| # taz.de -- Ryanair-Betriebsrat am BER: Mitbestimmung an Bord | |
| > Ryanair scheitert auch in zweiter Instanz, einen Betriebsrat am Flughafen | |
| > BER zu verhindern. Der Kampf ist damit jedoch noch nicht vorbei. | |
| Bild: Über den Wolken, aber nicht über dem Gesetz: Ryanair muss seinen Mitarb… | |
| Berlin taz | Auf dem Richterpult liegen am Dienstagvormittag gleich mehrere | |
| dicke Aktenordner. Die vielen Unterlagen zeugen von einem langen | |
| Rechtsstreit: Seit 2018 kämpfen die Beschäftigten der Billigfluglinie | |
| Ryanair [1][für einen Betriebsrat] am Hauptstadtflughafen BER. Am Dienstag | |
| sind sie diesem einen großen Schritt nähergekommen: Das | |
| Landesarbeitsgericht wies den Antrag des Unternehmens, das in Deutschland | |
| unter der Tochtergesellschaft Malta Air firmiert, ab. | |
| Im Kern ging es um die Frage, ob der Standort von Ryanair am BER ein | |
| selbstständiger und damit betriebsratsfähiger Betriebsteil der | |
| Fluggesellschaft ist, die ihren Hauptsitz in Dublin in Irland hat. Rund 50 | |
| Pilot*innen und 170 Mitarbeiter*innen des Kabinenpersonals von | |
| Ryanair arbeiten am BER. | |
| Ihre Anweisungen erhalten sie laut der Gewerkschaft Verdi von einem „Base | |
| Captain“ beziehungsweise „Base Supervisor“. Ryanair wiederum behauptet, | |
| dass alles zentral aus Dublin gesteuert werde und die Strukturen vor Ort | |
| nur Informationen weitergeben würden. Die Belege der Gewerkschaft für | |
| Anweisungen tat die Ryanair-Anwältin als „gut gemeinte Ratschläge“ ab. | |
| Die von Verdi organisierten [2][Versammlungen zur Wahl] eines | |
| Wahlvorstands, der die Betriebsratswahlen durchführen soll, waren in den | |
| Augen von Ryanair daher unzulässig. Das Arbeitsgericht Cottbus hatte den | |
| Antrag auf Abbruch der Wahlen jedoch zurückgewiesen. Die Airline ging | |
| daraufhin in die nächste Instanz – und erlitt nun erneut eine Niederlage. | |
| ## Verfahren geht in die nächste Instanz | |
| Möglich wurden die Wahlen durch die [3][„Lex Ryanair“] aus dem Jahr 2018. | |
| Sie beinhaltete eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, das bis dato | |
| bei Fluggesellschaften eine Betriebsratsgründung nur dann erlaubt hatte, | |
| wenn das Unternehmen über einen Tarifvertrag verfügte – was bei Ryanair | |
| nicht der Fall ist. Durch die Verweigerung eines Tarifvertrages konnten | |
| Fluggesellschaften also die Gründung von Betriebsräten verhindern. Dem | |
| schob der Gesetzgeber einen Riegel vor. | |
| Für den Richter am Landesarbeitsgericht ist daher klar, dass es sich in | |
| diesem Fall um eine „planwidrige Regelungslücke“ handelt. Das bedeutet, | |
| dass der Gesetzgeber die Situation versehentlich nicht geregelt hat. „Das | |
| Gesetz ist nicht so optimal, wie es sein könnte“, so der Richter. | |
| Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht: In nächster Instanz | |
| wird sich das Bundesarbeitsgericht in Erfurt mit dem Fall beschäftigen. | |
| Für den Rechtsanwalt von Verdi, Daniel Weidmann, ist das Urteil dennoch | |
| „eine historische Entscheidung“. Der Fall sei in der Rechtsprechung bislang | |
| einmalig. „Das hat große Auswirkungen in der Luftverkehrsbranche“, so | |
| Weidmann. Ryanair betreibt neben dem BER auch Standorte in Köln, Weeze, | |
| Hahn, Baden-Baden, Nürnberg und Memmingen. | |
| Auch für andere Branchen sei die Entscheidung wegweisend. Denn anderenfalls | |
| hätten Unternehmen einfach ihre Personalabteilungen ins Ausland verlegen | |
| können, um die Wahl eines Betriebsrates zu verhindern. Dieser „Angriff auf | |
| die Betriebsverfassung“ sei abgewehrt worden. „Für die Arbeitsbedingungen | |
| der Beschäftigten ist das ein guter Tag.“ | |
| ## Wahlvorstand muss neu gewählt werden | |
| Auch Verdi-Gewerkschaftssekretär Dennis Dacke zeigte sich erleichtert: „Die | |
| Beschäftigten von Ryanair haben jahrelang dafür gekämpft und wir freuen | |
| uns, dass der Betriebsrat nun in greifbarer Nähe ist.“ Das sei bei Ryanair | |
| auch bitter nötig: „In diesem Betrieb finden die Beschäftigten kein Gehör�… | |
| so Dacke. Dieses Gefühl der Wehrlosigkeit habe nun ein Ende. | |
| Bis es so weit ist, wird es allerdings noch etwas dauern. Denn in einem | |
| anderen Punkt gab der Richter Ryanair recht: Die Wahl des derzeitigen | |
| Wahlvorstands wurde für ungültig erklärt. Der Grund: Sie fanden nicht in | |
| der Nähe des BER, sondern in den Räumlichkeiten von Verdi am Ostbahnhof | |
| statt. Nur 14 der 220 Mitarbeiter*innen waren erschienen. Es sei nicht | |
| auszuschließen, dass der Versammlungsort Einfluss auf den Ausgang der Wahl | |
| hatte, so das Gericht. Verdi will nun rasch eine neue Wahl einberufen. | |
| 15 Oct 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Streit-um-Leiharbeit-bei-Ryanair/!5545912 | |
| [2] https://www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++74922526-98d5-11ed-929… | |
| [3] /Arbeitsbedingungen-bei-Ryanair/!5539593 | |
| ## AUTOREN | |
| Marie Frank | |
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