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# taz.de -- Klimapolitik der Ampel-Regierung: Kommen Fahrverbote, Herr Wissing?
> Nach dem noch geltenden Klimaschutzgesetz muss die Bundesregierung an
> diesem Montag Sofortprogramme für Verkehr und Gebäudesektor vorlegen.
Bild: Verkehr ist ein Bereich, in dem Klimaziele nicht erreicht wurden und die …
Berlin taz | Remo Klinger ist vorbereitet: „An diesem Montag ist Termin“,
sagt der Fachanwalt für Verwaltungsrecht, der auf Umweltrecht spezialisiert
ist. „Wenn die Bundesregierung heute bis Dienstschluss [1][kein
Sofortprogramm für mehr Klimaschutz vorlegt], handelt sie rechtswidrig.“
Es geht um das Klimaschutzgesetz, das nach einem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2021 verschärft worden ist. Das höchste
deutsche Gericht hatte damals geurteilt, dass zu lascher Klimaschutz die
Rechte künftiger Generationen verletze. Deshalb muss die Bundesrepublik nun
bis zum Jahr 2030 ihre Treibhausgas-Emissionen um 65 Prozent unter das
Niveau von 1990 senken.
Im Jahr 2023 waren davon aber erst 46 Prozent erreicht. Abgerechnet wird
nicht erst im Dezember 2029, sondern in jedem Jahr erneut durch einen
unabhängigen „Expertenrat für Klimafragen“. Der hatte zuletzt Bilanz
gezogen und geurteilt: [2][In den Bereichen Gebäude und Verkehr gibt es zu
wenig Klimaschutz].
„Im Klimaschutzgesetz steht, dass in einem solchen Fall spätestens drei
Monate nach der Expertenbilanz ein Sofortprogramm durch die Bundesregierung
für die entsprechenden Sektoren vorzulegen ist“, erläutert Klinger. Als
Anwalt hatte er Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe DUH und den
BUND vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vertreten, die genau
diesen Punkt „Sofortprogramme“ beklagt hatten.
## Habeck versucht Sektorziele zu streichen
Denn bereits im vergangenen Jahr hatte sich die Ampelkoalition darum
gedrückt, ein solches in den Bereichen Verkehr und Gebäude vorzulegen.
Damals bekamen die Umweltverbände Recht: Die [3][Bundesregierung müsse
„gesetzeskonforme Klimaschutz-Sofortprogramme in den Sektoren Gebäude und
Verkehr“] vorlegen.
Doch statt dies tatsächlich zu tun, ging Klimaschutzminister Robert Habeck
(Grüne) in Revision vor das Bundesverwaltungsgericht. Nicht, dass dies
etwas am Urteil ändern wird: Überprüft wird nicht die Sache selbst, sondern
lediglich, ob der 11. Senat in Berlin einen Verfahrensfehler begangen hat.
Aber die Ampel-Koalitionäre gewannen dadurch Zeit – und sie nutzten sie,
[4][um sich ein neues Gesetz zu schreiben].
Nach der Neufassung müssen nun nicht mehr in den einzelnen Sektoren
Zielmarken erreicht werden – Gebäude, Landwirtschaft, Industrie, Verkehr,
Landnutzung beispielsweise. Im neuen Gesetz kann ein einzelner Bereich das
Ziel durchaus verfehlen, wenn ein anderer seine übererfüllt. Das Instrument
des Sofortprogramms wurde dadurch hinfällig.
## Bundespräsident unterschreibt neues Klimaschutzgesetz nicht
Zumindest theoretisch: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte
das Gesetz nämlich bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe immer noch
nicht unterschrieben. „Unsere Rechtsanwälte haben dem Bundespräsidenten
[5][ein 19-seitiges Rechtsgutachten zukommen lassen, in dem detailliert
dargelegt wird, warum die Neufassung des Gesetzes verfassungswidrig ist]“,
sagt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Gesetzeskraft erreicht die
Neufassung erst, wenn sie nach der präsidialen Unterschrift im
Bundesanzeiger veröffentlicht wird.
„Die Regierung Scholz ist deshalb gesetzlich verpflichtet und gerichtlich
verurteilt, Sofortprogramme für die Sektoren Gebäude und Verkehr
vorzulegen“, sagt BUND-Chef Olaf Bandt. „Jetzt kommen [6][die Fahrverbote,
die Porsche-Minister Wissing bereits angekündigt hat]“, erklärt Resch.
Kollege Brandt empfiehlt eine Reform der Dienstwagenbesteuerung und die
Einführungen einer Kerosinsteuer, die auch Frachtflieger und Privatjets
einbezieht. Fachanwalt Klinger jedenfalls ist sicher: „Diesmal muss die
Regierung handeln!“ Und wenn nicht: Auch gegen das neu geschriebene
Klimaschutzgesetz, das noch nicht in Kraft ist, hat ein [7][breites
Klagebündnis Ende Juni bereits Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht
eingereicht].
Eine Sprecherin des Klimaschutzministeriums sieht die Ampel dagegen auf dem
richtigen Weg beim Klimaschutz, weshalb Sofortprogramme nicht notwendig
seien. Zu dem Vorwurf der Rechtswidrigkeit sagte sie allerdings: „Kein
Kommentar!“
15 Jul 2024
## LINKS
[1] /Klage-von-Umweltverbaenden/!5977091
[2] /CO2-Ziele-der-Ampelregierung/!6011750
[3] /Urteil-von-Oberverwaltungsgericht/!5977152
[4] /Reform-des-Klimaschutzgesetzes/!6002993
[5] /Klimaklage-gegen-Bundesregierung/!6017350
[6] /Verkehrsminister-droht-mit-Fahrverboten/!6004125
[7] /Novelle-des-Klimaschutzgesetzes/!6016453
## AUTOREN
Nick Reimer
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