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# taz.de -- RTL-Sendung „Raus aus den Schulden“: Liebster Schuldenberater d…
> Peter Zwegat ist mit 74 Jahren gestorben. Seine Sendung „Raus aus den
> Schulden“ ist ein Paradebeispiel für niederschwellige Finanzbildung.
Bild: Peter Zwegat, hier in einer Aufnahme aus vom 23.04.2008
Treibende Musik à la James Bond, ein Zoom zur Aktentasche, dann ein
schneller Schnitt: Peter Zwegat telefoniert, eilt zu einem Termin. Der Mann
der roten Filzstifte und Flipcharts, ausgebildeter Verwaltungsbeamte und
Sozialpädagoge, war der Schuldenberater einer ganzen Nation. In seiner
Sendung „Raus aus den Schulden“ begleiteten Fernsehzuschauer*innen von
2007 bis 2019 den Mann im zu groß geratenen Anzug dabei, wie er [1][Paaren
und Singles aus dem Minus half].
Nun ist bekannt geworden, dass der 74-Jährige bereits im August verstorben
ist. RTL zeigt zu diesem Anlass einige Folgen der Sendung im Fernsehen. Gut
so, denn „Raus aus den Schulden“ war ein Vorreiter für niederschwellige
Finanzbildung. Von wem lässt man sich lieber an die Gefahr von Ratenkäufen
erinnern, als von dem netten Mann mit den verständnisvollen Augen?
Allein das Intro der Sendung ist legendär und Vorlage für viele
Satire-Sendungen: Zuerst werden die Betroffenen vorgestellt, die meist
massive Schulden ab 50.000 Euro aufwärts hatten. Dann erscheint Zwegat, der
Schuldenberater mit über 20 Jahren Erfahrung. Eine Männerstimme erinnert
die Zuschauenden aus dem Off: „Ihm geht es nicht um seinen Gewinn, wenn er
hilft. Denn er berät kostenlos.“ Eine der bekanntesten Parodien machte
daraus: „Peter Zwegat geht es nicht um den Profit. Peter Zwegat will
einfach nur ins Fernsehen.“
Doch wenn der Schulden-Guru eine Einnahmen- und Ausgabentabelle mit
Präzision zeichnet und Hausbesitzer Markus dann ausruft: „Es ist ein Fass
ohne Boden“, als er die 198.577 Euro Schulden erblickt, ist auch egal,
warum Zwegat genau im Fernsehen sein wollte. Er verurteilt Hans-Joachim
nicht, wenn dieser zu spät merkt, dass seine Ehefrau sein Erspartes
ausgegeben hat und ihm mit einem Schuldenberg allein lässt. Er fragt
geduldig nach, als er merkt, dass Familie Krug nicht ganz ehrlich bei den
Ausgaben mit ihm ist. Im Laufe der Folge gesteht der Ehemann dann eine
Spielsucht.
## Beratung auf Augenhöhe
In der Sendung geht es nicht darum, [2][die Leute vorzuführen]. Der
Schuldenberater spricht auf Augenhöhe mit den Familien, setzt sich bei
Ämtern und Gläubigern für sie ein. Für die Zuschauenden ist das eine
wichtige Botschaft: Schulden passieren schneller als man denkt und sind
nichts, wofür man sich schämen muss.
Die Sendung zeigt: Du bist nicht allein. Und ist dabei gar nicht so weit
weg von der Realität: Etwa jede zehnte Person in Deutschland ist
überschuldet, kann also finanzielle Verpflichtungen wie Miete oder
Stromrechnungen über einen längeren Zeitraum hinweg nicht bezahlen. Das
geht aus dem Schuldneratlas 2020 hervor. Die häufigsten Gründe sind
Arbeitslosigkeit, Einkommensarmut, Krankheit oder Trennungen.
Das zeigt auch „Raus aus den Schulden“: Viele der Betroffenen [3][haben
Schicksalsschläge erlitten], müssen das Haus plötzlich ohne Partnerin
abbezahlen oder benötigen teure Medikamente. Ein weiterer Grund, der laut
dem Schuldneratlas mehr als eine Million Menschen betrifft, ist eine
unwirtschaftliche Haushaltsführung. Und an dieser Stelle setzte Peter
Zwegat mit seinem Format an. Er klärte die Familien und Singles auf und
leistete eine Arbeit, die eigentlich in Schulen statt im
Nachmittagsprogramm von RTL stattfinden sollte.
Davon braucht es definitiv mehr. Denn Organisationen wie die OECD
attestieren Deutschland seit Jahren große Lücken in der Finanzbildung.
Peter Zwegat allein konnte diese nicht schließen. Und trotzdem muss sein
Spirit weiterleben. Wer weiß, vielleicht steht schon der Schulden-Guru für
die nächste Generation an Onlinekäufer*innen bereit? Dann aber bitte
auf Tiktok und nicht im oldschool Fernsehprogramm.
1 Oct 2024
## LINKS
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[3] /Finanzielle-Belastung-durch-Krisen/!5949764
## AUTOREN
Anastasia Zejneli
## TAGS
Schulden
RTL
Nachruf
Kolumne Starke Gefühle
Schwerpunkt AfD
Bildungspolitik
TV-Serien
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