| # taz.de -- FAQ zur Rundfunkreform: Wie die Öffentlich-Rechtlichen aus der Kri… | |
| > Die öffentlich-rechtlichen Sender stehen vor vielen Herausforderungen. | |
| > Die Rundfunkreform soll sie zukunftsfähig machen. Die taz erklärt, was | |
| > sich ändert. | |
| Bild: Wie viele Stücke kommen weg? | |
| ## 1 Warum braucht es Reformen? | |
| Die öffentlich-rechtlichen Sender stecken in einer Krise. Teils wegen | |
| eigener Fehltritte, wie etwa des Finanzskandals beim rbb. Teils, weil sich | |
| die Nutzung der Programme in den letzten Jahren stark verändert hat. | |
| [1][Laut einer aktuellen Erhebung von ARD und ZDF nutzen nur noch knapp 60 | |
| Prozent des Publikums täglich das Fernsehprogramm der Sender.] Gleichzeitig | |
| sieht sich der Rundfunk mit der Konkurrenz internationaler Plattformen | |
| konfrontiert. Der Transformationsdruck ist auch von politischer Seite hoch. | |
| Hier kommt die Kritik oft aus rechten Lagern, die den ÖRR grundlegend | |
| infrage stellen. Kurzum, der ÖRR muss sparen und gleichzeitig eine | |
| zukunftsfähige Strategie entwickeln, um unabhängigen Journalismus | |
| umzusetzen und sich gegen Desinformation und Propaganda zu stellen. | |
| ## 2 Wer kümmert sich darum? | |
| Verantwortlich für die Anpassung des Rundfunkstaatsvertrages an | |
| gesellschaftliche und technische Entwicklungen sind die | |
| Ministerpräsident*innen (MPs) der Länder. Sie gestalten unter | |
| anderem den Rundfunkbeitrag, legen dessen Höhe fest und finden Regeln für | |
| die Struktur der Sendeanstalten und den Online-Auftritt des ÖRR. Die | |
| Politik darf aber niemals auf journalistische Inhalte und | |
| Programmgestaltung einwirken, [2][denn es gilt das Prinzip der | |
| Staatsferne]. | |
| ## 3 Was wurde beschlossen? | |
| Zehn sogenannte Spartenprogramme der ARD und des ZDF sollen eingespart | |
| werden. Im Bereich „Information“ mit Phoenix, tageschau24, ARD-Alpha und | |
| ZDFInfo sollen zwei Sender wegfallen. In der Rubrik „Jüngere“ sollen KIKA | |
| und Funk erhalten bleiben, ZDFNeo und one sollen künftig zusammenarbeiten. | |
| Arte soll einen europäischen Schwerpunkt bekommen, einige Inhalte von 3sat | |
| sollen in Arte überführt werden. Im Hörfunk sollen 16 Radiosender | |
| wegfallen. Die Online-Angebote des ÖRR sollen stärker beschränkt werden. | |
| Die MPs schreiben vor, dass die „Presseähnlichkeit“ stärker eingehalten | |
| wird, damit keine Konkurrenz zu Print- und Online-Zeitungen privater | |
| Anbieter besteht. Außerdem wird es Einschnitte im Sportprogramm geben, da | |
| die Ausgaben für Sportrechte auf fünf Prozent der Gesamteinnahmen | |
| beschränkt werden. | |
| ## 4 Was ist mit dem Rundfunkbeitrag? | |
| Die Entscheidung über den Rundfunkbeitrag wäre eine drängende gewesen: Die | |
| Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat | |
| berechnet, [3][dass der Beitrag schon im Januar 2025 um 58 Cent angehoben | |
| werden müsste, um alle Kosten des ÖRR zu decken.] Diese Steigerung wurde | |
| vorerst noch nicht festgelegt. Einige Ministerpräsident*innen, allen voran | |
| Reiner Haseloff (CDU) aus Sachsen-Anhalt, sind gegen die Erhöhung. Falls | |
| die MPs bis Anfang Januar keine Einigung gefunden haben, können die | |
| Rundfunkanstalten vor das Bundesverfassungsgericht ziehen und eine Erhöhung | |
| des Betrages möglicherweise gerichtlich erwirken. | |
| ## 5 Wer hat Angst vor welchen Änderungen? | |
| Viele Intendant*innen der öffentlich-rechtlichen Sender äußerten sich | |
| besorgt darüber, dass die [4][Kürzungen] die Vielfalt und das | |
| Informationsangebot einschränken werden. In Zukunft werde es weniger | |
| Ausspielwege geben und eine eingeschränkte Möglichkeit, vor allem junge | |
| Menschen mit Online-Informationen zu versorgen, sagte etwa der | |
| ZDF-Intendant Norbert Himmler. Der Vorsitzende des Deutschen | |
| Journalistenverbandes (DJV), Mika Beuster, nannte die Reformvorschläge in | |
| einer Pressemitteilung einen „Flurschaden“. Gerade in einer Zeit, in der | |
| Desinformationen und Propaganda stark zunimmt, dürften keine Programme | |
| eingekürzt werden, fügt ein DJV-Sprecher hinzu. | |
| Der DJV rechnet zusätzlich zu den Einsparungen der Sender mit einer | |
| deutlichen Reduzierung von Arbeitsplätzen, vor allem bei den freien | |
| Mitarbeitenden. In der neuen Fassung des Rundfunkstaatsvertrages steht | |
| allerdings nicht, dass Arbeitsplätze abgebaut werden müssen. Auch, dass die | |
| Regierungschef*innen zu keiner Einigung über die Finanzierung gekommen | |
| sind, wird von den Anstalten und Gewerkschaften überwiegend kritisch | |
| gesehen. Zwei zentrale Befürchtungen haben sich in dem finalen Bericht aber | |
| nicht bestätigt. Zum einen wurde vorher darüber berichtet, dass [5][3sat | |
| und Arte zusammengelegt] werden sollten. Im Bericht ist nun aber nur noch | |
| von einigen 3sat-Programmen die Rede, die in Arte aufgehen sollen. Einige | |
| Sender befürchteten vorher, dass ihre Social-Media-Kanäle durch die | |
| Presseähnlichkeitsregelung stärker zensiert würden und posteten etwa | |
| geschwärzte Kacheln, um darauf aufmerksam zu machen. Die neuen Regelungen | |
| greifen die Social-Media-Kanäle der Sender allerdings gar nicht an, sondern | |
| beziehen sich nur auf die Online-Texte. | |
| ## 6 Was bringt’s? | |
| Die KEF schreibt in einem Sondergutachten, dass durch die Reformen | |
| kurzfristig gar nicht viel eingespart werden kann. Denn viele Verträge, zum | |
| Beispiel bei den Sportprogrammen, laufen noch mehrere Jahre. Die aktuellen | |
| Sparmaßnahmen wurden von der KEF bereits in die notwendige Anhebung des | |
| Rundfunkbeitrags eingerechnet. Die Hoffnungen, dass durch die | |
| Reformvorschläge ein höherer Rundfunkbeitrag im neuen Jahr verhindert | |
| werden könnte, sieht die KEF als unbestätigt. Langfristig gebe es aber | |
| schon Sparpotential. | |
| [6][Im Januar hat die Rundfunkkommission einen Zukunftsrat einberufen.] Das | |
| unabhängige Gremium aus Wissenschaftler*innen und Journalist*innen | |
| hat im Januar einen unverbindlichen Vorschlag für ein Reformpaket | |
| vorgelegt. Jetzt sieht der Zukunftsrat einige Punkte seiner Vorschläge | |
| umgesetzt, äußerte jedoch auch Kritik. Maria Exner, Mitglied im | |
| Zukunftsrat, sagte im Deutschlandfunk, die Vorschläge hätten explizit als | |
| Paket umgesetzt werden sollen. Auch der Thinktank Agora Digitale | |
| Transformation sieht in den Reformvorschlägen zumindest gute Ansätze, etwa | |
| bei der interaktiven Kommunikation oder einer gemeinsamen digitalen | |
| Plattformstrategie. | |
| ## 7 Und was jetzt? | |
| Alle weiteren Schritte der Ausgestaltung des neuen Rundfunkstaatsvertrags | |
| obliegen den Sendern. Für die endgültige Entscheidung über die | |
| Rundfunkgebühren wollen die Ministerpräsident*innen sich bis | |
| Dezember Zeit lassen. Weil die Pläne nicht ausreichend verbindlich seien, | |
| müssten sich die Sender selbst trauen, die notwendigen Schritte zu gehen, | |
| um zukunftsfähig zu werden, so Torben Klausa von der Agora Digitale | |
| Transformation. | |
| Der DJV ist enttäuscht darüber, dass die Möglichkeit verpasst wurde, ein | |
| starkes Signal für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu | |
| setzen, sagte ein Sprecher der Organisation. Maria Exner vom Zukunftsrat | |
| sieht die jetzigen Bestimmungen teilweise als verpasste Chance, da vor | |
| allem in der ARD doppelte Angebote und mehrfache Arbeitsstrukturen bestehen | |
| bleiben. | |
| 1 Nov 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.ard-zdf-medienstudie.de/files/Download-Archiv/Medienstudie_2024… | |
| [2] https://www.bundestag.de/resource/blob/491782/8c8d23b7383fcfc5ba6c7471081e9… | |
| [3] /!5991901/ | |
| [4] /Debatte-ueber-Reformen-beim-OeRR/!6038137 | |
| [5] /3sat-droht-das-Ende/!6038246 | |
| [6] /Zukunftsrat-ueber-Oeffentlich-Rechtliche/!5984409 | |
| ## AUTOREN | |
| Ann-Kathrin Leclere | |
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