# taz.de -- Kernkraft in Frankreich: Neuer Reaktor im On-off-Betrieb | |
> In Frankreich ist ein neues Atomkraftwerk vom Typ EPR in Betrieb | |
> gegangen. Bisher lief es allerdings nur kurz. | |
Bild: Das Atomkraftwerk in Flamanville. Wegen Produktionsmängeln und anderer P… | |
Paris taz | Wegen Produktionsmängeln und anderer Pannen hatte der Start 12 | |
Jahre Verspätung. Anfang der Woche dann ging in Flamanville [1][Frankreichs | |
erster EPR], ein Atomkraftwerk (AKW) mit Druckwasserreaktor, mit der ersten | |
nuklearen Reaktion offiziell in Betrieb. Aber nicht sehr lange: Schon am | |
zweiten Tag stoppte der Reaktor automatisch. Das von Frankreich entwickelte | |
EPR-Reaktormodell soll mehr Leistung und größere Sicherheit bieten. | |
Der Stopp sei nicht außergewöhnlich und entspreche den Erwartungen, teilte | |
dazu der Betreiber der Anlage, der Energiekonzern EDF, mit. Die | |
„technischen Kontrollen“ und „notwendigen Analysen“ seien im Gange. Wie | |
fast immer bei Zwischenfällen in der Atomindustrie wird versichert, dass | |
kein Grund zur Besorgnis vorliege, im Gegenteil: Der automatisch ausgelöste | |
Stopp der atomaren Reaktion „beweist, dass das Sicherheitssystem gut | |
funktioniert“, heißt es in der Mitteilung von EDF. | |
Das wollte der Medienagentur afp auch Energieexperte Nicolas Goldberg | |
bestätigen: „Damit war zu rechnen. Die Inbetriebnahme ist ein komplexes | |
industrielles Verfahren, und solche Zwischenfälle kommen häufig vor“, | |
erklärte er mit Hinweis auf die drei anderen, bereits laufenden EPR auf der | |
Welt. Im Fall des EPR Olkiluoto 3 in Finnland gab es laut Goldberg beim | |
Start mehrere Probleme, so mussten gleich zu Beginn defekte Wasserpumpen | |
ersetzt werden. Solche Ereignisse würden die neue Technologie nicht infrage | |
stellen, man müsse „Geduld haben“. | |
Die Geduld aber wurde in diesem Fall schon sehr strapaziert. Denn | |
ursprünglich sollte der EPR in Flamanville an der normannischen | |
Atlantikküste nach 5 Jahren Bau bereits 2012 ans Netz gehen. Auch der wegen | |
technischer Probleme oder materieller Mängel mehrfach verschobene Start in | |
diesem Jahr war zuletzt noch mal um drei Monate hinausgezögert worden. Das | |
hatte auch Folgen für die Kosten: Der erste EPR in Frankreich hat mit 13,2 | |
Milliarden Euro bereits rund das Vierfache des ursprünglichen | |
Kostenvoranschlags gekostet. Er soll mit einer Kapazität von 1.600 Megawatt | |
den Strom für etwa 3 Millionen Haushalte liefern. Eine Stromproduktion für | |
das französische Netz wird erst für Herbst 2024 versprochen. | |
## Frankreich setzt weiterhin auf Kernkraft | |
Frankreich setzt für die Energieproduktion weiterhin prioritär auf seine | |
Atomindustrie. Wie [2][Staatspräsident Emmanuel Macron] beschlossen hat, | |
soll EDF 6 neue Anlagen mit der jetzt in Flamanville erprobten und | |
verbesserten EPR-Technologie bauen, die dann ab 2035 in Betrieb gehen | |
könnten – obwohl EDF akkumulierte Schulden von mehr als 64 Milliarden Euro | |
hat. 8 weitere EPR sollen laut diesem Programm, das Kritiker als | |
gefährliche „atomare Flucht nach vorn“ bezeichnen, später bestellt werden. | |
Eine Lösung für eine definitive Endlagerung oder eine andere Entsorgung der | |
hochradioaktiven Rückstände aus den AKW ist noch immer nicht in Sicht. | |
Die Stromproduktion der französischen AKW hat nach einer schweren Krise und | |
einer drastischen Verminderung der Produktion im Jahr 2022 wieder fast den | |
Höchststand von einer jährlichen Produktion etwa 400 Terawattstunden | |
erreicht. Das Überangebot an Elektrizität drückt auf die Preise. | |
EDF-Konzernchef Luc Rémont möchte damit die Nachfrage bei den Verbrauchern | |
steigern, die beispielsweise wegen der günstigeren Kosten auf Elektroautos | |
für den Verkehr oder auf Wärmepumpen für die Heizung umstellen sollen. EDF | |
verweist auch darauf, dass die Produktion von [3][Strom aus erneuerbaren | |
Quellen] wie Sonne, Wind und Wasserkraft mit einer Zunahme von 12 Prozent | |
stark wächst. | |
5 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Politik-fuer-Atom--und-Agrarlobby/!5934677 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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