| # taz.de -- Familie stirbt im Gaza-Krieg: Warten auf Gerechtigkeit | |
| > Im Juli 2014 stirbt eine deutsch-palästinensische Familie bei einem | |
| > israelischen Luftschlag in Gaza. Ein Kriegsverbrechen? | |
| Bild: Ramsy Kilani bei einer Demo in Berlin 2015 | |
| Kurz vor dessen Tod telefoniert Ramsy Kilani ein letztes Mal mit seinem | |
| Vater. Während Kilani im beschaulichen Siegen sitzt, ruft der aus Gaza an. | |
| Der schmale Küstenstreifen ist von Israel und Ägypten begrenzt und Teil der | |
| Palästinensischen Autonomiegebiete. „Damals hat es sich so angehört, als | |
| seien sie an einem sicheren Ort“, erinnert sich Kilani, „obwohl es in Gaza | |
| zu dieser Zeit keinen wirklich sicheren Ort gab.“ | |
| Sein Vater lebte lange in Deutschland und kehrte nach der Scheidung von | |
| Kilanis Mutter in seine Heimat Gaza zurück. Als Kilani mit ihm spricht, | |
| geht gerade der dreizehnte Tag des Krieges zu Ende, der im Sommer 2014 | |
| zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas ausgebrochen ist. | |
| Am Tag darauf – dem 21. Juli 2014 – trifft ein israelischer Luftschlag das | |
| Gebäude, in dem der Vater, seine Ehefrau, Kilanis fünf Halbgeschwister und | |
| weitere Verwandte zu Abend essen. Alle elf Mitglieder der Familie sterben. | |
| Am 22. Juli melden die Nachrichtenagenturen, und dann auch deutsche Medien: | |
| Eine deutsch-palästinensische Familie wurde in Gaza getötet. | |
| Wenn die Staatsanwaltschaft von einer Straftat gegen einen deutschen | |
| Staatsbürger erfährt, etwa durch Medienberichte, muss sie eine Untersuchung | |
| einleiten – auch dann, wenn die Tat selbst im Ausland passiert. In | |
| ähnlicher Weise ist das israelische Militär verpflichtet, jedem | |
| „außergewöhnlichen Vorfall“ während eines Einsatzes nachzugehen. Der Tod | |
| von Zivilisten ist ein solcher Vorfall. | |
| Auch die Hinterbliebenen – Kilani und seine Familie in Deutschland, sowie | |
| die Angehörigen in Gaza – wollen Aufklärung und reichen Anzeigen bei den | |
| jeweiligen Strafverfolgungsbehörden ein – eine in Israel, eine in | |
| Deutschland. | |
| Elf Menschen werden bei einem Militäreinsatz getötet. War es ein | |
| Kriegsverbrechen? Von den vier dazu angestellten Ermittlungen wird keine | |
| mit einer Verurteilung enden – sie werden nicht einmal vor Gericht landen. | |
| Warum liegen im Fall der Familie Kilani Recht und Gerechtigkeit so weit | |
| auseinander? | |
| Im Jahr 2007 übernimmt die Terrororganisation Hamas die Kontrolle über den | |
| Gazastreifen. Seitdem wird er von Ägypten und Israel abgeriegelt. Die Aus- | |
| und Einreise ist nur mit speziellen Genehmigungen möglich, die schwer zu | |
| bekommen sind. Der Vater und die Kinder hätten als deutsche Staatsbürger | |
| Gaza verlassen können. Doch der Rest der Familie hatte lediglich | |
| palästinensische Pässe. | |
| Die Hamas hat die Einwohner Gazas bereits in mehrere Kriege mit Israel | |
| gezerrt, so auch 2014: Nachdem militante Palästinenser drei jüdische | |
| Teenager entführen und töten, ereilt einen palästinensischen Jungen durch | |
| die Hand jüdischer Extremisten dasselbe Schicksal. Die Hamas schießt über | |
| 200 Raketen auf israelisches Gebiet, kurz darauf steigt Israel in den | |
| Konflikt ein. | |
| Zu diesem Zeitpunkt lebt die Familie Kilani in Beit Lahiya, einer | |
| Kleinstadt im Norden des Gazastreifens nahe der israelischen Grenze. Bald | |
| wirft die israelische Armee dort Flugblätter ab, die die Bewohner | |
| auffordern, das Gebiet zu verlassen. | |
| Die Familie zieht also um – zuletzt in das Büro eines Verwandten, im | |
| fünften Stock eines Bürogebäudes in al-Remal, einem zentralen und als | |
| sicher geltenden Viertel von Gaza-Stadt. „Wir waren erst mal verwirrt, wo | |
| sie denn nun sind“, erinnert sich Kilani. „Es war ja der dritte | |
| Wohnortwechsel innerhalb weniger Tage.“ | |
| Eine Etage unter der Familie befindet sich an diesem Abend Shaban Dahdoh, | |
| ein ranghoher Kommandant der Terrororganisation Palästinensischer | |
| Islamischer Dschihad, der sich ebenfalls im Büro eines Verwandten aufhält. | |
| Er ist das eigentliche Ziel des israelischen Militärs. Während die Familie | |
| versucht, dem Krieg zu entkommen, bewegt sie sich direkt in ihn hinein. | |
| Ein Video, aufgenommen kurz nach dem Einschlag der Rakete, zeigt, erst | |
| dunkel und wacklig, dann immer deutlicher – die zerrissenen Körper der | |
| Kinder, grau vom Staub der zerstörten Wände. Ein weiteres Foto zeigt einen | |
| Leichnam, der aus den Trümmern der eingestürzten oberen Stockwerke über die | |
| Kante des Gebäudes hinausragt. | |
| Acht Jahre nach dem Tod seines Vaters sitzt Kilani, der mittlerweile in | |
| Berlin lebt, auf der Dachterrasse des taz-Gebäudes, in der Hand eine | |
| Flasche Biolimonade. „Wie alle Palästinenser in Gaza wollte mein Vater ein | |
| Ende der Blockade und ein Ende der Besatzung – aber er war nicht politisch | |
| aktiv“, sagt er. | |
| ## Ramsy Kilani bekommt Hilfe von Menschenrechtsorganisation | |
| „Nach seinem Tod haben wir mit allen Medien gesprochen, die wir erreichen | |
| konnten“, erzählt er. „So ist das ECCHR auf uns aufmerksam geworden.“ | |
| Hinter dem langen Akronym verbirgt sich ein noch längerer Name: Das | |
| European Center for Constitutional and Human Rights – eine | |
| Nichtregierungsorganisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, „Unrecht | |
| mit Recht zu begegnen“. Es strengt für Opfer von möglichen Kriegsverbrechen | |
| und Menschenrechtsverletzungen Ermittlungen und Verfahren an und vertritt | |
| diese auch, unter anderem gegen die Bundeswehr. | |
| Im Dezember 2014 – die Toten sind längst begraben, der Krieg beendet – | |
| reicht das ECCHR im Namen Ramsy Kilanis eine Anzeige bei der deutschen | |
| Bundesanwaltschaft – der Staatsanwaltschaft des Bundes – ein. | |
| Darin schlägt die Organisation vor, den Tod der Familie als | |
| Kriegsverbrechen zu verfolgen. | |
| Ein Kriegsverbrechen zu belegen ist schwierig – dass Menschen sterben, ist | |
| juristisch gesehen im Krieg nicht per se ein Verbrechen. Aus der Ferne | |
| Beweise zu sammeln – eine Situation, in der sich die deutschen | |
| Staatsanwälte, wie auch das ECCHR befinden – ist ebenso schwierig. | |
| Eine Nichtregierungsorganisation, die eine ähnliche Arbeit macht und einen | |
| ähnlichen Namen trägt, hilft ihnen dabei: PCHR – das Palestinian Center of | |
| Human Rights. Es befindet sich direkt im Gazastreifen. Auch sie reichen | |
| Anzeigen ein, vertreten von möglichen Völkerrechtsverletzungen Betroffene | |
| vor Gericht. Viele der vom ECCHR angeführten Informationen, die es auch an | |
| die Bundesanwaltschaft übermittelt, tragen die Anwälte des PCHR zusammen. | |
| Die gesammelten Belege sendet das PCHR auch an den obersten israelischen | |
| Militärgeneralanwalt, bei dem es im Namen der Kilanis Anzeige erstattet. | |
| Eine Anwältin des PCHR sagt: „Sie behaupten immer, sie würden ermitteln, | |
| aber wir hören nie etwas von ihnen – bis wir selbst Anzeige erstatten.“ | |
| Der Militärgeneralanwalt ist es auch, der über die vom israelischen Militär | |
| zusammengetragenen Fakten zu den „außergewöhnlichen Vorfällen“ entscheid… | |
| Er bestimmt, ob eine offizielle Ermittlung oder ein Verfahren eröffnet | |
| wird. | |
| Während in Deutschland die beiden Ermittlungen anlaufen, weist der | |
| israelische Militärgeneralanwalt im Juni 2015 die Anzeige des PCHR ab. Die | |
| israelische Armee, so die Begründung, habe alles in ihrer Macht Stehende | |
| getan, um zivile Opfer zu vermeiden. Sie habe das Gebäude absichtlich in | |
| den Abendstunden angegriffen, da man zu diesem Zeitpunkt keine Zivilisten | |
| mehr in dem Bürokomplex erwartet habe. Das PCHR, mit der Begründung nicht | |
| einverstanden, legt daraufhin beim zivilen Generalstaatsanwalt Israels | |
| Widerspruch ein. | |
| Die Darstellung, dass das Militär von den Zivilisten im Gebäude nichts | |
| gewusst haben könne, zweifeln sowohl das ECCHR als auch das PCHR an. Der | |
| für das Bürogebäude verantwortliche Sicherheitsmann sagt im Rahmen der | |
| Ermittlungen aus: Die Familie sei mit einer Matratze und anderen | |
| persönlichen Gegenständen eingezogen, sie habe mehrfach das Gebäude | |
| betreten und wieder verlassen. | |
| Roy Schöndorf war zum Zeitpunkt des Angriffs stellvertretender | |
| Generalstaatsanwalt Israels. Die Geschichte der Kilanis kennt er: „Ich habe | |
| viele Stunden mit diesem Fall verbracht.“ Auf die Frage, ob die | |
| israelischen Streitkräfte die Situation nicht besser hätten einschätzen | |
| können, von der Anwesenheit der Familie nicht hätten wissen müssen, | |
| entgegnet er im Gespräch mit der taz: „Es gibt zwei Millionen Menschen im | |
| Gazastreifen. Wir können nicht jeden von ihnen beobachten.“ | |
| Zu Beginn der Ermittlungen ist Andreas Schüller, Anwalt beim ECCHR und | |
| Betreuer des Falls, noch guten Mutes. Die Bundesanwaltschaft hat damals | |
| zwar nur eine Vorermittlung – keine offizielle Untersuchung – eröffnet. | |
| „Doch es sah so aus, als könnte es eine werden“, sagt er. „Der Staatsanw… | |
| schien wirklich hinter dem Fall zu stehen.“ | |
| Ob eine offizielle Untersuchung oder eine Vorermittlung eingeleitet wird, | |
| mache einen Unterschied, so Schüller. Bei einer offiziellen Untersuchung | |
| könne die deutsche Justiz auf die Kooperation Israels bestehen. | |
| Der bearbeitende deutsche Staatsanwalt richtet im Laufe der Ermittlungen | |
| mehrere Auskunftsersuche an die israelischen Behörden – mit dem Hinweis, | |
| dass ihre Mitarbeit freiwillig sei. Deren Antworten sind freundlich, aber | |
| bestimmt: Sie verweisen darauf, dass der Fall in Israel bereits gründliche | |
| juristische Verfahren durchlaufen habe – mit dem von dem | |
| Militärgeneralanwalt ermittelten Ergebnis. | |
| Hagai El-Ad leitet B’Tselem, eine israelische Nichtregierungsorganisation, | |
| die Menschenrechtsverletzungen an Palästinensern dokumentiert und Israel | |
| einen Apartheidstaat nennt. Seiner Meinung nach sei das israelische | |
| Justizsystem eben nicht gründlich und vor allem nicht fair. Die | |
| Ermittlungen des Militärs bezeichnet er als „juristischen Iron Dome“. Das | |
| sei kein Zitat von ihm, betont er, sondern von der ehemaligen israelischen | |
| Justizministerin Ayelet Shaked. | |
| Der Iron Dome ist ein Raketenabwehrsystem, das Israel etwa vor Attacken der | |
| Hamas schützt. Daher der Vergleich: Israel schotte sich auch juristisch ab, | |
| wolle nicht wirklich ermitteln, sondern sich vor allem vor ausländischen | |
| Untersuchungen schützen, so El-Ad. | |
| Im internationalen Recht gilt: Der Staat, in dem eine Straftat geschieht, | |
| hat das Vorrecht dazu zu ermitteln – und zu urteilen. | |
| In einem Bericht aus dem Jahr 2016 schreibt B’Tselem, dass von den 360 | |
| Beschwerden, die im Rahmen der Militärkampagne im Juli 2014 beim | |
| Militärgeneralanwalt eingereicht wurden, nur knapp über 60 Prozent | |
| untersucht wurden. Drei Fälle seien letztlich vor Gericht gelandet. | |
| Für denselben Zeitraum hatte das PCHR 246 Beschwerden beim | |
| Militärgeneralanwalt eingereicht. Davon seien 36 gleich wieder fallen | |
| gelassen worden, 8 würden derzeit noch untersucht. | |
| ## Erneute Absage durch israelische Justiz | |
| Im März 2019 lehnt der israelische Generalstaatsanwalt den Einspruch des | |
| PCHR ab und wiederholt dazu die Begründung des Militärgeneralanwalts aus | |
| dem Jahr 2015. | |
| Schöndorf, der mit sanfter Stimme spricht, betont, dass er mit der Familie | |
| fühle. Ihr Tod sei „ein schrecklicher Verlust“. Der israelische Jurist | |
| erklärt: „Auch wenn es für viele schwer zu verstehen ist – der Tod von | |
| Zivilisten in einem Krieg ist nicht unbedingt ein Kriegsverbrechen. Erst | |
| wenn diese gezielt angegriffen werden, wird es eines.“ | |
| Für die Kilanis bliebe nach der zweiten Ablehnung im israelischen | |
| Rechtssystem noch eine Option: der Gang zum obersten Gericht Israels. Das | |
| PCHR entscheidet sich dagegen. Schüller, betreuender Anwalt des ECCHR, | |
| sagt: „Sie waren sich sicher, dass dabei auch kein anderes Ergebnis | |
| herausgekommen wäre.“ | |
| Das PCHR berichtet von einem anderen Fall, den sie vor das oberste Gericht | |
| gebracht hatten: Den der Bakr-Kinder – vier palästinensische Jungen, die | |
| beim Spielen am Strand von Gaza durch einen israelischen Luftschlag getötet | |
| wurden. Das Verfahren wurde abgewiesen. | |
| Ramsy Kilani hat mittlerweile seinen Bachelor abgeschlossen – seit sieben | |
| Jahren wird nun ermittelt. Ein Dokumentarfilm wurde über den Fall seiner | |
| Familie gedreht. Er hat einen Master begonnen, angefangen zu arbeiten. | |
| Einen großen Teil seiner Energie stecke er aber in seinen Aktivismus, | |
| erzählt er. Er ist beim propalästinensischen Kollektiv „Palästina spricht�… | |
| aktiv, organisiert Demonstrationen mit. Immer wieder werden bei den | |
| Protesten antisemitische Parolen gerufen, von denen Kilani sich aber | |
| distanziert. Man könne nicht jeden kontrollieren, der die Demonstrationen | |
| besuche, sagt er. | |
| Im Frühjahr und Sommer 2021 ist nur noch die Ermittlung der | |
| Bundesanwaltschaft offen sowie die Anzeige des ECCHR. Dann geht alles ganz | |
| schnell. | |
| Schöndorf, in seiner damaligen Funktion als stellvertretender | |
| Generalstaatsanwalt Israels, schickt einen Brief an die Bundesanwaltschaft. | |
| Die Tötung der Kilanis sei kein Kriegsverbrechen, führt er aus. | |
| Auch Kriege haben Regeln. Die erste und wohl wichtigste: Zivilisten dürfen | |
| nicht gezielt angegriffen werden – Betonung auf gezielt. Dass sich die | |
| angenommenen Informationen im Nachhinein als falsch erwiesen hätten, so | |
| Schöndorf, ändere nichts an der Rechtmäßigkeit des Angriffs selbst. | |
| Dass die israelische Justiz so argumentieren würde, habe das ECCHR bereits | |
| geahnt, sagt der Völkerrechtler Schüller. | |
| Die Argumentation, die Schöndorf anführt, ist nicht neu – sie findet sich | |
| auch bei anderen Militäroperationen, bei denen wider Erwarten Zivilisten | |
| sterben. Ein bekanntes Beispiel aus den Einsätzen der Bundeswehr in | |
| Afghanistan ist der Luftangriff von Kundus: Ein deutscher Oberst befahl im | |
| Jahr 2009 die Bombardierung zweier Tankwagen, rund 100 afghanische | |
| Zivilisten starben. In einem Schriftsatz zu dem Fall verweist das | |
| Bundesverfassungsgericht auf dasselbe Prinzip: Zum Zeitpunkt des Angriffs | |
| sei nicht zu erwarten gewesen, dass Zivilisten betroffen sein könnten. | |
| ## Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit | |
| Liron Libman, ehemaliger Chefankläger des israelischen Militärs, kennt das | |
| System gut. Er sagt: „Es gibt einen Unterschied zwischen Recht und | |
| Gerechtigkeit. Das Recht will gerecht sein, hat aber seine Grenzen.“ | |
| Im August 2021 stellt die Bundesanwaltschaft ihre Vorermittlungen ebenfalls | |
| ein. In ihrer Begründung greift sie das Argument der israelischen Justiz | |
| zwar auf, lässt aber offen, ob sie dem zustimmt. Stattdessen argumentiert | |
| sie, dass die gesammelten Informationen nicht ausreichen würden, um eine | |
| mögliche Strafbarkeit des Falls abschließend zu bewerten. Schüller hält ihr | |
| das zugute. | |
| In seinem Schreiben an die deutsche Bundesanwaltschaft erklärt Schöndorf: | |
| Im Einklang mit militärischen Geheimhaltungsvorschriften könne das | |
| israelische Militär selbst bei einer offiziellen Ermittlung nicht mehr | |
| Informationen an die deutsche Justiz weitergeben, als es bereits getan | |
| habe. | |
| Die Entscheidungsfindung der Militärs und die Informationen, auf der sie | |
| beruht, kann – wie im Fall der Familie Kilani – ausländischen | |
| Justizbehörden nicht offengelegt werden. Sie sind von außen also | |
| grundsätzlich kaum anzufechten. Innerhalb eines Justizsystems dagegen | |
| schon, sagt der ehemalige Chefankläger Libman. Hätte die Familie beim | |
| obersten Gericht Israels Widerspruch eingelegt, hätte das Gericht Einblick | |
| in den gesamten Fall gehabt und damit dann auch in die militärischen | |
| Details. | |
| Schöndorf sieht das anders: Der Fall der Kilanis sei recht eindeutig kein | |
| Kriegsverbrechen gewesen, der Tod der Zivilisten nicht Ziel, sondern | |
| Zufall. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Berufung vor dem obersten Gericht | |
| das Ergebnis geändert hätte, hält er für gering. | |
| Auf Anfrage weist die Bundesanwaltschaft darauf hin, dass sie einzelne | |
| Fälle generell nicht öffentlich kommentiert. Der amtierende israelische | |
| Militärgeneralanwalt sowie der zivile Generalstaatsanwalt Israels können | |
| für eine Stellungnahme nicht erreicht werden. | |
| ## Kilani hat Vertrauen in deutschen Staat verloren | |
| Das wenige Vertrauen, das er in den deutschen Staat hatte, sei weg, so | |
| Kilani. Groß war es sowieso nie, sagt er: „Deutschlands bedingungslose | |
| Unterstützung Israels und unser untergeordneter Platz wird uns als | |
| Palästinensern schon seit früher Kindheit eingeprägt.“ | |
| Elf Menschen – Vater, Mutter, Schwestern, Brüder – sind tot. In Deutschland | |
| wie Israel hat ihr Tod keine rechtlichen Konsequenzen. | |
| Doch den Hinterbliebenen bleibt noch eine Option: der Internationale | |
| Strafgerichtshof. Bereits 2015 hatte das PCHR eine Reihe an Fällen, | |
| darunter auch den der Kilanis, dort eingereicht. Die Ermittlungen laufen. | |
| 4 Aug 2022 | |
| ## AUTOREN | |
| Lisa Schneider | |
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