Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- BSW-Gründungsversammlung in Bayern​: Es geht um Selenskyj, nicht…
> Auch Bayern hat nun sein eigenes BSW. Mit an der Spitze der neu
> gegründeten Partei steht ein bekannter Porschefahrer.
Bild: Klaus Ernst und Irmgard Freihoffer sind die beiden Vorsitzenden des bayer…
München taz | So, der Süden wäre dann komplett. Das Bündnis Sahra
Wagenknecht (BSW) hat seinen 13. Landesverband gegründet: Bayern. Damit ist
der letzte weiße Fleck in Süddeutschland verschwunden, jetzt stehen nur
noch Gründungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern
aus.
Rund 80 und damit fast alle der bayerischen Parteimitglieder sind am
Samstag zur Gründungsversammlung und Wahl der Vorsitzenden nach Ingolstadt
gekommen. Wie erwartet wurden – allerdings hinter verschlossenen Türen –
ein prominenter Bundestagsabgeordneter und eine über die Lokalpolitik
hinaus weitgehend Unbekannte zur ersten Doppelspitze des bayerischen BSW
gewählt: Klaus Ernst und Irmgard Freihoffer.
Ernst, der vor zwei Wochen seinen 70. Geburtstag feierte, ist bereits seit
über zwei Jahrzehnten ein schillernder Protagonist in der Bundespolitik.
Ernst lebt seit langem im unterfränkischen Schweinfurt, ist allerdings in
München geboren und aufgewachsen. Dort war der gelernte Elektromechaniker
und studierte Ökonom über Betriebsrats- und Gewerkschaftsarbeit in der
Berufspolitik gelandet. Seine erste parteipolitische Heimat fand Ernst in
der SPD, über die WASG bog er dann allerdings Richtung Linkspartei ab,
deren stellvertretender Chef er schnell wurde, bis er die Partei von 2010
bis 2012 selbst in einer Doppelspitze mit Gesine Lötzsch führte.
## Wagenknecht lässt grüßen
Ernst, der seit 2005 im Bundestag sitzt, gilt als Bremser in puncto
Klimaschutz, weshalb [1][seine Wahl zum Vorsitzenden des
Bundestagsausschusses für Klimaschutz und Energie] nicht unumstritten war.
Noch mehr bringt viele seiner Kritiker allerdings auf die Palme, dass Ernst
bekennender Porschefahrer ist. Auch Auftritte wie im vergangenen Jahr die
Teilnahme an einem Empfang zum „Tag des Sieges“ in der russischen
Botschaft, bringen ihm nicht nur Sympathien ein. [2][Zu der Veranstaltung
waren auch die AfD-Politiker Tino Chrupalla und Alexander Gauland sowie
Altkanzler Gerhard Schröder gekommen.]
Ernst erhielt bei der Wahl zum bayerischen BSW-Chef 84,5 Prozent der
Stimmen, weniger als Freihoffer, die mit 88,7 Prozent gewählt wurde.
Freihoffer, 1961 in Deggendorf geboren und politisiert in Gewerkschaft und
der globalisierungskritischen Organisation Attac, ist seit 2008 Stadträtin
in Regensburg. Auch sie kam über die Linkspartei zum BSW. Für die Linke war
sie 2017 als Bundestagsdirektkandidatin sowie 2020 als Kandidatin für das
Amt der Oberbürgermeisterin angetreten.
In ihrem Stadtratsprofil heißt es: „Sie setzt sich u.a. für eine
ökologische Verkehrswende ein.“ Welche Automarke sie bevorzugt, wird dort
nicht verraten. Für mediale Aufmerksamkeit hatte Freihoffer mehrfach mit
Klagen gegen den Freistaat gesorgt. Die Englisch- und Musiklehrerin wollte
vor Gericht durchsetzen, dass sie für ihre Arbeit als Stadträtin
freigestellt würde, sprich: Ihre Unterrichtsstunden reduziert würden.
Vergeblich.
Um bayerische Themen, um den CSU-Chef Markus Söder etwa, ging es in
Ingolstadt freilich weniger. Journalisten, die dem öffentlichen Teil der
Gründungsveranstaltung beiwohnten, berichteten, die Anwesenden hätten sich
dann doch lieber der Außenpolitik gewidmet. Etwa die BSW-Co-Vorsitzende
Amira Mohamed Ali, die nach Bayern gekommen war; Wagenknecht selbst ließ
schön grüßen. Deutschland dürfe nicht durch eine verfehlte Ukraine-Politik
und die Stationierung von US-Raketen zum Kriegsschauplatz werden, habe
Mohamed Ali gewarnt. Ähnlich äußerte sich demnach Ernst: Der ukrainische
Präsident Wolodymyr Selenskyj sei einer, der den Krieg vorantreibe und
Deutschland in den Krieg hineinziehen wolle. Und: „Jede Mark, die nicht in
die Rüstung geht, sondern ins Bildungssystem, ist besser angelegt als in
der Ukraine.“
## Gefahr für Freie Wähler?
Die Frage nach den Erfolgschancen der neu gegründeten Partei in Bayern ist
schwer zu beantworten. In Umfragen kommt das BSW derzeit auf rund fünf
Prozent. Bei der Europawahl im Juni erhielt es in Bayern 3,8 Prozent.
Beides übertrifft die früheren Werte der Linkspartei, weshalb das Bündnis
seine Wähler auch aus anderen Parteien rekrutieren dürfte, eventuell
verstärkt durch eine besonders starke Mobilisierung von Nichtwählern.
Wem aber könnte das BSW in Bayern – außer den hier ohnehin kaum
wahrnehmbaren Linken – gefährlich werden? Der AfD? Oder vielleicht den
Freien Wählern, die bereits bei der letzten Landtagswahl für viele Wähler
als Protestventil dienten, denen die AfD dann doch zu rechtsextremistisch
war? Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, der sich am Wochenende in
Geiselwind zum Spitzenkandidat seiner Partei für die Bundestagswahl küren
ließ, jedenfalls betrachtet das BSW dem Vernehmen nach durchaus als
gefährlichen Gegner.
Das Ziel, bundesweit die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen, haben die Freien
Wähler, so ist zu hören, ohnehin schon abgeschrieben. Stattdessen lotet man
nun aus, ob nicht vielleicht in Bayern drei Direktmandate zu holen seien
und man sich über die Grundmandatsklausel den Einzug in den Bundestag
sichern könnte.
17 Nov 2024
## LINKS
[1] /Protest-gegen-Ex-Parteichef-Klaus-Ernst/!5822574
[2] /Gerhard-Schroeder-bei-russischem-Empfang/!5930543
## AUTOREN
Dominik Baur
## TAGS
BSW
Klaus Ernst
Bayern
Parteitag
Social-Auswahl
BSW
Schwerpunkt AfD
BSW
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Koalitionen in Ostdeutschland
Hubert Aiwanger
## ARTIKEL ZUM THEMA
BSW beknatscht sich in Hamburg: Aufruhr in der Kaderpartei
Fast harmonisch verläuft eine BSW-Veranstaltung am Donnerstag in Hamburg.
Doch es brodelt: Zwei Hamburger Mitglieder wollen gegen die Parteisatzung
klagen.
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag: Es wächst zusammen, was zusammengehört…
Die AfD bringt in den sächsischen Landtag einen Antrag zur Stationierung
von US-Waffen ein – und der BSW stimmt mit. Es ist nicht das erste Mal.
BSW und „Freie Sachsen“: Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Im sächsischen Görlitz hat ein BSW-Abgeordneter mit den „Freien Sachsen“
für „Frieden“ protestiert. Die Wagenknecht-Partei blinkt weiter nach
rechts.
Parteiprogramme für die Neuwahl: Auf die Plätze, fertig, Wahlkampf!
Am 23. Februar wird der Bundestag neu gewählt. Worauf setzen die Parteien
im Wahlkampf?
Sachsen und Thüringen nach der Wahl: Kaum noch Brombeeren zu verteilen
Die Koalitionsgespräche zwischen dem sächsischen BSW und der CDU sind
gescheitert. In Thüringen wird nun „Pragmatismus“ gepredigt.
Unberechenbarer Hubert Aiwanger: Am Rande des Wahnsinns
Er ist der Mann, der Markus Söder schlaflose Nächte bereitet: Hubert
Aiwanger. Ohne ihn kann er nicht regieren, und mit ihm ist es eine Qual.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.