Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Trump und Krypto: Brandgefährliche Bitcoin-Versprechen
> Donald Trumps Versprechungen lassen die Kurse von Kryptowährungen
> steigen. Doch seine Vorhaben sind rechtslibertär und brandgefährlich.
Bild: Hongkong, 5. Dezember: vor einer Wechselstube wird auf einem Display eine…
Donald Trumps [1][zweite Amtszeit als US-Präsident] ist das Beste, was
Kryptospekulanten passieren, und das Gefährlichste, was das internationale
Finanzsystem ereilen konnte. Seit der Republikaner Anfang November die
Präsidentschaftswahlen gewann, steigen die Kurse der Kryptowährungen. In
der Nacht zum Montag knackte der Bitcoin die 106.000-Dollar-Marke. Auslöser
war ein Interview mit Trump, in dem er seine Vorhaben für eine
„strategische Bitcoin-Reserve“ bekräftigte. Ähnlich wie der Staat
Ölreserven habe, solle er auch Bitcoin halten.
Das hört sich nach einer irren Idee an, doch es zeigt auch, welch eine
extrem libertäre Agenda er und seine Mitstreiter verfolgen. Und wie eine
Sache, die zunächst als ein eher linkes Phänomen verortet wurde, nun
Anhänger vor allem im rechten Spektrum hat. Kurz zur Erinnerung: Bitcoin
wurden Anfang 2009 von einem anonymen Hacker erfunden. Sie sollten eine
digitale Alternative zum normalen Geld sein, das von den Zentralbanken
ausgegeben und von den Geschäftsbanken via Kreditvergabe an Menschen und
Unternehmen weitergereicht wird.
Kurz zuvor wütete mit der Finanzkrise 2007 und 2008 die größte
Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. Banken mussten mit Steuermilliarden
gerettet werden, Menschen verloren Jobs und Häuser. In Europa folgte die
Eurokrise. Soziale Bewegungen wie Occupy prangerten diese Ungerechtigkeiten
der Krisenpolitik an.
Jetzt, rund eineinhalb Jahrzehnte später, feiert die Kryptoszene, also jene
Spekulanten, die mehr oder weniger professionell mit Bitcoin, Ether & Co.
spekulieren, Trump für seine Versprechungen. Vor knapp zwei Wochen ließ er
den Bitcoin die 100.000-Dollar-Marke knacken, weil er mit [2][Paul Atkins]
einen Finanzunternehmer als neuen Chef der Börsenaufsicht SEC nominierte,
der Kryptowährungen deregulieren will. Die Idee einer „strategischen
Bitcoin-Reserve“ indes ist nicht neu. Trump werde die USA im Falle einer
zweiten Amtszeit zur „Kryptohauptstadt des Planeten und zur
Bitcoin-Supermacht“ machen, sagte der designierte US-Präsident in diesem
Sommer auf einer Konferenz in Nashville.
## Trump plant eine Bitcoin-Reserve
Ob er das tatsächlich macht, ist fraglich. Trotzdem zeugt das Versprechen
von einem Weltbild, in dem unabhängigen Notenbanken als zentralen Instanzen
des Geld- und Bankensystems zutiefst misstraut wird. So hat Trump mehrfach
angekündigt, dass er als neuer US-Präsident stärker Einfluss auf die
Geldpolitik der Notenbank Fed haben will.
Mit seiner Bitcoin-Ankündigung geht er noch einen Schritt weiter. Eine vom
Staat vorgehaltene Bitcoin-Reserve würde nicht nur die Macht der Fed
beschneiden, den Kurs des US-Dollars zu bestimmen. Sie würde die
Kryptowährung auch gegenüber dem US-Dollar aufwerten, Bitcoin zum Wertanker
hinter der globalen Leitwährung machen, wie es einst Gold war. Die USA
hätten dadurch zwei Währungen: Dollar und Bitcoin.
Radikalere Ideen hat in jüngster Zeit nur Trumps libertärer
Gesinnungsgenosse [3][Javier Milei] formuliert. Der argentinische Präsident
brachte in seinem Wahlkampf 2023 sogar die Abschaffung der argentinischen
Notenbank ins Gespräch. Der Dollar sollte den Peso ersetzen. Dahinter
steckt ein Denken, das die aktive Geldpolitik einer unabhängigen Notenbank
als illegitimen Eingriff des Staates in die freien Kräfte des Marktes
ansieht. Die Notenbanken sind mit ihren Zinsänderungen demnach
hauptverantwortlich für Wirtschaftskrisen.
Deshalb vertrat der neoliberale Vordenker des 20. Jahrhunderts, der
österreichische Ökonom und Sozialphilosoph Friedrich August von Hayek, die
Ansicht, dass Regierungen kein Monopol auf die Geldausgabe haben sollten.
Stattdessen sollten Privatbanken die Möglichkeit haben, ihr eigenes Geld
auszugeben. Diese Privatwährungen sollten gegeneinander konkurrieren
können. Und Währungen mit einem stabilen Wert sollten weniger stabile
Währungen vom Markt verdrängen.
## Facebook-Gründer Zuckerberg scheiterte mit Libra
Verfechter eines solchen Libertarismus, der in der individuellen Freiheit
den höchsten politischen Wert sieht, gehen also so weit, den Staat sogar
aus einer seiner wichtigsten hoheitlichen Verantwortung zurückdrängen zu
wollen. Denn neben der Erhebung von Steuern und der Schaffung von innerer
und äußerer Sicherheit ist die Ausgabe einer eigenen Währung eine der
wichtigsten Aufgaben und Vorrechte eines Staates. Deswegen scheiterte auch
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg mit seiner [4][Kryptowährung Libra] am
Widerstand der Notenbanken.
Ein wichtiges Argument, das Notenbanker immer wieder gegen das
Facebook-Projekt sowie Kryptowährungen wie Bitcoin vorbrachten, ist ihre
mangelnde Wertstabilität. Denn gerade weil hinter ihnen kein Staat steht,
schwanken sie massiv im Wert. Und so eignen sie sich auch nicht als
allgemeines Äquivalent, also Geld. Denn dieses hat letztlich drei
Funktionen: Es dient als Tauschmittel, Recheneinheit und
Wertaufbewahrungsmittel. Und insbesondere für die letzte Funktion ist es
elementar, dass Geld beziehungsweise Währungen keinen großen
Kursschwankungen ausgesetzt sind. Denn dadurch besteht die Gefahr, dass sie
schnell massiv an Wert verlieren können.
Staatliche Notenbanken machen den Kapitalismus also stabiler. Sie sind auch
noch gar nicht so alt. Die US-Notenbank Fed wurde erst 1913 gegründet. Die
europäischen Staaten waren da schon etwas schneller. Die Schaffung moderner
Notenbanken geschah dabei meist aus ein und demselben Grund: Zuvor gaben
Privatbanken immer wieder mehr Kredite und Banknoten aus, als sie
eigentlich durften, weil es niemanden gab, der sie regulierte. Die Folge
waren wiederkehrende heftige Zusammenbrüche der Wirtschaft.
Die Herausbildung des modernen [5][Zentralbanksystems] ist also auch eine
Lehre aus den Krisen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Dies will die
neoliberale Internationale offenbar nicht wahrhaben. Und insofern spielt
Trump auch ökonomisch mit dem Feuer, wenn er mit dem Bitcoin spielt.
16 Dec 2024
## LINKS
[1] /Kari-Lake-als-Voice-of-America-Chefin/!6051322
[2] /Neuer-SEC-Vorsitzender-Paul-Atkins/!6050207
[3] /Argentiniens-Praesident-Javier-Milei/!6056359
[4] /Entscheidung-ueber-digitalen-Euro/!5963770
[5] /Konjunktur-in-der-Eurozone/!6051311
## AUTOREN
Simon Poelchau
## TAGS
Bitcoin
Finanzmarkt
Donald Trump
Federal Reserve
Kryptowährung
Neoliberalismus
Social-Auswahl
Kryptowährung
Schwerpunkt USA unter Trump
Kolumne Economy, bitch
Memes
Schwerpunkt USA unter Trump
Argentinien
Federal Reserve
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nach Crash der Kryptowährung $LIBRA: Milei will schlecht informiert gewesen se…
Eine von dem argentinischen Präsidenten beworbene Kryptowährung entpuppt
sich als „rug pull“. Hat er das wirklich nicht wissen können?
Donald Trumps eigene Digitalwährung: Die Krypto-Box der Pandora ist offen
Mit seiner eigenen Digitalwährung macht der neue US-Präsident nicht nur
Geld. Er begibt sich auch in einen neuen Interessenkonflikt.
Börsen-Trends: Trump-Fans hoffen auf Anti-Woke-ETF
Weil das Gewissen wichtiger wird, boomen Investitionen in ethische ETFs.
Einige US-Anleger wollen hingegen „woke“ Unternehmen explizit ausschließen.
Netzphänomene und Kryptowährungen: Währung auf Speed
Wem Bitcoin nicht spekulativ genug ist, kann in Sad Hamster, Dogelon Mars
oder Luigi investieren. Herzlich willkommen in der Welt der Memecoins!
Künftige US-Regierung: Donald Trumps Gruselkabinett
Immer klarer zeichnet sich ab, mit wem der nächste US-Präsident regieren
will. Das gemeinsame Ziel: den Staat um- und abbauen.
Argentinien ein Jahr unter Javier Milei: Arm sein im Anarcho-Kapitalismus
Argentiniens Präsident legt die Kettensäge an den Sozialstaat. In den
Elendsvierteln von Buenos Aires nutzt das vor allem den Drogenbaronen.
US-Notenbank vor der Zinswende: Der Elefant ist Donald Trump
Die Finanzwelt wartet auf eine Ansage von Fed-Chef Powell beim
Notenbanktreffen. Gewinnt Trump, ist die Unabhängigkeit der US-Institution
in Gefahr.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.