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# taz.de -- Attentate auf Hamas-Führer: Eine Demonstration der Präzision
> Immer wieder tötet Israel hochrangige Offizielle seiner Gegner. Wie
> sinnvoll sind solche Operationen?
Bild: Plakate wie dieses in Beirut erinnern an den getöteten General der Revol…
Nicht ein Luftschlag soll Ismael Haniyeh, Chef des Politbüros der Hamas,
[1][getötet haben] – sondern eine Bombe, platziert in dem Gästehaus in
Teheran, in dem sich Haniyeh zur Amtseinführung des neuen Präsidenten Irans
aufhielt.
So berichtet es die New York Times mit Bezug auf Insiderangaben: Bereits
vor zwei Monaten soll die Bombe in das für Haniyeh vorgesehene Zimmer in
dem vom Staat Iran selbst betriebenen Anwesen geschmuggelt worden sein. Das
Gelände soll nicht nur genutzt worden sein, um prominente Gäste zu
beherbergen, sondern auch für geheime Treffen der Revolutionsgarden.
Wer auch immer den Anschlag ausgeführt hat – denn auch wenn Israel
naheliegt, hat Jerusalem bisher nichts bestätigt –, hatte intime Kenntnisse
des Geländes und Kontakte, die vielleicht sogar bis in die
Revolutionsgarden selbst reichen könnten.
Haniyeh ist der jüngste Fall einer langen Reihe von gezielten Tötungen, zu
denen sich Israel entweder bekannt hat, oder als Ausführer naheliegt.
Gerade in den vergangenen Wochen häuften sie sich: Haniyeh in Teheran. Fuad
Shukr, wichtiger Kommandant der Hisbollah und wohl verantwortlich für den
Raketenangriff auf das auf den Golanhöhen gelegene [2][Dorf Majdal Shams],
in einem südlichen Vorort von Beirut. Und letzten Monat Muhammad Deif,
oberster Befehlshaber des militärischen Flügels der Hamas, in Gaza.
Allen ist gemein: Um die Angriffe auszuführen, waren präzise
Insiderinformationen notwendig. Sie führen die Sicherheitsmaßnahmen Irans
und seiner Milizen Hisbollah und Hamas regelrecht vor. Die Botschaft
Israels ist deutlich: Greift uns an, und [3][wir finden euch], egal wo.
Allein im vergangenen Jahr hat Israel 13 Offizielle seiner Gegner in hohen
Positionen getötet – und dabei sind nur die Vorfälle außerhalb seiner
eigenen Staatsgrenze, sowie außerhalb des besetzten Westjordanlands und
Gaza mitgezählt.
Die Antwort Irans und seiner verbündeten Milizen wird sicherlich mit einer
gewissen Härte ausfallen. Alles andere wäre für die Islamische Republik ein
weiterer Gesichtsverlust. Doch nicht nur für Hamas und Iran, sondern auch
für die noch immer über 120 [4][im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln]
bedeutet der Tod von Haniyeh nichts Gutes.
Auch wenn Haniyeh entgegen vielen Medienangaben die Geiselverhandlungen
wohl nicht selbst führte, ist es unrealistisch, dass die Hamas nach seinem
Tod alsbald mit williger Miene [5][an den Verhandlungstisch zurückkehren]
wird.
## Manche Tötungen verlangsamen den Gegner
In Anbetracht dieses wohl hohen Preises stellt sich die Frage: Bringen
diese gezielten Tötungen Israel überhaupt etwas?
Die so Getöteten befinden sich in Entscheidungspositionen, die Fäden
essenzieller Informationen laufen oft bei ihnen zusammen. Ein gutes
Beispiel ist Qassem Soleimani, Kommandeur der Eliteeinheit Quds der
iranischen Revolutionsgarden und 2020 in der irakischen Hauptstadt Bagdad
[6][von den USA] mit einem gezielten Luftschlag getötet.
Soleimani stand Ali Chamenei, dem obersten Führer Irans nahe, und galt als
Hüter von Informationen, der Entscheidungen gerne selbst traf. Ihn
auszuschalten, so Analysten, setzte die Operationsfähigkeit der
Quds-Einheit zeitweise deutlich zurück. Ein weiteres Beispiel ist Mohsen
Fakhrizadeh, der als Architekt des iranischen Atomprogramms galt, und 2020
von einer wohl aus der Ferne von Israel kontrollierten Schusswaffe getötet
wurde. Auch sein Wissen galt als spezialisiert.
Anders ist es wohl bei Haniyeh. Er ist einfacher ersetzbar, seine
Fähigkeiten und sein Wissen weniger einzigartig. Im Gegensatz zu Shukr in
der Hisbollah im Libanon hatte er außerdem keine tragende Rolle in der
Kommandostruktur des militärischen Flügels der Hamas.
Sein Tod erinnert an [7][Sheikh Yassin Ahmad], Mitbegründer der
Muslimbruderschaft und damit schließlich der Hamas in Gaza. Im Jahr 2004
tötete Israel ihn mit einem Luftschlag in Gaza. Die Proteste in den
palästinensischen Gebieten waren damals immens. Rückblickend scheint seine
Tötung keinen großen Unterschied für die Fähigkeiten der Hamas und damit
für Israel gemacht zu haben.
Eher im Gegenteil: Nach Yassins Tod rückte die Hamas näher an Iran heran.
Wer Haniyeh nachfolgen wird – und in welche Richtung der Nachfolger die
Hamas lenken wird – ist noch unklar.
2 Aug 2024
## LINKS
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[3] /Israels-Taktik-der-gezielten-Toetungen/!5981346
[4] /Befreiung-von-Hamas-Geiseln/!6013186
[5] /-Nachrichten-im-Nahost-Krieg-/!6027332
[6] /Toetung-des-iranischen-Generals-Soleimani/!5823963
[7] /Geschichte-der-Hamas/!5965057
## AUTOREN
Lisa Schneider
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