# taz.de -- Drohender Krieg zwischen Iran und Israel: Fatalismus unterm Felsend… | |
> Auch im von Israel annektierten Ost-Jerusalem fürchten viele den großen | |
> Krieg. Dort gibt es kaum Bunker – im Gegensatz zum Westteil der Stadt. | |
Bild: Ein Mädchen auf dem Weg zu einem Sommercamp auf dem Gelände der Al-Aqsa… | |
Jerusalem taz | Auf einer schattigen Bank vor der Jerusalemer | |
Kunsthochschule Bezalel ruhen sich Ofir und sein Sohn Yair aus. Während | |
Diplomaten zahlreicher Staaten hektisch versuchen, einen großen regionalen | |
Krieg abzuwenden, herrscht in Jerusalem angespannte Normalität. „Wir haben | |
meinen freien Tag genutzt, um ins Museum zu gehen“, sagt der 40-Jährige. | |
Die Bedrohung sei ihm bewusst, beschäftige ihn im Alltag aber wenig, sagt | |
Ofir. „Wir haben einen Schutzraum in der Wohnung und eine verstärkte | |
Tiefgarage unter unserem Gebäude, dort sind wir sicher“, sagt der | |
Psychologe, der mit seiner Familie im größtenteils jüdisch bewohnten | |
Westteil der Stadt lebt. Zudem habe er Wasser und Essen für einige Tage | |
besorgt. „Es wird schon gut gehen“. | |
Rund eine Woche [1][nach der gezielten Tötung des Hamas-Auslandschefs | |
Ismail Hanija] in der iranischen Hauptstadt ist [2][die Sorge vor einer | |
Eskalation international weiter hoch]. Diplomatische Aufrufe zur | |
Zurückhaltung richten sich sowohl an Jerusalem als auch an Teheran. Einem | |
Bericht des israelischen Sender KAN zufolge riefen Israels Partner unter | |
Führung der USA die israelische Regierung auf, „den Bogen nicht zu | |
überspannen“. Das Ziel sei letztlich „nicht, einen umfassenden Krieg | |
auszulösen“, hieß es in der Botschaft demnach weiter. | |
## Iran hat „Bestrafung“ angekündigt | |
Der [3][Iran bekräftigte gegenüber ausländischen Botschaftern] in Teheran | |
seine Absicht, auf Israels „Abenteurertum“ und den tödlichen Angriff auf | |
Hanije in Teheran zu reagieren. Israel hat sich bisher nicht zu dem Angriff | |
bekannt. Für Mittwoch wollen die Außenminister der Organisation für | |
islamische Zusammenarbeit bei einer Dringlichkeitssitzung in Saudi-Arabien | |
über die „Verbrechen der israelischen Besatzung“ und die „Ermordung“ | |
Hanijas beraten. Die Organisation versteht sich als Stimme der muslimischen | |
Welt. | |
Eine Eskalation wolle Teheran laut eines Sprechers des Außenministeriums | |
vermeiden: „Der Iran versucht, Stabilität in der Region herzustellen“, | |
sagte Nasser Kanaani. „Das wird aber nur gelingen, wenn der Aggressor | |
bestraft wird.“ Der Oberkommandeur der Islamischen Revolutionsgarde, | |
Hossein Salami, bekräftigte die Drohung, Israel „zu gegebener Zeit“ zu | |
bestrafen. | |
„Ich will nicht, dass es Krieg gibt, aber ich glaube, wir haben keine | |
Wahl“, sagt Ofir in Jerusalem. Die Hisbollah und die Führung im Iran würden | |
keinen Frieden wollen. „Ich hoffe, wir werden siegen“, sagt Ofir. Wie so | |
ein Sieg seiner Ansicht nach aussehe? „Ich denke, wir müssen sie hart genug | |
treffen, damit sie aufhören, uns anzugreifen.“ | |
## An mehreren Fronten bedroht | |
Neben einem direkten Angriff durch den Iran, der über ein großes Arsenal an | |
Langstreckenraketen und Drohnen verfügen soll, könnten sich auch | |
[4][proiranische Gruppen in der Region wie die libanesische Hisbollah], die | |
Huthis im Jemen und weitere Gruppen in Syrien und im Irak an einem | |
Vergeltungsschlag beteiligen. Israel ist damit an mehreren Fronten bedroht. | |
Bereits jetzt ist die Lage an mehreren Orten angespannt. Bei einem | |
Israelischen Angriff im Süden des Libanon wurden am Dienstag laut dem | |
libanesischen Gesundheitsministerium fünf Menschen getötet. Eine mit | |
Sprengstoff beladene Drohne der Hisbollah schlug nahe Naharija im Norden | |
Israels ein und verletzte neunzehn Menschen, mindestens einen davon schwer. | |
Im [5][besetzten Westjordanland] tötete die israelische Armee bei | |
Operationen acht Palästinenser. Den Streitkräften zufolge handelte es sich | |
um bewaffnete Kämpfer. Laut dem Gesundheitsministerium in Ramallah waren | |
unter den Toten ein 14-Jähriger und zwei 19-Jährige. | |
In Ostjerusalem beobachtet der palästinensische Hotelbesitzer Raed das | |
Treiben auf dem Busbahnhof nahe dem Damaskustor zur Altstadt. Er fühle sich | |
relativ sicher, obwohl es hier im Gegensatz zum Westteil der Stadt kaum | |
Anlagen zum Schutz vor Raketenangriffe gibt. „Ich weiß nicht, wo der | |
nächste Bunker ist“, sagt Raed. Im Eingang seines Hotels plätschert ein | |
Springbrunnen. Auf der Online-Karte der Stadtverwaltung sind für den | |
Westteil der Stadt die Schutzbunker in einer langen Liste aufgeführt. | |
Im Osten finden sich kaum Einträge, obwohl Israel die mehrheitlich | |
palästinensisch bewohnten Stadtteile bereits 1980 annektiert hat – nach | |
Ansicht eines Großteils der internationalen Gemeinschaft | |
völkerrechtswidrig. Die israelische Menschenrechtsorganisation Acri hatte | |
im vergangenen Oktober kritisiert, dass es keine funktionierenden | |
öffentlichen Schutzräume in Ostjerusalem gebe. | |
## Sicher im Schatten der Altstadt? | |
Raed zieht sein Sicherheitsgefühl vor allem aus der Nähe zur Altstadt, in | |
der einige der heiligsten Städten des Islam und des Judentums liegen. | |
„Niemand hier denkt, dass jemand auf uns zielen wird“, sagt er. Weil es | |
ohnehin keine Bunker gebe, würde die palästinensische Bevölkerung zudem | |
anders reagieren als die Menschen im Westen der Stadt. | |
„Wir haben keine Orte, um uns zu schützen, das ist nicht Teil unserer | |
Realität“, sagt Raed. Viele seiner Gäste hätten nach dem 7. Oktober den | |
alten Gewölbekeller als Schutzraum genutzt. Die palästinensische | |
Belegschaft hingegen sei während der Luftalarme oft nach draußen gegangen, | |
um zu schauen, was passiert. | |
Den Hotelbetreiber besorgt der drohende Angriff weniger als der | |
langfristige Effekt auf die palästinensische Wirtschaft und Gesellschaft. | |
Nach der zweiten Intifada habe beinahe die Hälfte der Hotels im Ostteil der | |
Stadt schließen müssen, sagt er, ebenso wie zahlreiche Läden in der | |
Altstadt. Auch ein Großteil des kulturellen palästinensischen Lebens sei so | |
verschwunden. Er fürchtet, dass eine Ausweitung des Krieges und ein | |
weiteres Ausbleiben von Touristen ähnliche Auswirkungen haben wird. | |
Hinweis: Im Teaser stand „besetztes Ostjerusalem“. Der Ostteil der Stadt | |
ist aber von Israel annektiert. Wir haben das korrigiert. | |
7 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Felix Wellisch | |
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