| # taz.de -- Kontroverse um queeres Denkmal: Ohne Capri und Roxi | |
| > Der Wettbewerb für ein queeres Denkmal in Hamburg ist abgeschlossen. Aber | |
| > nicht der erstplatzierte Entwurf soll realisiert werden, sondern der | |
| > zweite. | |
| Bild: „Für Capri und Roxi“ von Hannah Rath und Franziska Opel deutet auf d… | |
| Hamburg taz | Die Gewinner*innen des Wettbewerbs für einen [1][Denk-Ort | |
| für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt] in Hamburg stehen schon ein | |
| Weilchen fest. Aber noch immer wird gestritten, was nun realisiert werden | |
| soll. | |
| Eigentlich ist die Sache klar: Gewonnen hat „Für Capri und Roxi“ – eine | |
| überdimensionale lila-blaue Luftschlange der Künstlerinnen Franziska Opel | |
| und Hannah Rath aus Hamburg und Berlin. Auf Platz zwei landete der Entwurf | |
| „Pavillon der Stimmen“ – ein Ring aus Glas in Regenbogenfarben von Studio | |
| Other Spaces, bestehend aus dem Künstler Ólafur Elíasson und dem | |
| Architekten Sebastian Behmann. | |
| Realisiert werden soll an der Ecke Neuer Jungfernstieg/Lombardsbrücke aber | |
| nicht der erstplatzierte, sondern der zweitplatzierte Entwurf. Das teilte | |
| die Hamburger Kulturbehörde Anfang August mit. Dabei hatte die Jury – | |
| bestehend aus Künstler*innen und Stellvertreter*innen der queeren | |
| Community – den Entwurf von Opel und Rath auf Platz 1 des Wettbewerbs | |
| gesetzt und ihn auch gleichzeitig zur Realisierung empfohlen. Seither | |
| rumort es, sowohl in der Kunstszene, als auch in der queeren Community. | |
| [2][Bereits seit 2018 engagieren sich Menschen aus der queeren Community | |
| für einen Ort], der an die „Ausgrenzung und Diskriminierung | |
| nicht-heterosexueller Menschen sowie Menschen aller Geschlechter erinnern“ | |
| soll, begründete die Kulturbehörde vor einem Jahr die Entscheidung für den | |
| künstlerischen Wettbewerb. Zuvor hatte sich die zivilgesellschaftliche | |
| Initiative „Denk-mal sexuelle Vielfalt“ öffentlich für ein Denkmal für d… | |
| Verfolgung und Diskriminierung der queeren Community ausgesprochen. | |
| Im März 2024 hatte eine Auswahlkommission dann aus insgesamt 149 | |
| eingegangenen Bewerbungen die 15 Künstler*innen und Teams ausgewählt, | |
| die ihre Entwürfe ausarbeiten durften. Seit dem gestrigen Dienstag sind | |
| alle 14 eingereichten Entwürfe drei Wochen lang im Museum für Kunst und | |
| Gewerbe (MKG) zu sehen. | |
| ## Kulturbehörde begründet Entscheidung | |
| Die Kulturbehörde [3][begründete ihre Entscheidung] gegen den | |
| Siegerinnen-Entwurf damit, dass es das Ziel des Wettbewerbs gewesen sei | |
| [4][ein Denkmal für alle Teile der queeren Community], also „für Lesben, | |
| Schwule, Bisexuelle, Trans*Personen, intergeschlechtliche und queere | |
| Menschen und weitere sexuelle und geschlechtliche Identitäten“ zu finden, | |
| wie es in der Ausschreibung stand. | |
| Der Vorsitzende der Jury, Martin Eichenlaub, habe der Behörde gegenüber | |
| nach der Jury-Entscheidung die Sorge geäußert, „dass der erstplatzierte | |
| Entwurf nach Auffassung der LSBTIQ*-Communitys allein die schwule Community | |
| repräsentiere“. | |
| Daraufhin habe sich die Behörde entschieden, die Entwürfe noch einmal mit | |
| etwa 40 Vertreter*innen der Communities zu besprechen, die davor | |
| bereits am Prozess beteiligt gewesen waren. Diese sprachen [5][sich demnach | |
| „ausnahmslos“] für den Regenbogen-Entwurf von Behmann und Elíasson aus. | |
| Der Luftschlangen-Entwurf „Für Capri und Roxi“ spielt auf das sogenannte | |
| Tanzverbot an, dass das Hamburger Bezirksamt Mitte der 1960er erließ. Das | |
| Verbot galt für schwule Bars – die unter anderem Bohème, Capri, Roxi und | |
| Stadtkasino hießen –, in denen es Männern von nun an verboten war | |
| miteinander zu tanzen. | |
| „Eine Hamburger Besonderheit, ein vergleichbares Verbot gab es nirgendwo | |
| sonst“, schreiben die Künstlerinnen Rath und Opel in ihrem | |
| Erläuterungsbericht und weisen damit explizit auf die Hamburger | |
| Verfolgungsgeschichte queerer Menschen hin, die in diesem Fall vor allem | |
| schwule Männer traf. Für Rath und Opel steht sie allerdings | |
| „stellvertretend für die Repression der LGBTQ+ Community“, wie sie betonen. | |
| Die beiden Künstlerinnen sind deshalb enttäuscht von der Behörde. Am | |
| Abend der Jury-Entscheidung war ihnen und den anderen Teilnehmer*innen | |
| mitgeteilt worden, dass ihr Entwurf gewonnen hatte und zur Realisierung | |
| vorgeschlagen worden war. „Dann haben wir zwei Wochen in dem Glauben | |
| gelebt, dass wir gewonnen haben und das Werk realisieren dürfen“, sagt | |
| Hannah Rath. Ohne die Realisierung entgeht den beiden nicht nur das Honorar | |
| für die Realisierung, sondern auch ein wichtiger Schritt in ihrer Karriere. | |
| „Wir sind unzufrieden, dass ein demokratischer Prozess einfach so | |
| unterwandert werden kann“, sagt Rath. | |
| Opel und Rath werfen der Behörde vor ihren Entwurf verzerrt gegenüber den | |
| Communities dargestellt zu haben. Sie hätten gerne erläutert, dass die | |
| Bedeutung des Entwurfs über die Verfolgung schwuler Männer hinausgeht und | |
| eine „größere vielfältige Lesbarkeit“ habe, sagte Franziska Opel der taz. | |
| So könne die Luftschlange auch für ein „zelebrierierendes Moment“ stehen, | |
| die im Vorbeigehen von lila zu blau schimmernde Farbe könne für einen | |
| fließenden Übergang, wie etwa bei wie bei den Geschlechtern oder bei der | |
| geschlechtlichen Identitätsfindung“ stehen, hatte Opel dem NDR gesagt. | |
| ## Künstlerinnen kritisieren Vorgang | |
| Zudem sei ihnen berichtet worden, „dass unser Modell bei dieser | |
| Präsentation nicht gezeigt wurde, was kein vollständiges Bild des Entwurfs | |
| mit all seinen detailliert ausgearbeiteten Teilen vermittelt“, so die | |
| Künstlerinnen. | |
| Die Kulturbehörde widerspricht: Die Entwürfe seien – bei einem | |
| Sachverständigen-Treffen zwischen Jury und Community vor der | |
| Jury-Entscheidung – in anonymisierter Form von der selben neutralen Person | |
| vorgestellt worden, die sie auch der Fachjury präsentiert habe. Bei dem | |
| Treffen mit der Community nach der Entscheidung seien die allerdings Namen | |
| bekannt gewesen, neutral vorgestellt worden, seien sie trotzdem. Die Frage | |
| der Anonymität ist wichtig, da andere User*innen der Behörde vorwerfen, | |
| sich aus prestigegründen für den „großen Namen“ Elíasson entschieden zu | |
| haben. | |
| Auch die Jury stellt sich [6][in einem offenen Brief] hinter die | |
| Künstlerinnen: „Es ist mehr als nur bedauerlich, dass die Einschätzung | |
| der Wettbewerbsbeiträge durch die Sach- und Fachpreisrichter*innen | |
| nicht offen mit und in den LSBTIQ*-Communitys sowie der ganzen | |
| Stadtgesellschaft diskutiert wurde“. Rückendeckung bekommt die Behörde vom | |
| LSVD + Verband Queere Vielfalt, der betont, dass die Entscheidung für den | |
| Entwurf „von der Community getragen“ wird, da er ein Ort „für alle queer… | |
| Menschen“ sein soll. | |
| Am Dienstagnachmittag hatten die beiden Künstlerinnen ein Gespräch mit | |
| Hamburgs Kulturstaatsrätin Jana Schiedek (SPD). Im Anschluss meldeten sie | |
| sich noch einmal bei der taz und teilten mit, dass Schiedeck ihnen eine | |
| „zweite Realisierung im Stadtraum angeboten“ habe, in einer kleineren | |
| Version. | |
| Präsentation Alle 14 Entwürfe werden im Rahmen einer | |
| [7][Diskussionsveranstaltung] vorgestellt, 24. September, 19 Uhr Museum für | |
| Kunst und Gewerbe, Hamburg | |
| Transparenzhinweis: Dieser Artikel wurde am 11. September 2024 um 11:40 Uhr | |
| aktualisiert. In einer früheren Version dieses Textes war davon die Rede, | |
| dass die Kulturbehörde – entgegen der Aussagen von User*innen auf | |
| Instagram behauptet habe, die Entwürfe seien der Community nach der | |
| Jury-Entscheidung anonym gezeigt worden. Das ist nicht der Fall. Die | |
| Behörde hatte der taz am Dienstag mitgeteilt, die Entwürfe seien – bei | |
| einem Sachverständigen-Treffen zwischen Jury und Community vor der | |
| Jury-Entscheidung – in anonymisierter Form vorgestellt worden. Bei dem | |
| Treffen mit der Community nach der Entscheidung seien die Namen durchaus | |
| bekannt gewesen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen. | |
| 10 Sep 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Sexuelle-und-geschlechtliche-Vielfalt/!5948253 | |
| [2] /Autor-ueber-Homosexuellenbewegung/!5609691 | |
| [3] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/behoerde-fuer-kultu… | |
| [4] /Denkmal-fuer-sexuelle-Vielfalt-in-Hamburg/!5709271 | |
| [5] https://www.denkmal-sexuelle-vielfalt.de/2024/08/16/stimmen-aus-der-queer-c… | |
| [6] https://innn.it/offener-brief-an-den-senator-fur-kultur-und-medien-der-frei… | |
| [7] https://www.mkg-hamburg.de/veranstaltungen/denk-ort-fuer-sexuelle-und-gesch… | |
| ## AUTOREN | |
| Franziska Betz | |
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