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# taz.de -- Aktivisten verklagen Verfassungsschutz: Gefährliche Anrufe beim Ar…
> Der bayerische Verfassungsschutz hat weitreichende Befugnisse zur
> Information privater Stellen. Dagegen klagen jetzt Klima-Aktivist:innen.
Bild: Klima-Aktivistinnen in München protestieren gegen die Automobilausstellu…
Berlin taz | Fünf linksradikale Klimaaktivist:innen klagen beim
Bundesverfassungsgericht dagegen, dass der bayerische Verfassungsschutz
unter erleichterten Voraussetzungen Arbeitgeber, Vermieter und andere
private Stellen informieren darf. Dies verletze ihr Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung.
Die fünf Personen aus München gehören unter anderem der [1][Gruppe „Ende
Gelände“] an, die vom Verfassungsschutz als [2][linksextremistischer
Verdachtsfall eingestuft] wird. Sie halten diese Einstufung zwar für
falsch, allerdings ermöglicht sie den Aktivist:innen, gegen eine Neuerung
im bayerischen Verfassungsschutzgesetz zu klagen, da sie als vermeintliche
Extremist:innen hiervon potenziell betroffen sind.
Seit August 2023 darf der bayerische Verfassungsschutz Informationen an
private Stellen weitergeben, „wenn dies erforderlich ist zur Verhütung oder
Beseitigung sonstiger erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder zur
Wahrung schutzwürdiger Interessen des Empfängers“.
Die Kläger:innen befürchten, dass der Verfassungsschutz zum Beispiel
ihre Arbeitgeber über ihre [3][vermeintlich verfassungsfeindlichen
Aktivitäten] informiert. Auch Vermieter, Veranstalter oder Banken könnten
kontaktiert werden.
Der Verfassungsschutz kann den privaten Akteuren zwar keine Vorgaben
machen, aber je nach persönlicher Einstellung könnten sie
Arbeitsverhältnisse und Wohnungen kündigen, Aufträge stornieren und
Hausverbote aussprechen. Dies könne bis zur Vernichtung beruflicher
Existenzen reichen.
## Hoffnung auf ein Grundsatzurteil
Die 69-seitige Verfassungsbeschwerde, die der taz vorliegt, wurde von der
Gesellschaft für Freiheitssrechte (GFF) koordiniert und von Rechtsanwalt
David Werdermann verfasst. Als praktisches Beispiel verweist Werdermann auf
den Fall eines muslimischen Nachwuchswissenschaftlers, dessen Vertrag an
einer sächsischen Universität nicht verlängert wurde. Zwei anschließende
Anstellungen an privaten Forschungseinrichtungen wurden noch in der
Probezeit gekündigt.
Jeweils hatte der sächsische Verfassungsschutz Kontakt aufgenommen und über
vermeintlich islamistische Verwicklungen des Ingenieurs informiert. Der
Mann wusste nichts von den Interventionen und erfuhr davon erst nach
Recherchen seines Anwalts. Am Ende erhielt der Ingenieur eine Entschädigung
von 145.000 Euro, berichtete 2020 der Spiegel.
Für ein solches Vorgehen des Verfassungsschutzes wurde in Bayern nun eine
neue gesetzliche Grundlage geschaffen. Zwar durfte der Verfassungsschutz in
Bayern auch früher schon private Stellen kontaktieren. 2023 wurden jedoch
die Anforderungen abgesenkt. Dies ermöglichte die nun erhobene Klage.
Bisher hat das Bundesverfassungsgericht noch nicht über die Weitergabe von
Verfassungsschutzinformationen an private Stellen entschieden. Anwalt
Werdermann hofft auf ein Karlsruher Grundsatzurteil.
## Keine Pflicht gibt, die Betroffenen zu informieren
Laut Klage soll die Information von Arbeitgebern und Vermietern nur möglich
sein, wenn es zumindest eine „konkretisierte Gefahr für ein besonders
gewichtiges Rechtsgut“ gibt. Eine solche Übermittlungsschwelle fehle jedoch
im bayerischen Gesetz. Deshalb sei die bayerische Regelung
unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig.
Außerdem beanstandet Anwalt Werdermann, dass es für den Verfassungsschutz
keine Pflicht gibt, die Betroffenen zu informieren, wenn
Arbeitgeber:innen und Vermieter:innen über ihre Aktivitäten und
deren Einstufung durch den Verfassungsschutz informiert werden.
Zuständig ist in Karlsruhe der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts,
der bereits [4][im April 2022 eine umfassende Korrektur] des bayerischen
Verfassungsschutzrechts verlangt hatte.
3 Aug 2024
## LINKS
[1] /Verfassungsschutz-gegen-Ende-Gelaende/!6014610
[2] /Verfassungsschutz-gegen-Klimaprotest/!6017562
[3] /Ende-Gelaende-ueber-Verfassungsschutz/!6017628
[4] /BVerfG-zu-Verfassungsschutzgesetz/!5847193
## AUTOREN
Christian Rath
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