# taz.de -- Haushaltssperre bei Bremer Behörden: Schulbehörde fällt Rechnen … | |
> Mehrere Ressorts in Bremen verhängen Haushaltssperren, fünf Wochen nach | |
> Beschluss des Haushalts. Die Bildungsbehörde steht für ihre Planung in | |
> Kritik. | |
Bild: Keine leichte Rechnung: Wieviel Geld braucht es für ein Jahr Haushalten? | |
Bremen taz | Nichts Neues geht mehr: Das Bildungsressort, das Sozialressort | |
und am Montag auch das Umweltressort in Bremen haben Haushaltssperren | |
verhängt. Nur gut einen Monat nach der Verabschiedung des Haushalts 2024 | |
für den Zwei-Städte-Staat wird in mehreren Ressorts die Mangelverwaltung | |
ausgerufen. | |
Eine Haushaltssperre kann verhängt werden, wenn sich abzeichnet, dass das | |
vorhandene Budget nur bei äußerster Sparsamkeit bis zum Jahresende | |
ausreicht. Das Wort klingt dramatisch. Es bedeutet aber nicht, dass eine | |
Behörde ihre Arbeit oder Zahlungen einstellt. Sowohl die sogenannten | |
Pflichtaufgaben als auch bereits beschlossene Projekte laufen weiter. | |
Für neue Projekte braucht es unter einer Haushaltssperre allerdings den | |
ausdrücklichen Segen der Hausspitze: Was immer in den Ressorts Soziales, | |
Umwelt und Bildung neu begonnen werden soll, muss jetzt ausnahmsweise von | |
den jeweiligen Senatorinnen extra genehmigt werden. | |
Pikant an der Haushaltssperre in den einzelnen Ressorts ist, dass - [1][wie | |
nach jedem Wahljahr] - der Bremer Haushalt erst im Juni verabschiedet | |
wurde. Davor gab es die sogenannte „haushaltslose Zeit“ – in der nur | |
laufende Projekte und Pflichtaufgaben des jeweiligen Ressorts weitergeführt | |
werden, es gelten also praktisch die gleichen Bedingungen wie bei einer | |
Haushaltssperre. | |
## Sparen durch höhere Kita-Beiträge | |
Insgesamt blieben den betroffenen Ressorts damit nur noch eineinhalb | |
Monate, in denen normal mit eigenen Schwerpunkten und Projekten gearbeitet | |
werden kann. „Das ist nicht der Sinn einer Haushaltsaufstellung“, sagt Jens | |
Eckhoff, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Dann könnten wir für | |
die Bremer Bildungspolitik auch einfach den Sparkommissar aus Berlin | |
bestellen, der das abwickelt.“ | |
Die Umweltbehörde will mit ihrer Haushaltssperre nach eigenen Angaben vor | |
allem vorausschauend planen und schon jetzt sogenannte „Globale | |
Minderausgaben“ einsparen. Dabei handelt es sich um Geld, das bewusst in | |
den Haushalt eingestellt wird, obwohl es gar nicht vorhanden ist. Man geht | |
davon aus, dass ohnehin nie alle Mittel abgerufen werden. Alle Behörden | |
sind aufgerufen, „ihren“ Anteil an den Globalen Minderausgaben einzusparen, | |
im Falle der Umweltbehörde sind das gut 3 Millionen Euro. | |
Wie groß die Lücke zwischen Budget und Bedarf für die beiden anderen | |
Ressorts insgesamt ist, dazu äußern sich das Sozial- und das | |
Bildungsressort nicht. Es ist einfach nicht klar. | |
Um zu sparen, hatte Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) am Montag die | |
Idee ins Spiel gebracht, die Kita-Beiträge zu erhöhen, um mehr Einnahmen zu | |
erzielen. Am Donnerstag beginnt das neue Kita-Jahr, die Betreuungsverträge | |
mit den allermeisten Eltern sind längst unterschrieben. Mit welcher Frist | |
die Betreuungskosten geändert werden dürften, dazu sagt die Behörde nichts. | |
Klar ist nur: Wenn sich die Beitragserhöhung noch im laufenden Haushalt | |
niederschlagen soll, muss es extrem schnell gehen. | |
Trotz der Brisanz des Themas für alle Eltern, [2][deren Beiträge nicht | |
erstattet werden,] und trotz des Zeitdrucks für den laufenden Haushalt gibt | |
die Verwaltung keine weiteren Informationen über ihre möglichen Planungen | |
in dieser Richtung. | |
Die recht drastische Ankündigung könnte ein Grund dafür sein, dass gerade | |
die Bildungsbehörde im Fokus der Kritik steht. Es gibt aber auch andere | |
Gründe: Die Sozialbehörde wird für ihre Haushaltssperre kaum kritisiert. | |
Die Opposition hat ihr bisher zugestanden, dass es dort schwierig ist, die | |
laufenden Ausgaben in den Griff zu bekommen: 95 Prozent der Kosten dort | |
(ohne Personalkosten) entstehen durch Sozialleistungen. Und die liegen in | |
der Tat weitgehend außerhalb ihres Einflussbereichs. | |
„Wir hatten auch in den letzten Jahren immer Haushaltssperren“, so | |
Sozialbehördensprecherin Nina Willborn. „Die Alternative wäre, großzügiger | |
zu planen – aber dann würden wir eventuell Geld binden, das an anderer | |
Stelle fehlt.“ | |
Das Bildungsressort kommt mit dieser Argumentation nicht davon. Dabei ist | |
es ebenfalls zu großen Teilen seiner Arbeit von externen Entwicklungen | |
beeinflusst: Wie viele Kinder in die Schulen und Kitas kommen, liegt nicht | |
in seiner Hand. Dennoch wird der Behörde eine grobe Fehlplanung | |
vorgeworfen: Sie hätte wissen müssen, dass die Kinderzahlen steigen, | |
schreiben FDP und CDU. Die CDU hatte bereits am Montag einen | |
Misstrauensantrag gegen die [3][SPD-Senatorin Sascha Aulepp] eingebracht, | |
die Regierungsfraktionen stellten sich hinter ihre Senatorin. | |
Tatsächlich wirkt die Erklärung der Behörde für ihren zu niedrig | |
berechneten Bedarf äußerst defensiv – und wenig überzeugend. Man habe auf | |
Zahlen aus dem Jahr 2022 zurückgegriffen, als die Meldebehörden überlastet | |
gewesen seien. Man sei überrascht von der hohen Zahl an Kitakindern und | |
Schüler*innen. Ob die Bildungsbehörde die Zahl der Schulanfänger nicht auch | |
über andere Quellen erheben kann – immerhin werden die zukünftigen | |
Schüler*innen im Laufe des Jahres von der Behörde zur Einschulung | |
eingeladen? Dazu antwortet das Ressort nicht mehr. | |
Dass die Behörde teilweise falsch gerechnet hat, ist schon länger bekannt. | |
Bereits Anfang Juli hatte die CDU mit einer Anfrage im Haushalts- und | |
Finanzausschuss eine [4][Fehlkalkulation bei den Energiekosten aufgezeigt:] | |
Nur 5,9 Millionen Euro waren im Bildungshaushalt für Gas, Heizöl und Strom | |
vorgesehen. | |
Dabei wurden 2023 an Bremer Schulen und Kitas noch ganze 14,5 Millionen | |
Euro für Energie ausgegeben. Kein Wunder also, dass der Finanzrahmen in | |
diesem Teilbereich für dieses Jahr nicht eingehalten werden kann: Bis Ende | |
Mai wurden bereits 8,3 Millionen Euro für Energiekosten ausgegeben, also | |
deutlich mehr, als für das ganze Jahr zur Verfügung steht. | |
## Fehlkalkulation oder Optimismus? | |
Eine Fehlkalkulation? Ungesunder Optimismus? Die Antwort aus dem | |
Bildungsdepartement erklärt die Entwicklung nur teilweise. Man sei von | |
„deutlich sinkenden Energiepreisen ausgegangen“, heißt es. Und: Man habe | |
die Haushaltsansätze „scharf kalkulieren“ müssen – sprich: Es gab einfa… | |
nicht genug Geld zu verteilen, also wurde nicht genug beantragt. | |
Das fehlende Energiegeld werde voraussichtlich aus den Notlagenmitteln | |
finanziert, schreibt die Bildungsbehörde weiter. Das ist [5][Geld, das | |
Bremen als Kredit aufgenommen hat], der mit einer „außergewöhnlichen | |
Notlage“ – Ukraine, Corona, Klimawandel – begründet werden musste. | |
Das Bildungsressort gilt insgesamt als Hort schlechter Finanzplanung. 2021 | |
war aufgefallen, dass dort über mehrere Jahre unbemerkt schwarze Kassen | |
geführt wurden. Nachfragen im Haushaltsausschuss konnte das Ressort nie | |
zufriedenstellend beantworten. Vielleicht ist das in diesem Fall sogar gut | |
so: Am Dienstag wurde bereits spekuliert, dass sich das Bildungsressort | |
verrechnet haben könnte – die Haushaltslücke könnte geringer ausfallen als | |
gedacht. | |
4 Aug 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Bremer-Landeshaushalt/!5651229 | |
[2] /Urteil-ueber-Bremer-Kitabeitraege/!5783475 | |
[3] /Neue-Bremer-Bildungssenatorin/!5762307 | |
[4] https://www.weser-kurier.de/bremen/politik/energiekosten-an-bremer-schulen-… | |
[5] /FDP-zieht-Bremer-Haushalt-vor-Gericht/!6022685 | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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