# taz.de -- Jordanians Außenminister in Iran: Auf Bittbesuch beim Amtskollegen | |
> Im direkten Krieg zwischen Israel und Iran befände sich Jordanien in der | |
> Schusslinie. Der Außenminister des Königreichs plädiert für Deeskalation. | |
Bild: Irans Außenminister Ali Bagheri Kani (rechts) empfängt Joraniens Außen… | |
Amman taz | Es war ein seltener Anblick, den die Kameras der Journalisten | |
in Teheran am Sonntag festhielten. Jordaniens Außenminister Ayman Safadi | |
stand mit ernster Miene vor glänzend silber- und goldverzierten Wänden, | |
eine jordanische Flagge an einer Seite an seiner Seite der iranische | |
Amtskollege Ali Bagheri Kani, der freundlich lächelte. | |
Einen solch hochrangigen Besuch hatte es seit 20 Jahren zwischen der | |
Islamischen Republik Iran und dem haschemitischen Königreich Jordanien | |
nicht gegeben. Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten sind seit Jahren | |
schwierig, und seit Beginn des Krieges in Gaza spitzt sich diese Anspannung | |
weiter zu. | |
Wiederholt machte Jordanien in den vergangenen Monaten Iran-nahe Gruppen | |
für den Schmuggel von Drogen aus Syrien verantwortlich. Und erst im Mai | |
gaben anonyme jordanische Beamte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters | |
an, einen von Iran erdachten Plan vereitelt zu haben, Waffen nach Jordanien | |
zu schmuggeln. Für „Sabotageakte“, so die Quellen zu Reuters. | |
Doch die Angelegenheit an diesem Sonntag ist ernst, wie Safadis Blick | |
verrät. Nach der [1][Tötung des Chef des Hamas-Politbüros], Ismail Haniyeh, | |
in einem Gebäudekomplex in Teheran, droht ein [2][Flächenbrand in der | |
gesamten Region]. Iran macht Israel für den Mord verantwortlich, das sich | |
dazu bisher nicht offiziell geäußert hat. Einen Tag zuvor hatte eine | |
israelische Drohne den Hisbollah-Kommandeur Fuad Schukr in der Hauptstadt | |
Beiruts aus der Luft angegriffen und getötet. Sowohl die iranunterstützen | |
Hisbollah als auch Iran haben Vergeltung angekündigt. | |
## Die Hälfte der Jordanier hat palästinensische Wurzeln | |
Jordanien befindet sich geografisch zwischen Iran und Israel – und somit in | |
der Linie einer möglichen Konfrontation. Das Land teilt eine über 450 | |
Kilometer lange Grenze mit Israel und dem Westjordanland, im Süden ist es | |
von Saudi-Arabien, im Osten vom Irak und im Norden von Syrien umgeben. | |
Schätzungen zufolge hat mindestens die Hälfte seiner Bevölkerung | |
palästinensische Wurzeln. | |
Safadi machte also am Sonntag einen letzten verzweifelten Versuch, [3][die | |
Situation zu deeskalieren]. Er traf sich mit dem [4][neugewählten | |
iranischen Präsidenten Masoud Pezeshkian], um eine Botschaft des Königs | |
Jordaniens Abdullah II. zur aktuellen Lage zu überreichen. Was genau die | |
Botschaft enthielt, wurde nicht öffentlich. | |
Safadi sagte jedoch, man wolle die Region vor der Geißel eines regionalen | |
Krieges bewahren und dafür sei ein Ende des Konflikts in Gaza notwendig. So | |
berichtet es die jordanische Nachrichtenagentur Petra. „Mein Besuch in Iran | |
dient der Beratung über die ernste Eskalation in der Region und der | |
Beteiligung an einer ehrlichen und klaren Diskussion über die Überwindung | |
der Unterschiede zwischen unseren beiden Ländern“, zitiert ihn die | |
Nachrichtenagentur Reuters. | |
Am Montag kam außerdem nach Berichten der russischen Nachrichtenagentur | |
Interfax Sergey Shoigu, Sekretär des Sicherheitsrats Russlands, im Iran an. | |
Auch er soll mit Pezeshkian sprechen. | |
## Jordanien ist ein Partner des Westens | |
Mitte April hatte Jordanien mehrere iranische Drohnen und Raketen | |
abgefangen, die auf dem Weg nach Israel waren. Die Behörden betonten, man | |
wolle vermeiden, dass Jordaniens Himmel zum Schlachtfeld wird. Ob das in | |
einem Ernstfall erneut geschehen könnte, ist unklar. Wahrscheinlich sei es | |
jedenfalls, sagt der jordanische Geopolitik-Experte Amer Al-Sabaileh. | |
Jordanien ist traditionell ein Partner des Westens in Nahost, US-Truppen | |
sind in dem Land und auf Stützpunkten an seinen Grenzen stationiert. | |
„Ein Kriegsszenario zwischen Iran und Israel wird Jordanien gewiss in eine | |
riskante Lage bringen und das Land in die Mitte des Konflikts stellen. Die | |
Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Iran Jordaniens geografische Lage in | |
einer Konfrontation mit Israel ausnutzt.“ Dies bringe mehrere | |
Sicherheitsrisiken mit sich. Jordanien fürchte etwa, dass das Königreich | |
als proamerikanisches Target zum Ziel werden könnte. Außerdem könnten etwa | |
fehlgeleitete Raketen auf jordanischen Boden fallen, Menschen verletzen | |
oder Gebäude beschädigen. | |
Jordanien wolle sich aus der Eskalation raushalten, so Al-Sabaileh. Und | |
seine Position, die auch durch die militärische Kooperation mit den USA | |
bedingt ist, erläutern. So sei der Besuch Safadis zu deuten. | |
Ähnlich sieht es Alex Vatanka, Direktor des Iran-Programms an der Middle | |
East Institute in Washington. „Jordanien ist ein Frontstaat. Es hat viel zu | |
verlieren bei einem regionalen Krieg, auch wegen der Größe seiner | |
[5][palästinensischen Bevölkerung] und der Verbindungen zu Israel.“ Amman | |
sei offenbar sehr besorgt und wolle eine „pro-aktive“ Rolle einnehmen, um | |
einen breiteren Krieg zu vermeiden. Dass Jordanien seine Beziehungen zum | |
Iran nun bessern wolle, geschieht jedoch aus der Not heraus – und nicht aus | |
echtem Einvernehmen über die wichtigsten Themen der Region. | |
6 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Serena Bilanceri | |
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