# taz.de -- UN-Generalversammlung in New York: Reformversuche eines Apparats | |
> Die Vereinten Nationen beschließen einen Zukunftspakt – trotz Störfeuern | |
> aus Russland. | |
Bild: UN-Generalsekretär Antonio Guterres fordert eine umfassende Reform der g… | |
Berlin taz | Weniger Blockaden, ein ausgewogeneres Machtgefälle, mehr | |
zielgerichtete Entscheidungen: Seit mehr als zwei Jahrzehnten steht das | |
Projekt Reform des Weltsicherheitsrates im Raum. Das Gremium soll den | |
„Realitäten der gegenwärtigen Welt“ angepasst werden, wie es der deutsche | |
Kanzler Olaf Scholz nannte. In Zeiten, in denen die Weltordnung durch einen | |
zermürbenden [1][Abnutzungskrieg zwischen der Ukraine und Russland] und den | |
tobenden [2][Krieg im Nahen Osten] durcheinander gewirbelt wird, ein | |
gewagtes Unterfangen für die Vereinten Nationen. | |
Im Rahmen der Verhandlungen in New York für [3][einen „Pakt für die | |
Zukunft“] bekam der Reformversuch nun wenigstens ein bisschen Auftrieb. So | |
ist zumindest anvisiert, dass die Länder des Globalen Südens künftig besser | |
vertreten sind – insbesondere afrikanische Staaten. Konkret sollen sie zwei | |
ständige Sitze bekommen, außerdem sollen Kleinstaaten einen Platz erhalten. | |
UN-Generalsekretär António Guterres unterstützt das Vorhaben. | |
Logisch wäre es, diese Reform in die Tat umzusetzen, denn in einem | |
erheblichen Teil der Sitzungen des Weltsicherheitsrates geht es schließlich | |
um Staaten des afrikanischen Kontinents. Aber auch andere Staaten hätten | |
gerne einen ständigen Sitz in diesem Gremium – darunter [4][Deutschland], | |
Japan, Brasilien und Indien. Allerdings gibt es auch das Gegenargument: | |
Keine weiteren ständigen Mitglieder, sondern mehr nicht-ständige | |
Mitglieder, die in einem bestimmten Turnus wechseln. | |
Für eine echte Reform würde eine Zwei-Drittel-Mehrheit der UN-Staaten | |
benötigt. Aber: Auch alle fünf Veto-Mächte des Sicherheitsrates müssten | |
zustimmen. Dass Frankreich, Russland, die USA, China und Großbritannien | |
sich darauf einig werden – und den entsprechenden Machtverlust zulassen – | |
ist mehr als fraglich, wenn nicht ausgeschlossen. | |
## 56 Maßnahmen – aber keine Zielmarken für die Umsetzung | |
„Der Pakt für die Zukunft“ soll aber dennoch der große Wurf sein – wenn… | |
Guterres Glauben schenken will. Es geht um die Stärkung internationaler | |
Kooperationen, um die Umsetzung der Agenda 2030, um nachhaltige | |
Entwicklung. Guterres hatte den Prozess 2021 angestoßen, um den | |
„Multilateralismus fit für die Zukunft“ zu machen. Federführend übernahm… | |
Namibia und Deutschland die Verhandlungen. Der erste Entwurf lag im Januar | |
vor. Der Pakt umfasst nun insgesamt 56 allgemeine Maßnahmen, konkrete | |
Zielmarken für die Umsetzung gibt es nicht. | |
Wie erwartet war der Weg zum Zukunftspakt spannungsgeladen. Die USA | |
blockierten bei Aspekten zur Reform der internationalen Finanzarchitektur, | |
etwa der Schaffung einer UN-Steuerkonvention, Russland wollte den gesamten | |
Pakt zum Kippen bringen. Der stellvertretende russische Außenminister | |
Sergej Werschinin forderte in letzter Minute einen Änderungsantrag, der den | |
Grundsatz der Nichteinmischung betont. Der Pakt sei nicht im Sinne der | |
Entwicklungsländer, sagte Werschinin. | |
Entwicklungsländer sahen das mehrheitlich anders. Kongo als Vertretung der | |
Afrikanischen Gruppe sprach sich im Anschluss klar gegen die Änderung aus. | |
Am Ende stimmten 143 Nationen für den Zukunftspakt. Neben Russland | |
votierten 6 weitere Länder dagegen, darunter Belarus, Nicaragua, Nordkorea | |
und Syrien. | |
Für hohe Erwartungen sorgt die Forderung nach Reformen in internationalen | |
Finanzinstitutionen. Auch hier soll die Repräsentation von Ländern des | |
Globalen Südens verbessert werden, etwa im Internationalen Währungsfonds | |
(IWF) und in der Weltbank. „Aus vielen Entwicklungsländern fließt mehr | |
Kapital ab als hinein“, heißt es im Text. Es müsse mehr Kapital für | |
nachhaltige Entwicklung zu günstigen Konditionen geben. | |
Dabei müssten auch Kreditagenturen in die Pflicht genommen werden. Es soll | |
an einem gerechteren Steuersystem gearbeitet werden, von dem | |
Entwicklungsländer profitieren. Außerdem sollen Verfahren für | |
hochverschuldete Staaten verbessert werden. | |
23 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Leila van Rinsum | |
Tanja Tricarico | |
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