# taz.de -- Streit über Antisemitismus: Linke will Trennlinie zur Hamas | |
> Der Antisemitismus-Streit in der Linken hat ein Parteiausschlussverfahren | |
> zur Folge. Der Neuköllner Palästina-Aktivist Ramsy Kilani soll gehen. | |
Bild: Die Verschmelzung von Teilen der Linken mit der Pali-Bewegung ist zum Pro… | |
Berlin taz | Nach dem [1][Antisemitismus-Streit in der Berliner Linken] | |
läuft in diesem Zusammenhang nun ein erstes Parteiausschlussverfahren gegen | |
ein Mitglied des Neuköllner Bezirksverbandes. Gerichtet ist es gegen | |
[2][Ramsy Kilani], der zugleich der Gruppe Palästina spricht sowie dem | |
Netzwerk Sozialismus von unten, einer Abspaltung des in der Linken | |
engagierten trotzkistischen Netzwerks Marx21, angehört. | |
Kilani hatte in den sozialen Netzwerken wiederholt den Hamas-Angriff auf | |
Israel am 7. Oktober verteidigt. Öffentliche Aufmerksamkeit erlangte er im | |
Zuge des Parteitags der Berliner Linken Mitte Oktober, als er den Streit um | |
eine Antisemitismus-Resolution hämisch kommentierte. | |
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau schrieb daraufhin, er wolle die Partei | |
„zerstören“. Vorwürfe einer nicht eindeutigen Grenzziehung innerhalb der | |
Partei gegenüber Antisemitismus, die auch zum [3][Austritt von Klaus | |
Lederer und anderen] führten, hatten sich in der Folge an Kilani entzündet. | |
Gestellt wurde der Antrag vom Ex-Chef der Bundespartei, Martin Schirdewan, | |
und der ehemaligen Berliner Landesvorsitzenden Katina Schubert, wie | |
letztere der taz auf Anfrage bestätigte. Kilani selbst sagte im Gespräch | |
mit der taz, dass er bereits Ende Oktober per Brief informiert worden sei. | |
Bis zum 20. November habe er nun Zeit, sich gegenüber der | |
Landesschiedskommission schriftlich zu äußern, danach folge eine mündliche | |
Anhörung. | |
Kilani, der nach eigenen Angaben seit etwa fünf Jahren Parteimitglied ist, | |
sagte, er behalte sich zwar vor, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Zugleich | |
kritisierte er aber das „administrative Verfahren“ und forderte eine | |
„öffentliche Debatte“. Schubert wollte sich zur Motivation für ihren | |
Ausschlussantrag nicht äußern – aus Rücksicht auf die Schiedskommission. | |
## „Antikolonialer Befreiungskampf“ | |
Laut Kilani werde ihm „parteischädigendes Verhalten“ vorgeworfen. Dabei | |
gehe es um seine Positionen zu einer „Einstaatenlösung“ in Nahost sowie | |
eines „völkerrechtlich verbrieften Rechts auf Widerstand gegen eine | |
Besatzung“. Kilani hatte zum Jahrestag des 7. Oktober in einem Tweet von | |
„palästinensischen Guerilla-Kämpfern“ und ihrem Ausbruch aus dem | |
„Freiluftgefängnis“ geschrieben und auch sonst mehrfach den angeblichen | |
„antikolonialen Befreiungskampf“ verteidigt. | |
Er sei ein „Kopf der Palästina-Bewegung“, so Kilani zur taz, ein | |
„Hamas-Versteher“ sei er dagegen nicht, da er als „nicht-religiöser | |
Sozialist“ für „andere soziale Vorstellungen als die Hamas steht“. | |
Ignoriert werde, dass er bei [4][Angriffen auf Gaza im Jahr 2014 seinen | |
Vater sowie fünf Halbgeschwister verloren] habe – „koordiniert aus | |
Militärbasen, die am 7. Oktober auch angegriffen wurden“. | |
Der Vorstand der Linken Neukölln hatte sich zuletzt pauschal „gegen alle | |
Versuche, die inhaltliche Klärung durch Repression und Ausschlussanträge | |
lösen zu wollen“, ausgesprochen und Vorwürfe gegenüber Mitgliedern als | |
„Hetzkampagne mit Verleumdungen und Falschbehauptungen“ bezeichnet. Daher | |
stünde man „solidarisch an der Seite der betroffenen Genoss*innen“. | |
Dagegen hatte der Landesvorstand der Berliner Linken nach dem Parteitag in | |
Anlehnung an einen Beschluss der Bundespartei [5][in einer Resolution | |
festgehalten]: „Unsere Solidarität endet aber dort, wo das Massaker des 7. | |
Oktober als Akt des Widerstandes gefeiert wird oder die Kriegsverbrechen | |
der israelischen Armee bejubelt werden.“ | |
Nun teilten die Landesvorsitzenden Franziska Brychcy und Maximilian | |
Schirmer auf Anfrage der taz mit: „Es ist unsere gemeinsame Aufgabe in der | |
Partei, diese Grenzen zu verteidigen und unsere Beschlüsse umzusetzen.“ Der | |
Ball liege bei der Schiedskommission, die „ihre Arbeit machen und den | |
Sachverhalt gründlich prüfen“ werde. | |
In den vergangenen vier Jahren gab es sechs Ausschlussverfahren in der | |
Berliner Linken, zwei endeten mit dem Ausschluss von Parteimitgliedern. Um | |
Antisemitismus ging es dabei in keinem der Verfahren. | |
14 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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