# taz.de -- Bremer Schulen überfüllt: Voll + voller = wird schon gehen | |
> Bremens Schülerzahlen steigen, doch neue Schulen zu bauen scheint zu | |
> teuer für die Stadt. Für Übergangslösungen werden derweil | |
> Millionenbeträge fällig. | |
Bild: Immer mehr Kinder und Jugendliche lassen den Platz in Bremens Schulen eng… | |
Bremen taz | In Bremen fehlen Schulplätze. Das heißt, na ja: Irgendwie wird | |
es wohl gehen, es muss ja. Die Vorlage für die Bildungsdeputation | |
vergangene Woche zeigt es schließlich: An der Oberschule Sebaldsbrück | |
kommen noch zwei Klassen extra unter, an der Roland-zu-Bremen-Oberschule in | |
Huchting ebenfalls, und hier und da und dort auch – und am Ende wird auch | |
im Schuljahr 2025/26 jedes Kind in Bremen einen Schulplatz haben. | |
Die Schülerzahlen wachsen, gleichzeitig müssen manche Klassen kleiner | |
werden, weil mehr Kinder einen Förderbedarf haben. Das führt dazu, dass | |
über die Stadt verteilt im Sommer 184 Klassen nach ihrem Abschluss die | |
weiterführenden Schulen verlassen, aber nach den Ferien dort 217 neue | |
Klassenverbände eingerichtet werden müssen – also 33 mehr. Neue Schulen | |
werden aber nicht im gleichen Tempo gebaut. | |
Was die Überfüllung konkret heißt, weiß man an der Oberschule an der | |
Kurt-Schumacher-Allee in der Vahr. „Kein Mauseloch“ habe er mehr, in das er | |
Schüler*innen stecken könne, sagt Schulleiter Christian Sauter. Das habe | |
er im November auch der Schulbehörde mitgeteilt. | |
Aber was heißt schon voll: Vier Klassen werden die Schule dieses Jahr | |
verlassen. Im nächsten Schuljahr kommen sechs neue. Und, das ist schon | |
klar: Auch im übernächsten und in den Jahren danach soll aus der | |
ursprünglich vierzügigen eine sechszügige Schule werden. | |
## Der Platz für alle wird enger | |
Möglich wird das über eine Lösung, die die Schulbehörde selbst im November | |
noch völlig ausgeschlossen hatte: Container – die bieten ausreichend Platz. | |
Aber die zusätzlichen Klassen der kommenden Jahre brauchen auch andere | |
Ressourcen: Der [1][Platz auf dem Schulhof wird enger,] die Fachräume | |
werden rechnerisch ab 2027 nicht mehr allen Klassen Raum bieten, und für | |
den Schulsport ist die Lage schon jetzt desolat: Die KSA-Oberschule muss | |
aktuell bereits Turnhallenzeiten von drei anderen Oberschulen abknapsen, | |
damit alle unterkommen. | |
Es braucht neues Personal für alle Fächer und in der Verwaltung und | |
zusätzliche Anwahlprofile müssen den Schüler*innen angeboten werden. | |
„Wir sind einfach konzeptuell auf vier Jahrgänge ausgerichtet. Jetzt auf | |
einmal auf sechs aufzustocken, stellt alles auf den Kopf“, sagt Schulleiter | |
Sauter. | |
## Container kosten Bremen jedes Jahr Millionen | |
Mit der Containerlösung ist Sauter einigermaßen glücklich: Die beste Option | |
für eine schwierige Lage. „Container sind mittlerweile so gut, viele | |
Schüler wollen da lieber rein als in marode Klassenräume.“ An anderen | |
Bremer Schulen dagegen sind laut Achim Kaschub, Vorstand der | |
Schulleitungsvereinigung Bremen, auch schon Musikräume aufgelöst worden, um | |
Klassen unterzubringen. | |
Die Behörde allerdings hat mit den Containern eigene Maßgaben | |
überschritten. Containerlösungen sollte es nicht mehr geben, wurde noch im | |
Herbst den Schulen kommuniziert. Denn: Die Klassenräume auf Zeit müssen | |
teuer angemietet werden. [2][Geld, das der Bildungsbehörde in Bremen nicht | |
zur Verfügung] steht. | |
Auswendig weiß man in der Schulbehörde gerade nicht, wie viel genau die | |
Miete für die Provisorien jährlich kostet – eine Anfrage der taz von | |
Donnerstagmorgen kann bis zum nächsten Mittwoch nicht beantwortet werden. | |
Aber eine Anfrage des Stadtteilkuriers aus dem Dezember zeigt, dass sich | |
die jährlichen Mieten für die Containerlösungen an 28 Schulen und Kitas in | |
Bremen-Nord [3][allein für diesen Bezirk auf sechs Millionen Euro] | |
summieren. | |
## Kinderzahlen wachsen weiter | |
Die Lage wird sich in wenigen Jahren zuspitzen, denn die Kinderzahlen | |
steigen weiter. „Vielleicht gelingt es dieses Jahr noch, überall | |
Schulplätze zu reservieren“, sagt Kaschub von der Schulleitungsvereinigung. | |
„Aber was ist im nächsten? Und was ist im Jahr danach?“ Ein Blick auf die | |
Grundschulen zeigt: Die vielen Viertklässler, die dieses Jahr an | |
weiterführende Schulen abgehen, werden von noch viel mehr Erstklässlern | |
ersetzt. Auch an den Grundschulen herrscht akuter Platzmangel. 40 | |
zusätzliche Klassenverbände werden dort dieses Jahr eingerichtet. | |
Steigende Schülerzahlen gibt es auch in Hamburg. In keinem Bundesland war | |
laut statistischem Bundesamt der Anstieg zuletzt stärker. Aber dort plant | |
man zwischen 2019 und Mitte der 2030er-Jahre [4][eben auch die Neugründung] | |
von 44 und die Erweiterung von rund 120 Schulen. 21 davon sind bereits | |
gegründet. So wurden zuletzt 99 Prozent der Hamburger Schüler*innen | |
zumindest einer ihrer drei Schulwünsche erfüllt. In Bremen bekamen zum | |
laufenden Schuljahr 5,2 Prozent, also etwa jeder Zwanzigste, keinen Platz | |
an einer von drei Wunschschulen. | |
Schulleitungsvorstand Kaschub wirft der Bremer Bildungsbehörde vor, es | |
fehle an einer strategischen Planung auf Jahre hinaus. Dabei hat die | |
Behörde in Bremen die Kinder nicht unbedingt übersehen. Man wusste in | |
Teilen wohl, was kommt. Bloß: Man entschied sich trotzdem, neu geplante | |
Schulen nicht zu bauen. Das Geld fehlt. | |
Huchting, ein Stadtteil im Bremer Süden mit niedrigem Sozialindex, ist | |
gleich doppelt betroffen: Für zwei neue Schulen in dem kleinen Stadtteil | |
gibt es „eine Beschlusslage“, wie es im Behördendeutsch heißt, also: | |
eigentlich ein Okay. Eine Grundschule und eine Oberschule sollen neu | |
entstehen, ein Investor ist gefunden und bereit zu bauen, aber: Wann es | |
losgehen kann, das weiß aktuell niemand. | |
## Grüne und Linke mahnen bessere Planung an | |
Die Folge: Grundschulen und eine Oberschule im Stadtteil werden überbelegt. | |
Die CDU findet das „fast nicht zu verantworten“, und ist sich dabei einig | |
mit Abgeordneten der Regierungsfraktionen. „Die Luft ist raus“, konstatiert | |
Linken-Sprecherin Miriam Strunge. „So, wie es dieses Jahr ist, können wir | |
nächstes Jahr nicht mehr weitermachen.“ | |
Schon im Dezember mahnten Grüne und Linke eine bessere Kommunikation | |
zwischen Schulen und Behörde und eine bessere Planung an. Aber selbst die | |
Behördenleitung gibt den Bürgerschaftsabgeordneten recht. „Wir alle hier | |
sind aus pädagogischen Gründen einer Meinung“, sagt Staatsrat Torsten | |
Klieme. „Wir brauchen diese neuen Schulen in Huchting.“ Aber man sei sich | |
„mit den Haushaltspolitikern nicht einig“ geworden. Das Finanzressort weist | |
den Vorwurf zurück: Das [5][Bildungsressort sei selbst verantwortlich, gut | |
zu planen] und auskömmliche Mittel zu beantragen. | |
Immerhin: Für die Zukunft stehen ein paar Lösungsansätze im Raum. Die | |
[6][Pilotgesellschaft Bildungsbau] soll demnächst an sechs Modellstandorten | |
probieren, wie Bremen trotz Schuldenbremse über eine ausgelagerte | |
Gesellschaft Kredite aufnehmen und Schulen bauen kann – [7][nach Hamburger | |
Vorbild.] Außerdem soll das Bauen billiger werden, und schneller: Standards | |
(auch in der Energieeffizienz) werden gesenkt und statt einer individuellen | |
Planung wie bisher können neue Schulen nur noch zwischen drei verschiedenen | |
Modulen wählen – auch hier liegt das Vorbild in Hamburg, das ein ähnliches | |
Modell praktiziert. | |
7 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Erziehungswissenschaftler-ueber-Schulbau/!5626042 | |
[2] /Haushaltssperre-bei-Bremer-Behoerden/!6023958 | |
[3] https://www.weser-kurier.de/bremen/stadtteil-burglesum/platzmangel-an-nordb… | |
[4] /Hamburgs-neuer-Schulentwicklungsplan/!5578530 | |
[5] /Haushaltssperre-bei-Bremer-Behoerden/!6023958 | |
[6] https://www.senatspressestelle.bremen.de/pressemitteilungen/senat-beschlies… | |
[7] /Hamburger-Finanzrochaden/!5661334 | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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Sascha Aulepp | |
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