| # taz.de -- 50. Todestag von Erich Kästner: Einer, der den Humor nicht verlor | |
| > Seine Bücher wie „Emil und die Detektive“ prägten Generationen von | |
| > Kindern: Erich Kästner. Vor 50 Jahren starb der Schriftsteller und | |
| > Pazifist. | |
| Bild: „Ich habe Gefährlicheres erlebt, Tödlicheres – aber Gemeineres nich… | |
| Berlin taz | Es gibt diese Menschen, die man sich manchmal herbeiwünscht, | |
| damit sie einem mit ihren Worten Trost spenden, deren Weisheiten man | |
| irgendwann aufschnappt und die einen unbewusst ein Leben lang begleiten. | |
| Menschen, die sich auch in den dunkelsten Stunden ihren Humor bewahren. Der | |
| Schriftsteller, Dichter und Friedensaktivist Erich Kästner war so ein | |
| Mensch. Vor 50 Jahren, am 29. Juli 1974, starb er. | |
| Den meisten wohl als Autor von Kinderbüchern und deren Verfilmungen | |
| bekannt, prägte Kästner mit „Das doppelte Lottchen“ oder „Emil und die | |
| Detektive“ Generationen kleiner Menschen. Selbst wuchs er, 1899 in Dresden | |
| geboren, als Einzelkind in kleinbürgerlichen Verhältnissen auf. Mit Beginn | |
| des Ersten Weltkrieges endete seine Kindheit, wie er in seinem | |
| autobiographischen Roman „Als ich ein kleiner Junge war“ schreibt. Sein | |
| Militärdienst 1917 und der Tod vieler Klassenkameraden machten Kästner zum | |
| Pazifisten: „Da liegen wir, den toten Mund voll Dreck/Und es kam anders, | |
| als wir sterbend dachten/Wir starben. Doch wir starben ohne Zweck“, | |
| schreibt er 1928 in einem seiner vielen Gedichte „Stimmen aus dem | |
| Massengrab“. | |
| Die 1920er sind eine erfolgreiche Zeit für Kästner: Er studiert Geschichte, | |
| Theaterwissenschaften, Philosophie und Germanistik, arbeitet nebenbei als | |
| Journalist und Theaterkritiker für die Neue Leipziger Zeitung. 1927 zieht | |
| es ihn nach Berlin, wo er erste Gedichtbände und Bücher veröffentlicht. | |
| Seine erfolgreichsten Jahre. Hier wird er für seinen stets menschlichen | |
| Blick auf die Welt gefeiert. So thematisiert er stets die soziale | |
| Ungleichheit, versucht etwa in „Pünktchen und Anton“ gesellschaftliche | |
| Barrieren zu überwinden. Auch als Kritiker einer Gesellschaft, die | |
| zusehends politisch und moralisch verkommt, macht er sich einen Namen. | |
| In [1][„Fabian. Die Geschichte eines Moralisten“ (1931)], seinem ersten | |
| Erwachsenenroman, thematisiert er den Zerfall der Weimarer Republik und den | |
| Aufstieg der Nazis. 1932 heißt es in seinem Gedicht Marschliedchen: „Wie | |
| ihr's euch träumt, wird Deutschland nicht erwachen/Denn ihr seid dumm und | |
| seid nicht auserwählt/Die Zeit wird kommen, da man sich erzählt/Mit diesen | |
| Leuten war kein Staat zu machen!“ Spätestens mit diesen Worten macht sich | |
| Kästner zum Feind der Nazis. Anders als viele seiner Kollegen emigriert er | |
| aber nicht, bleibt trotz Schreibverbot. „Ich bin ein Deutscher aus Dresden | |
| in Sachsen/ Mich lässt die Heimat nicht fort/ Ich bin wie ein Baum, der – | |
| in Deutschland gewachsen – / wenn’s sein muss, in Deutschland verdorrt“, | |
| heißt es in einem Vers aus dem Jahr 1943. | |
| [2][1933 steht er am Berliner Opernplatz und muss mit ansehen], wie die | |
| Nazi-Studentenschaft die Werke vieler „undeutscher“ AutorInnen wie Karl | |
| Marx oder Bertolt Brecht auf einem Scheiterhaufen verbrennt. Darunter auch | |
| seine eigenen Bücher und Gedichtbände. „Ich habe Gefährlicheres erlebt, | |
| Tödlicheres – aber Gemeineres nicht“, schreibt er dazu. Viel Tagebuch | |
| schreibt er in diesen Jahren, in denen er unter seinem eigenen Namen nicht | |
| veröffentlichen darf, plant eigentlich nach Kriegsende einen | |
| Zeitzeugenroman, verwirft dieses Vorhaben aber, nachdem er mit einem | |
| Auschwitz-Überlebenden spricht. Seine eigenen Erfahrungen müssen dagegen zu | |
| nichtig gewirkt haben. | |
| Erst nach Kriegsende kann er wieder unter seinem Namen veröffentlichen, | |
| beginnt sich politisch zu engagieren: schreibt Reden, plädiert für | |
| Abrüstung und protestiert gegen Atomwaffen sowie den Vietnamkrieg, schreibt | |
| mit „Die Konferenz der Tiere“ ein pazifistisches Kinderbuch. | |
| Von einer friedlicheren Welt träumte Kästner, der Moralist stets. Auch 50 | |
| Jahre nach seinem Tod verlieren seine Werke nicht an Aktualität, bleiben | |
| quasi zeitlos, wo Moral verkommt. | |
| 29 Jul 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sophia Zessnik | |
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