# taz.de -- Demenzrisiko vermindern: Gesundheit fürs Gehirn | |
> Gut die Hälfte aller Demenzfälle könnten vermieden werden, sagt eine neue | |
> Studie. Das stimmt nur halb, ist aber trotzdem interessant. | |
Bild: Gesund ist anders: Alkoholkonsum und Rauchen zählen zu den Risikofaktore… | |
Rund 1,8 Millionen Menschen in Deutschland leben [1][mit einer Demenz], | |
Tendenz steigend. Knapp die Hälfte dieser Demenzerkrankungen wäre | |
vermeidbar oder zumindest stark verzögerbar – zu diesem Schluss kommt ein | |
[2][neuer Report] der Lancet-Kommission für Demenzprävention. | |
Im Jahr 2017 veröffentlichten diese Expert*innen erstmals eine Liste von | |
[3][Risikofaktoren für Demenz]. Dazu gehören so unterschiedliche Faktoren | |
wie geringe Bildung, eingeschränkte Hörfähigkeit, Depressionen, | |
Kopfverletzungen, Bewegungsmangel, Diabetes Typ 2, Rauchen, Bluthochdruck, | |
starkes Übergewicht, übermäßiger Alkoholkonsum, soziale Isolation und | |
Luftverschmutzung. | |
Diese – nicht unumstrittene – Auflistung wurde jetzt um zwei Faktoren | |
ergänzt: Auch ein hoher Cholesterinspiegel ab dem 40. Lebensjahr und eine | |
nicht behandelte Sehschwäche im fortgeschrittenen Alter erhöhen jeweils die | |
Wahrscheinlichkeit, eine Demenz zu entwickeln. | |
## Die Studie | |
Der Report beruht auf einer Metaanalyse bestehender Studien zu | |
Risikofaktoren für Demenz. Aus diesen Daten berechneten die Expert*innen, | |
dass 45 Prozent aller Demenzerkrankungen verhindert werden könnten, wenn | |
man alle Risikofaktoren eliminierte. Die Nachricht geistert nun durch die | |
Medien, sie ist aber mit Vorsicht zu genießen. | |
Kritische Expert:innen betonen, dass einzelne Faktoren sich überlappten, | |
sodass ein Aufsummieren nicht sinnvoll sei. Auch könne die Studie keine | |
Kausalität zwischen einzelnen Faktoren und Demenz darlegen, sondern nur | |
Korrelation nachweisen. | |
Ob ein zu hoher Cholesterinspiegel beispielsweise direkt zu Demenz führt | |
oder stattdessen zu Herzproblemen, die wiederum dem Gehirn schaden, lässt | |
sich aus der Literatur nicht herauslesen. Ebenfalls kritisiert wird die | |
Auswahl der Studien für die Metaanalyse, denn sie überrepräsentiert die | |
Bevölkerung der Nordhalbkugel. Das stärkste Argument: Es sei unmöglich, | |
alle Risikofaktoren komplett auszuschalten – die 45 Prozent werden daher | |
als sehr hoch gegriffen eingeschätzt. | |
## Was bringt’s? | |
Der Report zeigt Handlungsspielräume auf. Die gute Nachricht dabei: Wer | |
allgemein auf seine Gesundheit achtet und vor allem auf die Herzgesundheit, | |
der schützt auch sein Gehirn. Die Risikofaktoren zeigen, wo wir ansetzen | |
können, um körperlich und geistig fit zu bleiben. Manche Faktoren, etwa | |
Alkoholkonsum, können die Menschen selbst beeinflussen. | |
Was die Studie einigen Expert*innen zufolge nicht ausreichend betont, | |
ist die Verantwortung der Politik: Sie muss Rahmenbedingungen schaffen, in | |
denen ein gesundes Leben möglich und naheliegend ist. Luft muss sauber | |
sein, gesunde Ernährung bezahlbar. | |
Außerdem zeigt das Modell der Lancet-Kommission, dass Demenzprävention | |
[4][nicht erst im Alter beginnen sollte]. Jedes gesunde Lebensjahr zählt. | |
Jerrit Schloßer | |
7 Aug 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Demenz/!t5028282 | |
[2] https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(24)01296-0/… | |
[3] https://www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/vorbeugen/risikofaktoren/ | |
[4] /Alzheimer-bei-Downsyndrom/!6025019 | |
## AUTOREN | |
Jerrit Schlosser | |
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