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# taz.de -- Freifahrt für Schüler:innen: Hamburg spendiert Deutschlandticket
> Der Bürgermeister, der bislang nicht durch progressive Verkehrspolitik
> auffiel, hat eine super Idee: gratis Deutschlandticket für Schüler:innen.
Bild: Ab dem nächsten Schuljahr können sie mit dem Deutschlandticket quer dur…
Hamburg taz | Es war einmal vor langer Zeit in einem Land, in dem die Luft
immer schlechter wurde und das Grün immer weniger. An seine Stelle hatte
man breite Straßen gebaut, auf denen Tag für Tag immer längere Schlangen
immer bulligerer Autos standen. Tatsächlich fuhren in diesem Land auch
Züge, aber die waren in einem so verheerenden Zustand, dass man Absicht
dahinter vermuten musste. Sie fuhren zu spät oder gar nicht, zugleich
wurden die Fahrkarten immer teurer.
Einmal, als eine Pandemie das Land heimsuchte, schenkte man den
Autofahrer:innen Geld und danach, notgedrungen, auch den
Bahnfahrer:innen. Die bekamen [1][eine Fahrkarte namens Deutschlandticket],
die nur neun Euro kostete und mit der man, wenn auch nur in den langsamen
Zügen, überall hinfahren konnte. Plötzlich waren die Züge sehr voll und man
erhöhte den Preis der Fahrkarte um das Fünffache. Aber nach kurzer Zeit
erhoben sich Stimmen, die forderten, die Fahrkarte noch teurer zu machen,
unter anderem der Finanzminister des Landes, der bekannt war für seine
Vorliebe für prächtige Autos.
Nun war das Land zersplittert in viele kleine Länder und in einem der
nördlicheren, das letztlich nur eine Stadt war, war ein Mann der Grünen in
den Rang des Verkehrsministers gelangt, der vieles ändern wollte. Zunächst
waren einige seiner Vorhaben am Widerstand des Innenministers gescheitert,
einem Roten, dem die Polizei unterstand.
Immer wieder zerschellten Vorhaben der Grünen am Widerstand der Roten,
denen das Auto und sein Fortkommen in der Stadt mehr bedeutete als das
Fortkommen der Räder. [2][Allmählich aber sah man Bauarbeiten in der Stadt,
wo Autostraßen verengt wurden zugunsten von Fahrradstreifen]. Man freute
sich und fragte doch: Wer wird sich durchsetzen in der nördlichen Stadt,
die Kämpfer:innen für das bullige Auto oder der Rest?
## Hamburg kippt Geschwindigkeitskontrolle
Regiert wird das Land von einem roten Bürgermeister, Peter Tschentscher,
der sich eher selten in Fragen des Verkehrs vertiefte. Zwar versprach er
einen Takt-Verkehr, nach dem spätestens 2030 jeder Bürger und jede Bürgerin
binnen fünf Minuten ein öffentliches Verkehrsmittel erreichen können
sollte. In der Praxis kippte er bei einem Treffen der Regierenden aller
Länder ein Gesetz, das es erleichtert hätte, ein langsameres Tempo in
städtischen Straßen einzuführen.
Man sei besorgt um die Sicherheit der Bürger:innen, hat sein Sprecher
damals zum allgemeinen Erstaunen erklärt. Deshalb sollten die Autos
schneller fahren können.
Etwa ein halbes Jahr später gab die Schulbehörde der nördlichen Stadt
bekannt, dass künftig alle Schüler:innen ein kostenloses
Deutschlandticket erhalten werden. Nach den Sommerferien wird es so weit
sein: Dann können sie nicht nur mit Bus, S- und U-Bahn durch Hamburg
fahren, sondern per Regionalverkehr durchs ganze Land.
Rund 100 Millionen Euro gibt die Stadt dafür aus. Das ist spektakulär und
bislang bundesweit einzigartig und um so eindrücklicher in einer Stadt, in
der Verkehrspolitik einen Schritt nach vorn und dann einen zurück geht –
siehe oben.
## Verkehrsteilnehmer:innen von morgen
Außerdem wendet sich das ganze an exakt die richtigen: die
Verkehrsteilnehmer:innen von morgen – diejenigen, die darüber
bestimmen werden, wie Mobilität künftig aussehen soll. Was für ein
wunderbarer Einstieg, wenn öffentlicher Verkehr bedeutet, einfach
einsteigen zu können. Und auch wenn es für immer Peter Tschentschers
Geheimnis bleiben wird, warum schnellere Autos sicheren Verkehr bedeuten:
Das kostenlose Deutschlandticket für Schüler:innen ist super.
Und eines Tages, wenn alle noch nicht gestorben sind, dann ist in dieser
großen Stadt im Norden der Hamburger Verkehrsverbund auch für Erwachsene
günstig, dann gibt es autofreie Schulstraßen und die Autos fahren 30.
20 Jul 2024
## LINKS
[1] /Deutschlandticket-wird-teurer/!6019427
[2] /Studie-zu-Autos-in-der-Stadt/!5945157
## AUTOREN
Friederike Gräff
## TAGS
Verkehrswende
49-Euro-Ticket
Hamburg
Social-Auswahl
Schwerpunkt Klimawandel
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Haushalt
Das Milliardenloch
Hamburg
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