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# taz.de -- Familiennachzug für Geflüchtete: Visakontingent ausgeschöpft
> Das Kontingent zum Familiennachzug wurde erstmals ausgeschöpft. Die
> Nachfrage ist höher – und rechtliche Erleichterungen sind nicht in Sicht.
Bild: Auf dem Weg zur Erstaufnahmeeinrichtung – Eisenhüttenstadt in Brandenb…
In den letzten eineinhalb Jahren ist das Kontingent für den Familiennachzug
von Geflüchteten mit subsidiärem Schutz erstmals ganzjährig ausgeschöpft
worden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der
Linkenabgeordneten Clara Bünger hervor, die der taz vorab vorlag. Demnach
schreibt das Auswärtige Amt, es seien 12.459 Visa im Jahr 2023 und 6.230 im
ersten Halbjahr 2024 für den Familiennachzug subsidiär Schutzberechtigter
erteilt worden. 2022 waren es noch 8.859 Fälle.
Die Große Koalition aus Union und SPD [1][hatte die Kontingentregelung 2018
eingeführt]. Das Kontingent umfasst 1.000 Visa monatlich für die Familien
von Flüchtlingen, die in Deutschland nur einen eingeschränkten Schutzstatus
bekommen. Zuvor war der Nachzug zwei Jahre vollständig ausgesetzt gewesen.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten die Ampelparteien ursprünglich eine
Gleichstellung mit Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention
vereinbart, für die es keinerlei Beschränkungen bei der Zahl der Nachzüge
gibt. Umgesetzt hat die Bundesregierung dieses Versprechen bisher aber
nicht.
## „Gnadenakt statt Rechtsanspruch“
Kritik kommt deshalb von der Linken-Abgeordneten Clara Bünger: „Die Ampel
hatte sich vorgenommen, [2][den Familiennachzug zu Geflüchteten rechtlich
zu erleichtern], doch nach fast drei Jahren ist rein gar nichts passiert.“
Sie fürchtet: „Angesichts der völlig außer Kontrolle geratenen
Migrationsdebatte, in der SPD, Grüne und FDP bereitwillig jede noch so
rechte Forderung aufgreifen, ist damit wohl vor der nächsten Bundestagswahl
auch nicht mehr zu rechnen.“ Für die betroffenen Geflüchteten sei das sehr
bitter.
Auch Asyl- und Menschenrechtsverbände wie ProAsyl und Terre des Hommes
fordern seit Langem eine Erleichterung des Familiennachzugs. Die derzeitige
Regelung habe aus „dem Rechtsanspruch auf Familiennachzug einen Gnadenakt
des Staates gemacht“, schreibt ProAsyl.
Wichtigstes Herkunftsland bleibt mit fast 90 Prozent aller gestellten
Visaanträge weiterhin Syrien. Indes ist die Zahl der Visa zum
Familiennachzug aus Afghanistan gegenüber dem Jahr 2022 um 19,35 Prozent
zurückgegangen. Und das, obwohl sich die Zahl der bearbeiteten Anträge der
in Islamabad (Pakistan) angesiedelten Visastelle Afghanistan um 48 Prozent
erhöht hat.
## Wartezeiten über ein Jahr
Insgesamt hat das Auswärtige Amt im Jahr 2023 und 2024 mehr Visa zum
Familiennachzug als zuvor erteilt. Hier geht es nicht nur um Nachzug zu
Flüchtlingen, sondern auch um ausländische Ehepartner:innen von
Deutschen und anderen Drittstaatsangehörigen.
Die Zahl erhöhte sich von 117.000 Visa im Jahr 2022 auf rund [3][131.000
Visa im Folgejahr]. Im ersten Halbjahr 2024 ist sie mit rund 64.000 Fällen
auf fast gleichbleibendem Niveau. Rund 18 Prozent davon – etwa 24.000 Visa
im Jahr 2023 und etwa 11.000 im Jahr 2024 – entfielen auf Flüchtlinge, der
Rest betraf den regulären Familiennachzug.
Auf einen Termin müssen die Antragssteller teils monatelang warten, wie aus
der Antwort der Bundesregierung ebenfalls hervorgeht. In elf
Auslandsvertretungen, darunter die für Afghanistan und die für Syrien, die
sich in Beirut befindet, beträgt die Wartezeit über 52 Wochen.
Im Fall subsidiär Schutzberechtigter verweist das Auswärtige Amt selbst auf
die Kontingentregelung als Grund für die langen Wartezeiten. Den 1.000 Visa
pro Monat stehe „eine um das Vielfache höhere Nachfrage gegenüber“. Die
Wartezeiten könnten jedoch verkürzt werden – wenn die Bundesregierung das
Kontingent erhöht.
17 Sep 2024
## LINKS
[1] /Neue-Regelung-zum-Familiennachzug/!5520602
[2] /Familiennachzug-fuer-subsidiaer-Geschuetzte/!5576810
[3] /Abschiebung-nach-Afghanistan-und-Syrien/!6030998
## AUTOREN
Amelie Sittenauer
## TAGS
Flüchtlingspolitik
Subsidiärer Schutz
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