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# taz.de -- MDR muss „Die Partei“-Werbespot senden: AfD-Politiker erschieß…
> Der MDR weigerte sich, einen satirischen Wahlwerbesport von Die Partei zu
> senden. Zwei Gerichte entschieden nun anders.
Bild: Demonstration gegen Neue Rechte in Minden im Januar 2024
Kurt Tucholsky schrieb: „Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz
macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel.“ Das war
vor exakt 105 Jahren. Und heute sind wir anscheinend wieder so weit. Der
1919 im Berliner Tageblatt erschienene Text stellt [1][die berühmte Frage:
„Was darf Satire?“] Tucholskys energisches Plädoyer gibt die bündige
Antwort: „Alles.“
Aber erst mal zum Sofa, das aktuell in Leipzig steht. Hier wehrt sich der
MDR, [2][einen Wahlwerbespot von Die Partei] zur Landtagswahl in Sachsen am
1. September im Radio zu senden. In diesem Spot hören ein Mann und eine
Frau eine fiktive Nachrichtensendung über die Vereidigung einer frisch
gewählten AfD-Landesregierung im Bundesland. Der Mann merkt in breitestem
Sächsisch an, dass die Faschisten wieder an der Macht sind. Und die Frau
fragt, was sich da machen lasse. Der Mann sagt, er hole „die Knarre aus dem
Keller“. Und dann machen die beiden trotz seiner „Beene“ Jagd auf
vermeintliche AfD-Wähler, garniert mit Sprüchen wie „Oah, die können ihre
Pfeffis mal schön in der hohlen Hand heeme schleppen“. Am Ende des
Werbespots sagt eine andere Frau: „Bevor es zu spät ist, wählen Sie Die
Partei!“
Wirklich lustig ist das nicht. Aber klar Satire. Und keinesfalls, wie der
MDR argumentiert, ein Aufruf zur Gewalt. Egal, wie jedeR diese Nummer der
sich ja ausdrücklich Satire-Partei nennenden Kombo bewertet, müsste der
Fall damit erledigt sein. Ist er aber nicht.
Die Öffentlich-Rechtlichen müssen vor Wahlen Parteiwerbespots ausstrahlen.
Inhaltlich verantwortlich sind die jeweiligen Parteien und nicht die
Sender. Gegen eine Ausstrahlung lässt sich nur vorgehen, wenn der Spot
„evident und erheblich“ gegen das Strafrecht verstößt.
## Ganz klar Satire
Was also reitet den MDR, vor dem Verwaltungsgericht Leipzig genau das zu
behaupten? Das Gericht bewies höhere Ironiekompetenz als der
öffentlich-rechtliche Sender. Der Spot sei durch seine Überzeichnung klar
Satire, so das Gericht. Eine strafbare Gewaltdarstellung liege genauso
wenig vor wie ein Aufruf zur Gewalt.
[3][Der MDR] ließ nicht locker und bemühte das sächsische
Oberverwaltungsgericht. Und musste sich auch dort belehren lassen, wie es
sich mit Satire verhält. Sind das schon Vorkehrungen und Schiss vor einer
möglichen AfD-Regierung? Die AfD will den ÖRR in seiner heutigen Form
abschaffen und nutzt vorher alle Möglichkeiten, sich mit ihm und in ihm und
gegen ihn zu profilieren.
Die Anstalten wären also gut beraten, sich offensiv dagegen zu
positionieren. Und nicht noch der Satire Bärendienste zu erweisen. Denn
Satire „muss übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie
bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird“. Das war jetzt nicht von
mir, sondern wieder Tucholsky. „Wieder was gelernt. Es fehlt dem MDR eine
Satire-Beauftragte, um eine gemeinsam klare Auffassung zu haben“, sagt die
Mitbewohnerin.
22 Aug 2024
## LINKS
[1] /Debatte-Presse--und-Kunstfreiheit/!5024377
[2] https://www.youtube.com/watch?v=lW6FMbIj7sU
[3] /Kuerzungen-und-Entlassungen-beim-MDR/!6007610
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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