# taz.de -- Streit um Rundfunkreform: Alte Kriegsbeile und neue Ufer | |
> Die ARD und der Verlagsverband BDZV geben sich auf die Mütze, als sei das | |
> Internet ein brandneu abzusteckender Claim. Das ist völlig von gestern. | |
Bild: In der „Tagesschau“-Regie | |
Spätestens diesen Freitag wird klar, was die Medienpolitik an | |
[1][Rundfunkreform] hinbekommt. Bei den Anstalten ist die Stimmung deswegen | |
ein klitzekleines bisschen angespannt. In den letzten Jahrzehnten fühlten | |
sie sich medienpolitisch immer am längeren Hebel und saßen da meistens | |
auch. Dieses Kräfteparallelogramm hat sich aber deutlich verschoben. Und | |
ausgerechnet jetzt kommt ein neuer Vorstand von ProSieben daher und | |
verkündet bei den Münchner Medientagen auch noch das Ende des Dualen | |
Systems. | |
Also dieses schönen Nebeneinanders von Privaten und Öffentlich-Rechtlichen, | |
das ähnlich gut funktioniert wie das mit dem Grünen Punkt. [2][Markus | |
Breitenecker] kommt aus Österreich und ist daher Schlimmeres gewohnt. Die | |
Botschaft des neuen Chief Operating Officers von ProSiebenSat.1 lautet, | |
Private und Öffentlich-Rechtliche sollen und müssen viel stärker gemeinsame | |
Sache machen, wenn sie gegen die Herausforderungen der digitalen Welt von | |
Google bis zu Putins Trollen eine Chance haben wollen. | |
Breitenecker ruft also als Nachfolger des Dualen das Kooperative System | |
aus. Das ist natürlich alles andere als uneigennützig. Denn sein Konzern | |
baggert ja schon ewig an ARD und ZDF rum, weil er mehr | |
öffentlich-rechtliche Inhalte für seine Streamingplattform Joyn haben will, | |
aber nicht kriegt. Doch das sei hier mal hintangestellt. Denn mit seinem | |
Appell, endlich zu neuen Ufern aufzubrechen und alte Kriegsbeile zu | |
begraben, hat Breitenecker recht. Aber was machen ARD und der | |
Verlagsverband BDZV? Geben sich in Sachen Presseähnlichkeit auf die Mütze, | |
als wäre das Internet noch ein brandneu abzusteckender Claim und in ihm | |
auch gar nicht besonders viel los. | |
Leute, das ist so von gestern, dass es selbst Verleger merken. Rainer Esser | |
vom „Zeit“-Verlag sagt beispielsweise, der Streit sei überflüssig und | |
irrelevant. Denn die Kohle, die den Verlagen fehlt, kommt nicht bei ARD und | |
ZDF an, sondern bei Google & Co. | |
## Kein weißer Rauch in Sicht | |
Bei ARD und ZDF kommt aber wohl auch keine frische Kohle an, jedenfalls | |
keine zusätzliche. Denn die eigentlich anstehende Beitragserhöhung fällt | |
aus, es sei denn, am Leipziger Kamin, dem inoffiziellen Tête à Sêchzehn der | |
Regierungschef*innen untereinander und ganz allein, passiert ein | |
kleines Wunder. Dort hocken seit Mittwoch [3][die | |
Ministerpräsident*innen der Länder, um die Rundfunkreform | |
festzuzurren]. Wegen der Finanzierungsfragen ist aktuell aber noch kein | |
weißer Rauch in Sicht. | |
Weshalb es vor allem in der ARD mal wieder heißt, Angst regiert dich. Aber | |
auch das ist ein alter Hut. „Beim Rundfunk habe ich Männer gesehen, | |
darunter auch Leute unserer Generation, die ihr Möglichstes tun, aber wie | |
wenig ist das. Der Rundfunk besteht zu gut 80 Teilen aus Angst.“ Das ist | |
nicht von heute, sondern von Kurt Tucholsky, aus dem Jahr 1929. | |
24 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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