# taz.de -- OSZE-Sprecherin über Wahlen in Georgien: „Wahlgeheimnis wurde ni… | |
> Katya Andrusz war als internationale Beobachterin bei der Parlamentswahl | |
> in Georgien. Im Wahlkampf und am Wahltag sei es zu Unregelmäßigkeiten | |
> gekommen. | |
Bild: Ging bei der Wahl in Georgien alles mit rechten Dingen zu? Die OSZE hat Z… | |
taz: Frau Andrusz, Sie waren mit auf der internationalen | |
Wahlbeobachtungsmission in Georgien. [1][Die Präsidentin des Landes hat die | |
Abstimmung als „durchgehend gefälscht“] bezeichnet. Wie haben Sie die | |
Wahlen erlebt? | |
Katya Andrusz: Als Wahlbeobachter sind wir politisch neutral. Wir | |
beschäftigen uns nicht damit, wer eine Wahl gewinnt, sondern wie sie | |
gewonnen wird, ob der Prozess internationalen Standards für demokratische | |
Wahlen entspricht. Die Beobachtungsmission von ODIHR ist seit dem 10. | |
September in Georgien, mit einem Expertenteam in Tiflis und | |
Langzeitbeobachtern im ganzen Land. Am Wahltag kamen Hunderte | |
Kurzeitbeobachter hinzu. Insgesamt hatten wir 380 Beobachter. Der | |
Beobachtungsleiter und sein Team bleiben noch, um die Situation nach den | |
Wahlen zu beobachten. | |
taz: Was haben die Beobachter gesehen? | |
Andrusz: Der Wahlkampf war von ungleichen Bedingungen, Druck und Spannungen | |
sowie einer starken Polarisierung der politischen und medialen Landschaft | |
geprägt. Am Wahltag selbst war die Stimmung in vielen Wahllokalen | |
angespannt. Es gab auch Anzeichen dafür, dass Wähler eingeschüchtert oder | |
unter Druck gesetzt wurden. | |
taz: Wie verlief der Wahltag? | |
Andrusz: Insgesamt hatte die internationale Wahlbeobachtung fast 530 | |
Beobachter am Wahltag im Einsatz, was uns erlaubt hat, fast 2.000 | |
Beobachtungen zu protokollieren. Beobachter waren mehrfach Zeuge, wie das | |
Wahlgeheimnis nicht eingehalten wurde, beispielsweise weil Mitarbeiter in | |
den Wahllokalen oder Vertreter der Kandidaten zu nah an den elektronischen | |
Wahlgeräten oder Wahlkabinen standen, weil die Wahllokale überfüllt waren, | |
die Umschläge nicht sachgemäß verwendet wurden oder bei der Eingabe ins | |
elektronische Wahlgerät Markierungen auf den Stimmzetteln sichtbar waren. | |
taz: Was machen Sie in solchen Fällen? | |
Andrusz: Als Wahlbeobachter sind wir am politischen Prozess nicht | |
beteiligt. Wir intervenieren also auf keine Weise. Alle Information, die | |
wir erhalten, fließen in unsere Berichte und Schlussfolgerungen ein, die | |
alle öffentlich sind, damit nationale Behörden, [2][politische Parteien, | |
die Zivilgesellschaft, Journalisten und Bürger] – für die wir die | |
Wahlbeobachtung machen – davon Gebrauch machen können. Etwa zwei Monate | |
nach den Wahlen veröffentlichen wir einen Bericht mit Empfehlungen, um den | |
Wahlprozess in Zukunft zu verbessern. Da ist aber auch zu lesen, welche | |
bisherigen Empfehlungen die Behörden umgesetzt haben. | |
taz: [3][In Ihrem Bericht, den Sie am Tag nach den Wahlen | |
veröffentlichten], sagen Sie, dass es bei frauenpolitischen Themen in Bezug | |
auf die Wahlen Rückschritte gab, dadurch, dass Quotenregelungen bei den | |
Kandidatenlisten der Parteien abgeschafft wurden. Wie hat sich das bei den | |
Wahlen niedergeschlagen? | |
Andrusz: Wir konnten einen erheblichen Rückgang bei der Anzahl der Frauen | |
auf den Parteilisten gegenüber den Wahlen von 2020 beobachten. Themen wie | |
Gewalt gegen Frauen oder politische Forderungen, die sich speziell an | |
Frauen richteten, fehlten größtenteils in den Parteiprogrammen. Frauen | |
wurden in der Kampagne kaum angesprochen. Gleichzeitig sind Politikerinnen | |
mit Stereotypen und sogar Gewalt konfrontiert. | |
30 Oct 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Wahlen-in-Georgien/!6045184 | |
[2] /Wahlen-in-Georgien/!6042753 | |
[3] https://www.osce.org/files/f/documents/3/0/579346.pdf | |
## AUTOREN | |
Cem-Odos Güler | |
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