| # taz.de -- Prozess zu gekauften Listenplätzen: Kriegskasse der AfD wieder vor… | |
| > Das Oberlandesgerichtgericht Celle musste sich mit angeblich gekauften | |
| > Listenplätzen befassen. Der Mann, der den Wirbel ausgelöst hatte, blieb | |
| > fern. | |
| Bild: Geld gegen Listenplatz? Dieser Vorwurf steht bei der AfD Niedersachsen im… | |
| Celle taz | Zugegeben es wird langsam unübersichtlich, was die diversen | |
| Verfahren rund um die sogenannte „Kriegskasse“ der AfD in Niedersachsen | |
| angeht. Vor mehr als zwei Jahren hat der Ex-AfD-Landtagsabgeordnete | |
| Christopher Emden öffentlich behauptet, er sei vom jetzigen | |
| Landesvorsitzenden Ansgar Schledde aufgefordert worden, 4.000 Euro auf ein | |
| privates Konto Schleddes einzuzahlen – für einen sicheren Listenplatz bei | |
| der Landtagswahl in Niedersachsen 2022. | |
| Dieser Vorgang beschäftigt die Justiz nun immer noch und zwar gleich an | |
| mehreren Fronten: [1][Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt] seit | |
| mehreren Monaten gegen Schledde wegen eines möglichen Verstoßes gegen das | |
| Parteiengesetz. Der Staatsgerichtshof in Bückeburg befasst sich mit der | |
| Frage, ob [2][die Unregelmäßigkeiten bei der Listenaufstellung der AfD] so | |
| gravierend waren, dass die Landtagswahl wiederholt werden müsste. Hier wird | |
| eine Entscheidung im Dezember erwartet. | |
| Und das Oberlandesgericht in Celle befasste sich am Mittwoch mit der Frage, | |
| ob Emden solche Aussagen künftig unterlassen muss. Das Landgericht Verden | |
| hatte eine Unterlassungsklage Schleddes im März zurückgewiesen – es hatte | |
| die Vorwürfe Emdens nach eigener Beweisaufnahme als glaubhaft eingestuft. | |
| Dagegen ging Schledde in Berufung, weshalb sich nun auch der 5. Zivilsenat | |
| des Oberlandesgerichtes Celle mit der Materie befassen musste. | |
| Viel zur Erhellung beitragen, so viel sei hier vorweg genommen, konnte er | |
| dabei nicht. Aber immerhin lieferten die zwei Zeugen, die angehört wurden, | |
| einmal mehr einen Einblick in das Innenleben der Partei. | |
| ## Beklagter bleibt weg | |
| Zunächst aber musste sich das Gericht mit der Abwesenheit des Beklagten | |
| auseinandersetzen. Christopher Emden, von Beruf selbst Richter, hatte | |
| kurzfristig am Abend zuvor gegen 22 Uhr ein Attest eingereicht – er sei | |
| quasi auf der Reise zum Termin erkrankt. | |
| Das, erklärt der Vorsitzende Richter, ist nicht das erste Mal. Das Gericht | |
| hatte deshalb ein amtsärztliches Attest gefordert, das aber nicht vorlag. | |
| Und als ob Emden es geahnt hätte, hatte er gleich noch einen | |
| Befangenheitsantrag hinterher geschoben. Auch der wurde abschlägig | |
| beschieden. | |
| Immerhin begründet die Erkrankung Emdens ja auch nicht, warum nicht | |
| zumindest seine Anwältin und Prozessbevollmächtigte anwesend sein konnte. | |
| Allerdings: Dabei handelt es sich um Emdens Ehefrau, die in der ersten | |
| Instanz auch schon als Zeugin auftrat. Das Gericht hatte ihn deshalb auch | |
| schon aufgefordert, sich eine weitere anwaltliche Vertretung zu besorgen – | |
| auch diesen Hinweis hat Emden ignoriert. | |
| Über die Gründe für diese Verzögerungstaktik lässt sich nur spekulieren: | |
| Dem NDR sagte Emden im April, er fühle sich bedroht. Gleichzeitig muss er | |
| weitere, neue Zeugen und Belege beibringen, die seine Behauptungen stützen. | |
| Gehört wurden in diesem Fall nun schon einmal zwei Zeugen: Beide gehören | |
| beziehungsweise gehörten der Partei selbst an und erklären offen, auf | |
| Ansgar Schledde nicht gut zu sprechen zu sein. | |
| ## Vorwurf: Fünfstelliger Betrag für sicheren Listenplatz | |
| Der erste Zeuge weitet die Vorwürfe sogar noch einmal erheblich aus: Er | |
| erklärt, er habe von seinem damaligen stellvertretenden | |
| Kreisverbandvorsitzenden erfahren, dieser sei zur Zahlung eines | |
| fünfstelligen Betrages für einen sicheren Listenplatz bei der | |
| Bundestagswahl 2021 aufgefordert worden. Diese Behauptung ließe sich durch | |
| interne Telegram-Chats belegen. | |
| Außerdem habe er selbst von Schledde einen sicheren Listenplatz bei der | |
| Europawahl angeboten bekommen, dafür sollte er dann allerdings jeden Monat | |
| 10.000 Euro aus seinem Personalfond an Schledde beziehungsweise von ihm zu | |
| bestimmende Mitarbeiter durchreichen sollen. Wenn das stimmt, bestand die | |
| sogenannte Kriegskasse nicht nur zur Landtagswahl in Niedersachsen. Trotz | |
| mehrfacher Nachfragen des Gerichts bleibt allerdings unklar, wie viel davon | |
| Schledde bei einem gemeinsamen Abendessen tatsächlich gesagt hat – und was | |
| davon schlichte Schlussfolgerungen des Zeugen selbst sind. | |
| Der zweite Zeuge sagt aus, er sei mehrfach von seinem damaligen | |
| Kreisvorsitzenden bedrängt worden, Schledde einen Gefallen zu tun. Der | |
| hätte dringend eine Bescheinigung gebraucht, dass er in seinem Revier mit | |
| zur Jagd gegangen sei, wohl um seine Waffenbesitzkarte zu rechtfertigen. Er | |
| habe das aber verweigert. Irgendwann habe Schledde auch selbst bei ihm | |
| angerufen und um diese eidesstaatliche Erklärung gebeten. Im Zuge dessen | |
| habe er ihm auch einen Listenplatz für die Landtagswahl angeboten, für den | |
| er allerdings auch noch 4.000 Euro hätte zahlen sollen. | |
| ## Zeugen trauten ihm das zu | |
| Unklar bleibt allerdings auch, wie genau Schledde denn diese | |
| Listenplatzierungen hätte sicherstellen wollen. Danach, bekennen beide | |
| Zeugen auf Nachfrage des Gerichts, hätten sie nicht weiter gefragt. Sie | |
| trauten ihm das einfach zu, immerhin galt er als der große Strippenzieher | |
| im Landesverband, der von der Bundesebene bis in die Kreisverbände gut | |
| vernetzt sei. Beide Zeugen haben das Angebot letztlich ausgeschlagen. | |
| Es gibt in diesen Aussagen eine Reihe von größeren bis kleineren | |
| Unstimmigkeiten: Zum Teil scheinen die Daten nicht ganz stimmig oder die | |
| Beschreibung der Örtlichkeit. Zeitweise ergehen sich die Zeugen auch lieber | |
| in Ausführungen zu innerparteilichen Streitigkeiten als in präzisen | |
| Details. Für Schledde und seine Anwälte ist es daher relativ leicht, das | |
| Ganze im Anschluss an die Verhandlung in Bausch und Bogen als unwahr und | |
| gelogen zurückzuweisen. | |
| Erst einmal spielen die Zeugenaussagen aber für den weiteren Lauf der Dinge | |
| auch keine Rolle. Das Gericht beabsichtigt, ein Versäumisurteil zu fällen: | |
| Am kommende Montag wird es seine Entscheidung über den ursprünglichen | |
| Berufungsantrag verkünden. Erst wenn Emden dann Einspruch einlegt, müsste | |
| die Beweisaufnahme wieder aufgenommen und weitergeführt werden. | |
| Was im Übrigen auch nicht bedeutet, dass Ansgar Schledde aus dem Schneider | |
| ist. Denn da sind ja immer noch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und | |
| das Verfahren vor dem Staatsgerichtshof. | |
| 30 Oct 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Durchsuchungen-von-AfD-Bueros/!6001988 | |
| [2] /Angeblich-gekaufte-Listenplaetze/!5941987 | |
| ## AUTOREN | |
| Nadine Conti | |
| ## TAGS | |
| Landtagswahl in Niedersachsen | |
| AfD Niedersachsen | |
| Gerichtsprozess | |
| Social-Auswahl | |
| Landtagswahl in Niedersachsen | |
| Wahlrecht | |
| Kolumne Der rechte Rand | |
| Landtagswahl in Niedersachsen | |
| AfD Niedersachsen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Wahlanfechtung in Niedersachsen: AfD-Listenkauf macht Wahl nicht ungültig | |
| Der Staatsgerichtshof weist die Anfechtung der Niedersachsenwahl 2022 ab. | |
| Vorwürfe um gekaufte AfD-Listenplätze erschienen nicht schwerwiegend genug. | |
| Juristin über mögliche Wiederholungswahl: „Parteiinterner Stimmenkauf ist n… | |
| Muss Niedersachsen erneut wählen? Unregelmäßigkeiten der AfD-Liste für die | |
| Wahl 2022 könnten dazu führen, sagt Wahlrechts-Expertin Sophie Schönberger. | |
| Klauen, Bedrängen, Provozieren: Wie die AfD ein Volksfest stört | |
| Beim Bohtfelder Herbstmarkt in Hannover war die AfD nach Fehlverhalten im | |
| Vorjahr ausgeladen. Trotzdem bedrohten ihre Anhänger Teilnehmer:innen. | |
| Durchsuchungen von AfD-Büros: Suche nach der schwarzen AfD-Kasse | |
| Die Staatsanwaltschaft Hannover hat am Mittwoch zwei Razzien bei der AfD in | |
| Niedersachsen durchgeführt. Es geht um Verstöße gegen das Parteiengesetz. | |
| Angeblich gekaufte Listenplätze: Die Kriegskasse der AfD | |
| In Niedersachsen wurden am Mittwoch Einsprüche gegen die Landtagswahl | |
| verhandelt. Vorwürfe gibt es gegen die AfD wegen fragwürdiger Zahlungen. |