegram-Kanal mit
130.000 Followern.
Das BSW hatte kürzlich im Bundestag bereits als einzige andere Gruppe oder
Fraktion für eine von der AfD vorgeschlagene Tagesordnung gestimmt. In
Sachsen ließ das BSW gerade die Koalitionsgespräche mit CDU und SPD
platzen. Der sächsische BSW-Abgeordnete Hentschel-Thöricht selbst hatte im
Vorfeld der Demo noch relativiert und [3][der Sächsischen Zeitung gesagt]:
„Extremisten gibt es in etlichen Zusammenschlüssen, dennoch sollten keine
Pauschalurteile gefällt werden.“ Schließlich schaue sich das BSW ja auch in
den Parlamenten „Anträge in der Sache an und nicht am Einreicher“.
Hentschel-Thöricht war früher Fraktionschef der Linken im Zittauer Stadtrat
und beim Ordnungsamt in der Kleinstadt Seifhennersdorf tätig.
Der BSW-Bundesverband ging auf taz-Anfrage am Montag auf Abstand. Ein
Sprecher sagte: „Wir haben heute von der Angelegenheit erfahren – und
bedauern diese sehr. Selbstverständlich verbindet uns rein gar nichts mit
den Freien Sachsen.“ Auch die Vorsitzende des sächsischen Landesverbands
Sabine Zimmermann distanzierte sich gegenüber der taz: „Selbstverständlich
sind die Freien Sachsen keine Partner für uns, eine Zusammenarbeit mit uns
gibt es nicht. Wir waren leider über die Veranstaltung nicht informiert und
bedauern das.“
Bemerkenswerterweise klang auch der sächsische BSW-Abgeordnete
Hentschel-Thöricht am Montag plötzlich recht kleinlaut: „Ich wusste nicht,
dass auf der Kundgebung ein Redner spricht, der den Freien Sachsen
nahesteht. Hätte ich das gewusst, wäre eine Teilnahme für mich undenkbar
gewesen. Es tut mir leid, dass ich hier nicht genauer nachgefragt habe.“
Blöd nur, dass bereits vor der Kundgebung der Hintergrund des
Demo-Bündnisses kein Geheimnis war – zumal das Bündnis und seine extrem
rechten Netzwerke in der Region [4][schon lange bekannt sind].
## Protest gegen Rüstungskonzern
Versammelt hatten sich der BSW-Abgeordnete und das Bündnis für Oberlausitz
unter dem Titel „Oberlausitz für Frieden und Abrüstung“ vor allem gegen d…
Verlegung der Rüstungsproduktion des Konzerns KNDS in das dortige, von
Schließung bedrohte Werk des Alstom-Konzerns. Möglich ist etwa, dass sich
dort die Waffenfirma ansiedelt, um [5][Radschützenpanzer Boxer zu bauen].
Nun ist es per se alles andere als verwerflich gegen Rüstungskonzerne zu
demonstrieren. Absurd wird es jedoch, wenn man sich anschaut, mit wem der
BSW-Abgeordnete bei der Kundgebung auf der Bühne stand und für „Abrüstung�…
protestierte. So sprach auch Marcus Fuchs aus Arnsdorf, Kopf der
Querdenken-Demos in Dresden, auf der Veranstaltung. Der wurde im Mai für
die Verbreitung russischer Propaganda sogar zu einer Geldstrafe von 50
Tagessätzen á 30 Euro verurteilt, weil er laut Gericht den öffentlichen
Frieden durch Billigung eines Angriffskrieges gestört habe. Fuchs hatte im
Oktober 2022 [6][Russlands Krieg als „Verteidigungs-Spezialoperation“
verharmlost], die angeblich laut UN-Charta „explizit erlaubt“ sei.
Die damalige Demo war wiederum [7][direkt von den Freien Sachsen
angemeldet]. Die Rechtsextremen lehnen die Demokratie offen ab und wollen
das sächsische Königshaus zurück. Nach dem Überfall auf die Ukraine
demonstrierten sie mit Putin-Masken und russischen Fahnen. Auch die
Corona-Proteste heizten sie an, was nicht zuletzt dazu führte, dass
Protestierende mit Fackeln vor Privathäuser von Politiker*innen zogen.
Ebenso gab es in der Szene Ermittlungen wegen [8][Mordplänen gegen den
Ministerpräsidenten Michael Kretschmer] (CDU).
## Antrag mit AfD geht trotzdem
Das Bündnis Oberlausitz ist bei den letzten Kommunalwahlen zusammen mit den
Freien Sachsen angetreten. Die Organisatoren veranstalten seit 2021 bereits
als „Mahnwache Bautzen“ verschwörungsideologische Demos, bei denen auch
etwa Martin Kohlmann, der Vorsitzende der Freien Sachsen, aber auch
AfD-Politiker sprachen. Kohlmann hatte schon 2018 bei den extrem rechten
Unruhen in Chemnitz zu Selbstjustiz aufgerufen.
Die Grünen im sächsischen Landtag kritisierten das Auftreten des
BSW-Abgeordneten: „Der Vorgang zeigt, dass das BSW relativ skrupellos ist
und ganz grundsätzlich Abgrenzungen nicht verstanden hat oder nicht
verstehen will“, sagte Parlamentarische Geschäftsführer Valentin Lippmann
der Bild.
An der Querfront nach Rechtsaußen wird unterdessen in Sachsen
weitergestrickt: In der Zwischenzeit hat BSW-Chefin Sabine Zimmermann
angekündigt, einem Antrag der AfD gegen die Stationierung von
amerikanischen Mittelstreckenraketen zustimmen zu wollen. Die AfD gilt in
Sachsen sogar laut Verfassungsschutz ebenfalls „gesichert rechtsextrem“.
19 Nov 2024
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/inland/scholz-telefonat-putin-100.html
[2] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ukraine-luftangriffe-stromnetz-100…
[3] https://www.saechsische.de/lokales/goerlitz-lk/goerlitz/goerlitzer-bsw-demo…
[4] https://www.saechsische.de/lokales/bautzen-die-stadt-der-protest-der-voelki…
[5] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/bautzen/goerlitz-weisswasser-zittau/…
[6] https://www.saechsische.de/lokales/dresden/urteil-in-dresden-propaganda-mae…
[7] https://www.saechsische.de/lokales/bautzen-lk/kreistagswahl-bautzen-2024-we…
[8] /Mutmassliche-Drohungen-auf-Telegram/!5822460
## AUTOREN
Gareth Joswig
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