| # taz.de -- Rechtsextreme Vorfälle an Schulen: Starker Anstieg, hohe Dunkelzif… | |
| > An Berlins Schulen werden immer mehr rechtsextreme Vorfälle registriert. | |
| > Fachleute befürchten aber, dass das Problem eigentlich noch viel größer | |
| > ist. | |
| Bild: Protest gegen Nazis an einem Schultor in Reinickendorf. Archivbild | |
| Berlin taz | Gewalttaten, Schmierereien, Parolen: Die Zahl der bei der | |
| Polizei gemeldeten rechtsextremen Vorfälle an Berliner Schulen hat in den | |
| vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Das geht aus einer Antwort der | |
| Innenverwaltung auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Ferat Koçak | |
| hervor. Demnach gab es im vergangenen Jahr 70 rechtsmotivierte Vorkommnisse | |
| an Schulen, 2022 waren es 64. Im Jahr 2021 wurden 41 solcher Fälle | |
| registriert. Das ist ein Anstieg von rund 70 Prozent innerhalb von zwei | |
| Jahren. | |
| Auch im laufenden Jahr dürfte die Zahl erneut wachsen: Bis Juli wurden | |
| bereits 48 Vorfälle erfasst, darunter eine mutmaßliche Bedrohung, mehrere | |
| Beleidigungen und Sachbeschädigungen sowie Volksverhetzungen. „Die Zahlen | |
| sind alarmierend“, sagt Ferat Koçak, Linken-Fraktionssprecher für | |
| Strategien gegen Rechts: „Zwar ist davon auszugehen, dass die Zahlen von | |
| 2021 wegen der Schulschließungen nur bedingt aussagefähig sind, dennoch | |
| steigt die Zahl der Vorfälle kontinuierlich an.“ | |
| Koçak befürchtet [1][ein wachsendes Klima der Angst an Schulen] für viele | |
| Schüler*innen: „Für Kinder mit Migrationsgeschichte, für politisch | |
| Andersdenkende und solche, die schlicht nicht ins Weltbild von Rechten | |
| passen, wird offenbar auch die Schule zunehmend zu einem gefährlichen Ort.“ | |
| Anna Schmidt von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) | |
| weist darauf hin, dass die Polizeistatistik nur die Spitze des Eisbergs | |
| abbildet: „Unsere Erfahrung zeigt: Die Dunkelziffer ist viel, viel höher. | |
| In Berlin gibt es 785 Schulen, und vermutlich an jeder davon kommt es zu | |
| rassistischen, rechten und homophoben Sprüchen“, sagt Schmidt zur taz. | |
| Wichtig sei, Schulen dazu zu bringen, solche Vorfälle nicht unter den Tisch | |
| fallen zu lassen, sondern konsequent zu melden. | |
| ## Schmierereien ernst nehmen | |
| Bei einem großen Teil der in der Polizeistatistik erfassten Vorfälle | |
| handelt es sich um potenziell strafbaren Vandalismus, also etwa eingeritzte | |
| Hakenkreuze oder Graffiti auf dem Schulhof. In diesen Fällen wird meist | |
| wegen des Verdachts auf Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und | |
| terroristischer Organisationen ermittelt – zum Teil aber auch wegen | |
| Volksverhetzung und Sachbeschädigung. | |
| Beraterin Schmidt von der MBR betont, dass Schmierereien durchaus ernst | |
| genommen werden müssen: „Sticker und Graffiti senden an linke, alternative, | |
| queere und migrantisierte Kinder und Jugendliche die Botschaft: Ihr seid | |
| hier nicht willkommen.“ Deshalb empfehle sie immer ein frühzeitiges | |
| Eingreifen – auch bei Beleidigungen und Sprüchen, die nicht strafbar sind. | |
| ## Umtriebige Neonazi-Partei „Der Dritte Weg“ | |
| Den Zahlen zufolge liegt ein besonderer Schwerpunkt rechtsextremer | |
| Aktivitäten an Schulen auf Bezirken im Berliner Osten. Die meisten Vorfälle | |
| im laufenden Kalenderjahr wurden an Schulen in Marzahn-Hellersdorf sowie in | |
| Pankow gezählt: jeweils zehn. Es folgt mit sieben erfassten Vorkommnissen | |
| Lichtenberg. | |
| Diese Bezirke stehen seit einiger Zeit im Blick der [2][Neonazi-Partei | |
| „Dritter Weg“] und deren Jugendorganisation „Nationalrevolutionäre Jugen… | |
| (NRJ). Mehrfach wurden [3][Jugendeinrichtungen angegriffen], zudem verteilt | |
| die NRJ immer wieder Nazipropaganda vor den Eingängen von Schulen, wie | |
| Schüler*innen berichten. Der Berliner Senat hat indes keine gesonderten | |
| Erkenntnisse über solche Aktionen in der Nähe von Schulen, verweist aber | |
| auf die selbsternannte „Schulhofoffensive“ der NRJ. | |
| ## Fokus auf angehende Lehrkräfte | |
| Angesichts der Sparpolitik des Berliner Senats fürchtet Ferat Koçak, dass | |
| „dringend benötigte Unterstützungsangebote“ für betroffene Schüler und | |
| „wichtige Präventionsmittel“ bald wegfallen könnten. Dabei betont Koçak, | |
| dass bei Schulkindern oft noch kein geschlossenes rechtes Weltbild | |
| vorliege, „sodass diesem begegnet und eine Verfestigung verhindert werden“ | |
| könne. | |
| Laut Anna Schmidt kümmern sich bereits viele Angebote um die Schüler*innen. | |
| Derzeit brauche es auch einen Fokus auf die Lehrkräfte – und dabei | |
| insbesondere auf die angehenden Lehrer*innen. Im Lehramtsstudium und | |
| Referendariat sei die Auseinandersetzung mit Rassismus und | |
| Rechtsextremismus im Schulalltag nicht verpflichtend vorgesehen. „Doch es | |
| ist wichtig, dass Lehrkräfte mit dem Handwerkszeug ausgestattet werden, um | |
| solchen Vorfällen entschieden begegnen zu können“, sagt Schmidt. | |
| 24 Jul 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Demokratieexperte-ueber-rechte-Gewalt/!5998558 | |
| [2] /Der-III-Weg/!t5420776 | |
| [3] /Rechtsextreme-Vorfaelle-in-Berlin/!6003290 | |
| ## AUTOREN | |
| Hanno Fleckenstein | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Neonazis | |
| Der III. Weg | |
| Rechtsextremismus | |
| Gewalt in der Schule | |
| Prävention | |
| Rechtsextremismus | |
| Nazis | |
| Rechtsextremismus | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| Der III. Weg | |
| Schwerpunkt Neonazis | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Rechtsextremismus und Nahost: Schüler fordern Runden Tisch | |
| Landesschülerausschuss drängt den Senat zu einem umfassenden Konzept gegen | |
| Extremismus | |
| Rechtsextreme Jugend: Rückkehr der Springerstiefel | |
| Von der Propaganda auf Tiktok zur Aktion auf der Straße: Eine rechte | |
| Jugendkultur breitet sich aus und bringt neue Gruppen zum Vorschein. | |
| Westdeutsche Neonazis im Osten: Von Dortmund nach Halberstadt | |
| Seit 2022 beobachtet der Verfassungsschutz, dass Rechtsextreme aus NRW nach | |
| Sachsen-Anhalt ziehen. Was suchen westdeutsche Rechte im Harz? | |
| Rechte Gewalt in Hamburg: Die Hemmschwelle sinkt | |
| Die Hamburger Beratungsstelle für rechts-motivierte Gewalt dokumentiert für | |
| 2023 zwei bis drei Vorfälle am Tag. Ein Drittel mehr als im Vorjahr. | |
| Razzia bei Neonazipartei Dritter Weg: Ein Übergriff zu viel | |
| Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 9 Neonazis wegen eines | |
| Überfalls auf Antifas – und Polizisten. Zahlreiche Waffen werden | |
| beschlagnahmt. | |
| Rechtsextreme Vorfälle in Berlin: Neonazis drangsalieren Jugendclubs | |
| Die Kleinstpartei „Der III. Weg“ verstärkt offenbar ihre Aktivitäten – | |
| insbesondere in Pankow. Dort wurde vergangene Woche ein Parteikader | |
| niedergestochen. | |
| Nazis in Brandenburg: Fataler Burgfrieden | |
| Zwei Lehrkräfte kritisieren Naziumtriebe an ihrer Schule. Die | |
| Landesregierung hilft nur halbherzig – ein Vorgeschmack auf die Wahlen | |
| 2024. |