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# taz.de -- Menschenrechtslage im Iran: Forderung nach Abschiebestopp
> Nach wie vor schiebt Deutschland Menschen in den Iran ab. Auch nach der
> Hinrichtung eines Deutschen. Pro Asyl fordert, die Zusammenarbeit zu
> beenden.
Bild: Kundgebung vor dem Auswärtigen Amt zur Erinnerung an den im Iran hingeri…
Berlin taz | Von einem „diktatorischen Unrechtsregime“ sprach
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock vergangene Woche bei den Vereinten
Nationen. Sie meinte die Islamische Republik Iran und kritisierte das
„menschenverachtende“ Agieren des Regimes „voller Brutalität“ und die
„furchtbare Ruchlosigkeit“. Anlass war die Ermordung des deutschen
Staatsbürgers Jamshid Sharmahd: Vor einer Woche hatte die iranische Justiz
seine Hinrichtung bekannt gegeben, [1][Baerbock daraufhin am Donnerstag die
Schließung der drei iranischen Generalkonsulate in Deutschland
angekündigt]. Ob sich dadurch auch etwas an der unsicheren Situation
iranischer Geflüchteter in Deutschland ändert?
Die Menschenrechtslage im Iran ist desaströs – nicht erst, seit das Regime
von 2022 an die Proteste unter dem Slogan „Frau, Leben, Freiheit“ brutal
niederschlagen ließ. Amnesty International spricht von systematischer
Anwendung von „Verschwindenlassen, Folter und anderen Misshandlungen“ sowie
vom Einsatz der Todesstrafe als „Mittel der politischen Unterdrückung“.
Allein 2023 seien mindestens 853 Menschen hingerichtet worden.
Trotz massiver Menschenrechtsverstöße bekommen Schutz suchende
Iraner*innen in Deutschland allerdings oft kein Asyl. Tatsächlich lag
die bereinigte Schutzquote für Menschen aus dem Iran in den [2][ersten neun
Monaten des Jahres 2024 bei gerade mal 38 Prozent]. 62 Prozent der Fälle,
in denen die Behörden inhaltlich über Asylanträge aus dem Iran entschieden,
wurden hingegen abgelehnt.
Mehr noch: [3][Im Januar lief der deutsche Abschiebestopp für Iran aus.]
Abschiebungen in das Land sind zwar nach wie vor selten, finden aber
grundsätzlich wieder statt. Das Bundesinnenministerium (BMI) erklärte auf
taz-Anfrage, es habe Kenntnis von bislang 11 Abschiebungen in den Iran in
diesem Jahr. Die „Zuständigkeit für den Vollzug von Abschiebungen“ liege
aber bei den Ländern, ebenso eine „mögliche, vorübergehende Aussetzung der
Abschiebung“. Das BMI habe „keine eigene Zuständigkeit (auch kein
Initiativrecht) für den Erlass eines Abschiebungsstopps“.
Respekt, aber kein Abschiebestopp
Die Menschenrechtslage im Iran habe sich „seit den Protesten in Folge des
Todes von Jina Mahsa Amini nicht verbessert“, erklärt das BMI.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) habe „großen Respekt vor dem Mut der
Menschen in Iran, die für Freiheit und Menschenrechte eintreten.“ Mit Blick
auf Asylanträge prüfe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf)
jeden Einzelfall „sorgfältig“. Hierfür würden alle zur schutzsuchenden
Person sowie zur konkreten Herkunftsregion vorliegenden Erkenntnisse
herangezogen. Ausschlaggebend sei der Bericht des Auswärtigen Amts über die
asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Iran.
Ende November 2022, nach Ausbruch der Proteste und deren gewaltvoller
Niederschlagung, [4][hatte das Auswärtige Amt (AA) dem Iran in seinem
Lagebericht ein katastrophales Zeugnis ausgestellt]. Aus dem Ministerium
heißt es auf taz-Anfrage nach aktuellen Entwicklungen lediglich, die
Berichte würden „turnusmäßig aktualisiert“. Dafür beobachte man die Lag…
den Ländern kontinuierlich. Die im Ministerium angesiedelte
Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne),
hatte schon im März kritisiert, dass die Innenminister*innen der
Länder den Abschiebestopp nicht verlängert hatten.
Deutliche Worte kommen aus der Zivilgesellschaft. Die Hinrichtung Sharmahds
sowie die andauernde Inhaftierung der Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi sowie
vieler Aktivist*innen der „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung bewiesen,
„wie lebensbedrohlich die Situation im Iran ist“, heißt es etwa von Pro
Asyl. Ein bundesweiter Abschiebestopp sei überfällig, erklärte der
flüchtlingspolitische Sprecher der Organisation, Tareq Alaows.
Pro Asyl fordere „die Beendigung jeder direkten und indirekten
Zusammenarbeit mit dem Iran, die es ermöglicht, Menschen abzuschieben“.
Auch bräuchten iranische Geflüchtete einen Schutzstatus. „Viele der
Menschen, die im Asylverfahren abgelehnt wurden, [5][protestieren in
Deutschland gegen das Regime] oder leben zum Beispiel eine im Iran
verfolgte Religion oder sexuelle Orientierung aus – sind also im Iran
extrem gefährdet“, so die NGO. Diese Menschen lebten „in ständiger Angst
vor der Abschiebung“.
4 Nov 2024
## LINKS
[1] /Nach-Ermordung-von-Jamshid-Sharmahd/!6046335
[2] https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/Asylgeschaeftsstatistik…
[3] /Rueckfuehrungen-in-den-Iran/!5981856
[4] /Internes-Lagebild-des-Auswaertiges-Amts/!5905227
[5] /Iranischer-Regimegegner-in-Hamburg/!5996717
## AUTOREN
Dinah Riese
## TAGS
Proteste in Iran
Abschiebung
Hinrichtung
Folter
GNS
Schwerpunkt Iran
Innensenatorin Iris Spranger
Artenvielfalt
Proteste in Iran
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Abschiebung
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