# taz.de -- Sparpläne bei Volkswagen: Wer ist Schuld am VW-Debakel? | |
> Volkswagen Finanzchef Antlitz verweist auf die fehlende | |
> Neuwagen-Nachfrage der Verbraucher:innen. Expert:innen kritisieren die | |
> Verbrenner-Strategie. | |
Bild: Unmut bei den Beschäftigten: VW droht mit Werkschließungen | |
Berlin taz | Pfiffe im Volkswagen-Werk im hessischen Baunatal, lauter | |
Protest auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg: Dass der Konzernvorstand | |
von Volkswagen (VW) seine Sparpläne am Mittwoch verteidigt hat, kam bei den | |
Beschäftigten des Autobauers nicht gut an. | |
Es dürfe keine Werkschließungen, Entlassungen oder Lohnkürzungen geben, | |
machte Betriebsratschefin Daniela Cavallo am Nachmittag deutlich. Und auch | |
Thorsten Gröger, Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Metall in | |
Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, sagte, der VW-Vorstand müsse mit dem | |
„erbitterten Widerstand der Beschäftigten“ rechnen, wenn er seine Pläne w… | |
angekündigt umsetze. | |
Dennoch bleibe der Betriebsrat offen für Gespräche mit der Konzernspitze, | |
betonte Cavallo. Es gelte, Lösungen zu finden und das Unternehmen wieder | |
wirtschaftlich zu machen – aber ohne Standortschließungen und | |
Massenentlassungen. | |
Der Konzern VW gibt laut Finanzchef Arno Antlitz „seit geraumer Zeit“ mehr | |
Geld aus, als er einnehme. „Das geht nicht gut auf die Dauer“, sagte der | |
Manager. So rechtfertigte er auch am Mittwoch die rabiaten Sparmaßnahmen, | |
die der Vorstand schon einige Tage zuvor angekündigt hatte: | |
Betriebsbedingte Kündigungen und Werkschließungen in Deutschland werden | |
nicht mehr ausgeschlossen. | |
## Zwei Werke zu viel | |
Damit würden VW-Mitarbeitenden erstmals seit 30 Jahren betriebsbedingte | |
Entlassungen drohen. Antlitz erklärte, es fehle der Absatz von rund 500.000 | |
Autos – die Verkäufe von rund zwei Werken. Welche Werke und wie viele | |
Stellen genau gefährdet sind, blieb offen. Die Schuld daran erkennt der | |
Finanzchef nicht bei VW, sondern bei der schwachen Nachfrage nach Neuwagen | |
in Europa. | |
Das sieht Automobilexpertin Beatrix Keim vom Center Automotive Research | |
(CAR) anders: VW habe zu lange auf Verbrenner gesetzt. Genau wie andere | |
europäische Autobauer habe der Konzern unterschätzt, wie schnell der | |
Umstieg auf E-Fahrzeuge gehen müsste – unter anderem, weil die chinesische | |
Regierung ihn politisch forciert hat. | |
„Volkswagen ist ein Riesenkonzern“, sagte Keim, mit vielen Verflechtungen | |
innerhalb des Konzerns, im Ausland, mit Zulieferern. Eine Transformation | |
der Produktionsprozesse brauche viel, mitunter zu viel Zeit. Keim hielt dem | |
Unternehmen jedoch zugute, dass es inzwischen in E-Mobilität investiert: VW | |
will zum Beispiel bis zu fünf Milliarden US-Dollar in eine Partnerschaft | |
mit dem US-Autobauer Rivian stecken. | |
Im Vergleich zu anderen Produzenten biete Volkswagen schon lange E-Autos | |
an, habe sie aber nicht besonders gut vermarktet, sagte Keim. Und: Die | |
Nachfage nach Elektrofahrzeugen sei bei Kund:innen in Deutschland niedrig | |
geblieben. Auch die VW-Töchter Audi und Porsche [1][klagen über niedrige | |
E-Auto-Absätze]. | |
Es macht sich bemerkbar, dass die Bundesregierung im vergangenen Dezember | |
[2][abrupt ihre Kaufprämie für E-Autos gekippt hat]. In ihrer | |
Haushaltskrise strich sie den sogenannten Umweltbonus. Der Verkauf von | |
E-Autos ist in Deutschland seither massiv eingebrochen. | |
Jetzt will die Regierung wieder etwas gegensteuern. Im Rahmen einer | |
„Wachstumsinitiative“ sollen steuerliche Vorteile beim Dienstwagenprivileg | |
ausgeweitet werden, die manche E-Autos bereits bekommen. Bisher gilt die | |
Vorzugsbehandlung nämlich nur für Modelle mit einem Listenpreis bis 70.000 | |
Euro. Dieser Wert soll auf 95.000 Euro hochgesetzt werden. Außerdem sollen | |
Unternehmen E-Autos bis 2028 teils zu 100 Prozent steuerlich abschreiben | |
können. | |
Treibt das die Autoindustrie in die richtige Richtung? Viele | |
Klimaschützer:innen bezweifeln das. „Die Bundesregierung fördert noch | |
teurere Luxus-Dienstwagen und weiterhin schmutzige Verbennerfahrzeuge, | |
anstatt endlich den Markthochlauf für erschwingliche, kleine E-Autos | |
anzukurbeln“, findet etwa Stefanie Langkamp von der Klima-Allianz. | |
4 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
Nanja Boenisch | |
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