# taz.de -- US-Notenbank vor der Zinswende: Der Elefant ist Donald Trump | |
> Die Finanzwelt wartet auf eine Ansage von Fed-Chef Powell beim | |
> Notenbanktreffen. Gewinnt Trump, ist die Unabhängigkeit der | |
> US-Institution in Gefahr. | |
Bild: Was wird der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell, am Freitag wohl verkü… | |
Berlin taz | Die Erwartungen an Jerome Powell sind groß. Eigentlich beginnt | |
das jährliche Treffen der mächtigsten Notenbanker der Welt in Jackson Hole | |
im US-Bundesstaat Wyoming bereits am Donnerstag. Doch der bedeutendste | |
Moment der dreitägigen Konferenz wird sein, wenn der Chef der Fed, [1][der | |
US-amerikanischen Notenbank], am Freitag ans Rednerpult tritt. Gespannt | |
warten Börsenbroker*innen und Analyst*innen darauf, was für Signale | |
Powell in die Finanzwelt sendet. | |
Anders als die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Fed noch nicht die | |
Zinswende eingeläutet. Nachdem sie wie andere Notenbanken auch im Kampf | |
gegen die Inflation ihre Leitzinsen massiv erhöht hatte, verharren sie seit | |
rund einem Jahr bei einer Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent. Doch hat sich | |
die Inflation mittlerweile auch in den Vereinigten Staaten wieder | |
normalisiert. Gleichzeitig haben sich zuletzt die Aussichten in der | |
US-Wirtschaft eingetrübt. Warnungen vor einer möglichen Rezession machen | |
die Runde. | |
Generell ist die Stimmung zuletzt jedoch etwas aufgehellt. Und nun erwartet | |
die Finanzwelt eine erste Zinssenkung im September. Das würde die | |
Börsenkurse steigen lassen und die Wirtschaft ankurbeln, weil die Banken | |
die niedrigeren Zinsen vermutlich an Unternehmen und Verbraucher*innen | |
weitergeben würden. Die Frage ist nur, ob die Fed sie tatsächlich um 0,5 | |
Prozentpunkte senken wird, wie zwischenzeitlich erwartet, oder doch etwas | |
vorsichtiger die Wende einläutet. | |
Dabei geht es beim Thema Fed dieser Tage nicht allein um die anstehende | |
Zinssenkung. Der eigentliche Elefant im Raum ist [2][Donald Trump]. Denn | |
der Republikaner will im Falle einer zweiten Amtszeit mehr Einfluss auf die | |
Fed haben und ihre Eigenständigkeit einschränken. | |
## Trump glaubt an seinen Instinkt | |
Bereits im April berichtete das Wall Street Journal, dass Trump-Verbündete | |
diesbezüglich schon Vorschläge ausgearbeitet hätten. Trumps Kampagne | |
distanzierte sich damals zwar von dem Bericht. Doch seitdem kokettierte der | |
republikanische Präsidentschaftskandidat immer wieder mit dieser Idee. „Ich | |
denke, dass ich in meinem Fall viel Geld verdient habe, ich war sehr | |
erfolgreich, und ich denke, dass ich einen besseren Instinkt habe als in | |
vielen Fällen die Leute, die in der Federal Reserve sind oder der | |
Vorsitzende“, sagte Trump vor einigen Tagen vor Reportern in seiner | |
Residenz Mar-a-Lago in Florida. | |
Zwar wäre dies für Trump nicht so leicht durchzusetzen. Wollte er bei | |
Zinsentscheidungen direkte Mitsprache als US-Präsident haben, müsste er das | |
Notenbank-Gesetz von 1913 ändern, wofür er beide Kammern des US-Kongresses | |
hinter sich haben müsste. Nichtsdestotrotz ist allein schon das Ansinnen | |
ein Tabubruch. Denn für die Noten- und Zentralbanken ist ihre | |
Unabhängigkeit ein hohes Gut, an das sie gerne erinnern, wenn | |
Politiker*innen Einfluss auf die Geldpolitik nehmen wollen. | |
Trumps Wunsch erinnert an Erdoğan, der bisher reihenweise die türkischen | |
Notenbankchefs auswechselte, weil diese ihm nicht genehm waren. „Die | |
Maßnahmen der Zentralbanken, ihre beständigen Erfolge über die Jahrzehnte | |
und ihre institutionelle Unabhängigkeit förderten das Vertrauen in die | |
Wirksamkeit ihrer Bemühungen zur Eindämmung der Inflation“, schrieb etwa | |
bereits der ehemalige Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, Maurice | |
Obstfeld. In „einer Welt der politisierten Geldpolitik unter Kontrolle des | |
Präsidenten“ wäre diese positive Entwicklung unmöglich gewesen. | |
Auch wenn Trump die Geldpolitik nicht direkt unter seine Kontrolle bringen | |
kann, bleibt ihm zumindest die Möglichkeit, einen treuen Gefolgsmann an der | |
Spitze der Fed zu installieren, wenn Powells Amtszeit im Mai 2026 | |
ausläuft. Dabei wurde dieser einst selbst von Trump eingesetzt. | |
## Der Ex-Präsident wollte niedrige Zinsen | |
„Er ist stark, er ist engagiert, er ist klug“, sagte Trump noch im November | |
2017 zur Ernennung Powells. Er sei zuversichtlich, dass die Fed mit Powell | |
„als klugem Verwalter in den kommenden Jahren die Führung haben wird, die | |
sie braucht“. Doch schon bald kam es zwischen den beiden Republikanern zum | |
Bruch, weil der Notenbankchef einen eigenen Kopf bewies. Eine seiner ersten | |
Amtshandlungen war die Anhebung der Leitzinsen. Das war jedoch nicht im | |
Sinne Trumps. Denn dieser wollte als US-Präsident niedrige Zinsen, um den | |
US-Dollar gegenüber anderen Währungen günstig zu halten. Dies sollte | |
helfen, US-Firmen im Welthandel wettbewerbsfähiger zu machen und das | |
Außenhandelsdefizit zu verringern. Gleichzeitig können niedrigere Zinsen zu | |
höheren Inflationsraten führen – auch weil ein schwacher Dollar Importe für | |
die heimischen Verbraucher*innen teurer macht. | |
Doch derzeit passen dem Republikaner Trump Zinssenkungen weniger in den | |
Kram. Gegenüber der Finanznachrichtenagentur Bloomberg forderte er die Fed | |
vor einiger Zeit auf, die Zinsen erst nach der Wahl im November zu senken. | |
Seine Befürchtung ist nämlich, dass dies die Wirtschaft ankurbeln und die | |
Chancen seiner Konkurrentin [3][Kamala Harris] erhöhen könnte. | |
Die Demokratin will auch nicht am Status der Notenbank rütteln. „Die Fed | |
ist eine unabhängige Einrichtung und als Präsidentin würde ich mich niemals | |
in deren Entscheidungen einmischen“, so Harris bei Phönix. | |
22 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Simon Poelchau | |
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