| # taz.de -- Wahlanfechtung in Niedersachsen: AfD-Listenkauf macht Wahl nicht un… | |
| > Der Staatsgerichtshof weist die Anfechtung der Niedersachsenwahl 2022 ab. | |
| > Vorwürfe um gekaufte AfD-Listenplätze erschienen nicht schwerwiegend | |
| > genug. | |
| Bild: Die AfD darf ihre Plätze im Landtag behalten – auch wenn die Besetzung… | |
| Bückeburg taz | Die [1][Landtagswahl in Niedersachsen muss] nicht | |
| wiederholt werden, weil die AfD bei ihrer Listenaufstellung Fehler gemacht | |
| hat. Das hat der Niedersächsische Staatsgerichtshof am Montag entschieden. | |
| Zwei Mitglieder der FDP, die bei der Wahl 2022 aus dem Landtag geflogen | |
| waren, hatten eine Wahlprüfungsbeschwerde eingelegt. | |
| Sie stützten sich dabei vor allem auf zwei Vorwürfe: Bei der AfD seien | |
| Listenplätze verkauft worden und mit der Aufstellung der Liste durch eine | |
| Delegiertenversammlung habe die Partei gegen ihre eigene Satzung verstoßen, | |
| die zu dieser Zeit noch eine Mitgliederversammlung vorsah. | |
| Vor allem der erste Vorwurf [2][beschäftigt nicht nur den | |
| Staatsgerichtshof.] Er wurde zuerst von dem ehemaligen AfD-Abgeordneten | |
| Christopher Emden erhoben, der selbst auf eine erneute Kandidatur | |
| verzichtet hatte. | |
| Er behauptete öffentlich, der heutige AfD-Landesvorsitzende Ansgar Schledde | |
| habe ihn aufgefordert, für einen aussichtsreichen Listenplatz Zahlungen auf | |
| ein Privatkonto zu leisten. Von diesem Konto, so Emdens Darstellung, seien | |
| dann Busse, Hotelzimmer und andere Gefälligkeiten für das „Stimmvieh“, al… | |
| die Mitglieder oder Delegierten, die über die Vergabe der Listenplätze | |
| abzustimmen hatten, finanziert worden. | |
| ## Eine schwarze Kasse ist nicht wahlentscheidend | |
| Dass ein solches Privatkonto auf den Namen Schleddes existiert, ist | |
| unstrittig. Es wurde von der Polizei im Rahmen von Untreue-Ermittlungen und | |
| [3][Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Parteiengesetz intensiv | |
| durchleuchtet]. Unstrittig ist auch, dass eine ganze Reihe von | |
| Landtagsabgeordneten auf dieses Konto eingezahlt haben – mit Betreffzeilen | |
| wie „Aktionskasse“ oder „Kkasse“ (gemeint ist wohl Kriegskasse). | |
| Allerdings: Die Beiträge sind höchst unterschiedlich und korrelieren | |
| offenkundig nicht mit dem Listenplatz. Die Herren auf den Listenplätzen 1 | |
| und 2, Stefan Marzischewski-Drewes und Ansgar Schledde selbst, zahlten am | |
| wenigsten, schlechter platzierte Kandidaten deutlich mehr. Allerdings sind | |
| auch Kandidaten in den Landtag eingezogen, für die keine Zahlungen | |
| nachgewiesen werden konnten. | |
| Außerdem, betont der Staatsgerichtshof, lasse sich eben auch nicht | |
| feststellen, dass von diesem Konto rund um die Aufstellungsversammlung am | |
| 2. und 3. Juli tatsächlich [4][Gelder zur Steuerung des | |
| Abstimmungsverhaltens eingesetzt worden seien]. Auch Emden hatte sich dazu | |
| immer nur auf Hörensagen berufen und bisher keine konkreten Belege oder | |
| Zeugen beibringen können. | |
| Handelt es sich aber „nur“ um eine schwarze Kasse, liegt zwar ein klarer | |
| Verstoß gegen das Parteiengesetz vor, der auch Gegenstand eines | |
| Ermittlungsverfahrens ist, aber kein Wahlfehler. | |
| Ähnliches gilt für die Listenaufstellung durch Delegiertenwahl. Dieses | |
| Verfahren ist nicht per se undemokratisch, sondern auch in anderen Parteien | |
| üblich. Kritisiert wurde in diesem Fall, dass die AfD es – auch wegen der | |
| Coronabeschränkungen – kurzfristig per Parteitagsbeschluss eingeführt | |
| hatte, obwohl die Satzung noch eine Mitgliederversammlung vorsah. | |
| Auch hier, so der Staatsgerichtshof, sei eine schwerwiegende Verletzung der | |
| demokratischen Rechte der Parteimitglieder nicht erkennbar. Und auch hier | |
| sei der Fehler nicht so gravierend, dass er eine Wahlanfechtung | |
| rechtfertige. | |
| Landeswahlleiterin Ulrike Sachs, der die FDP vorgeworfen hatte, sie hätte | |
| die AfD-Liste gar nicht erst zulassen dürfen, reagierte erleichtert, dass | |
| das Gericht ihre Argumentation in so vielen Punkten bestätigt hat. | |
| Der ehemalige FDP-Landtagsabgeordnete Marco Genthe sprach dagegen von einem | |
| sehr traurigen Tag für die Demokratie. Unterstützt wurde er dabei von dem | |
| renommierten Rechtswissenschaftler [5][Volker Boehme-Neßler, Professor für | |
| Öffentliches Recht in Oldenburg], der vor allem die Begründung des Gerichts | |
| kritisierte. | |
| Das Gericht habe sich wie ein Verwaltungsgericht im formalen Klein-Klein | |
| verloren und die Beweishürden für eine wirksame Wahlanfechtung viel zu hoch | |
| angesetzt. Mit den Folgen des hier entstandenen bösen Scheins, der das | |
| Vertrauen in demokratische Prozesse grundsätzlich untergraben könne, habe | |
| man sich gar nicht hinreichend befasst, weil die Angst vor Instabilität so | |
| groß gewesen sei, sagte Boehme-Neßler. | |
| Tatsächlich hatte das Gericht umgekehrt argumentiert: Ein Wahlfehler müsse | |
| erheblich sein, weil sonst Parteien durch bewusste Verstöße bei der | |
| Kandidatenaufstellung jedes Wahlergebnis nachträglich in Frage stellen | |
| könnten, das ihnen nicht passt. | |
| 14 Dec 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Nadine Conti | |
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