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# taz.de -- Wahlen in Georgien: „Unser Blut kocht“
> Die georgische Staatspräsidentin spricht von Wahlmanipulation und ruft
> die georgische Bevölkerung zu Protesten auf. Es ist fraglich, ob das
> helfen wird.
Bild: Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili (M) spricht nach ihrer S…
Tiflis taz | Eine „Methodik“ im russischen Stil nannte die georgische
Staatspräsidentin Salome Zurabischwili den vermeintlichen Wahlbetrug bei
den Parlamentswahlen in Georgien am Wochenende. Am Sonntag hatte sie bei
einer eigens einberufenen Pressekonferenz verkündet, dass sie die
Ergebnisse der Parlamentswahlen vom Samstag [1][nicht anerkennen] werde.
„Diese Wahlen können nicht anerkannt werden. Das ist dasselbe, als würde
man anerkennen, dass [2][Georgien] sich Russland unterordnet.“
Laut Zurabischwili sind die Abstimmungsergebnisse völlig zugunsten der
Regierungspartei Georgischer Traum (KO) manipuliert worden. Die
Georgier*innen rief sie dazu auf, sich am Montagabend an Protesten vor
dem Parlament zu beteiligen. „Wir sind Zeug*innen und Opfer einer
russischen Spezialoperation geworden, einer neuen Form eines hybriden
Krieges gegen unser Volk und unser Land“, sagte sie.
Das Präsidentenamt sei die einzige noch unabhängige Institution in
Georgien. Überdies appellierte sie an die [3][internationale
Gemeinschaft,] die Wahlen ebenfalls nicht anzuerkennen. Jede/r im Ausland
müsse verstehen, dass Georgiens Zukunft und die geopolitische Balance in
dieser Region zu schützen heiße, an der Seite Georgiens zu stehen und keine
Beziehungen zu der illegitimen Regierung des Georgischen Traums
aufzunehmen, so die Präsidentin. Am Montag forderten die USA und die EU
zwar eine Untersuchung der Wahl, sie gingen aber nicht so weit, das
Ergebnis als solches nicht anzuerkennen. Auch die Bundesregierung will den
Abschlussbericht der internationalen Wahlbeobachter abwarten.
Zahlreiche Verstöße gegen das Wahlrecht
Gleichzeitig sprach die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa (OSZE) von erheblichen Verstößen. Bei der Wahl am Samstag hatte der
KO offiziellen Ergebnissen zufolge knapp 54 Prozent der Stimmen bekommen.
Darüber hinaus werden vier oppositionelle Gruppierungen, die den Sprung
über die Fünfprozenthürde geschafft hatten, im neuen Parlament vertreten
sein. Sie kommen zusammen auf 37 Prozent der Stimmen. Vertreter*innen
von internationalen und lokalen Wahlbeobachtungsmissionen hatten am
Wahltag zahlreiche Manipulationsversuche und Verstöße gegen das Wahlrecht
zu Protokoll gegeben.
Weitere Vertreter*innen der Opposition hatten am Sonntag angekündigt,
dass sie das Ergebnis nicht anerkennen werden. Darunter sind das Bündnis
Einheit – nationale Bewegung, das auf 10,16 Prozent der Stimmen kam, sowie
die Koalition für Veränderungen (11,4 Prozent) und Starkes Georgien (8,8
Prozent).
Dass die Präsidentin klar und deutlich Position für die Opposition bezieht,
kommt nicht überraschend. Bei den Präsidentschaftswahlen 2018 hatte noch
der KO ihre Kandidatur unterstützt. Spätestens mit dem Beginn von Russlands
Angriffskrieg gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 kam es jedoch zunehmend
zu Differenzen zwischen Zurabischwili und dem KO. Im September 2023
initiierte die Regierung ein Amtsenthebungsverfahren gegen Zurabischwili,
da sie ohne deren Genehmigung zu Staatsbesuchen ins Ausland gereist war.
Das Verfahren scheiterte.
Im Mai 2024 legte Zurabischwili ein Veto gegen das sogenannte Agentengesetz
zur Kontrolle der Zivilgesellschaft ein. Am 7. Oktober 2024 kündigte
Parlamentspräsident Schalwa Papuaschwili die Einleitung eines erneuten
Amtsenthebungsverfahrens gegen Zurabischwili an, da sie mit ihren
unautorisierten Auslandsbesuchen „kontinuierlich gegen die Verfassung
verstoße“. Ende dieses Jahres läuft ihre Amtszeit aus. Das nächste
Staatsoberhaupt wird nicht mehr direkt, sondern vom Parlament und lokalen
Volksvertretungen gewählt. Ob Zurasbischwii noch einmal antritt, ist
unklar.
„Unser Blut kocht“
Gegen 18.30 Uhr Ortszeit haben sich bereits hunderte von Menschen vor dem
Parlamentsgebäude versammelt. Der georgische Politologe Gia Nodia ist
jedoch skeptisch, ob Proteste in der gegenwärtigen Situation überhaupt
etwas bewirken können. „Demonstrationen wird es geben. Aber mit
Massenprotesten, die zu greifbaren politischen Ergebnisse führen, rechne
ich nicht“, zitiert ihn der russischsprachige Dienst der BBC.
Arnold Stepanyan von der Nichtregierungsorganisation „Bewegung für ein
multinationales Georgien“ (PMMG), die sich für die Rechte von ethnischen
Minderheiten in Georgien einsetzt, schließt nicht aus, dass es bei den
Protesten zu gewaltsamen Zusammenstößen kommen könnte. „Unser Blut kocht.
Wir können uns nicht zurück halten, Entscheidungen werden hier emotional
getroffen“, sagt er. „Und dann kann alles passieren.“
Während die Protestaktion in Tiflis beginnt, soll auch der ungarische
Premierminister Viktor Orbán mit einigen seiner Minister in der georgischen
Hauptstadt landen. Ungarn hält derzeit die EU-Ratspräsidentschafts inne.
Orbáns Besuch wird als Provokation bewertet. Der EU-Außenbeauftragte Josep
Borrell betonte am Montag: „Was auch immer Herr Orban während seines
Besuchs sagt, er vertritt nicht die Europäische Union.“
28 Oct 2024
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[3] /Schlappe-der-Opposition-in-Georgien/!6042433
## AUTOREN
Barbara Oertel
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Kolumne Radsam zur COP
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