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# taz.de -- Gericht urteilt über Bafögsätze: Bafög so hoch wie Bürgergeld?
> Im Jahr 2021 waren die Bafögsätze „evident zu niedrig“, urteilt das
> Berliner Verwaltungsgericht. Nun muss sich Karlsruhe mit dem Fall
> befassen.
Bild: Ist für die Bafög-Reformen verantwortlich: Bundesbildungsministerin Bet…
Berlin taz | Drei Bafög-Reformen hat die Ampelkoalition in dieser
Legislatur bereits beschlossen. Doch nun facht eine juristische Bewertung
die Debatte über die Höhe der Bafög-Sätze neu an. Am Dienstag hat das
Berliner Verwaltungsgericht entschieden, dass die Bafögsätze aus dem Jahr
2021 gegen das Grundgesetz verstoßen, und den Fall zur weiteren Prüfung an
das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet.
Geklagt hatte eine Studentin, die ab 2016 an der Berliner Charité Medizin
studierte. Aus ihrer Sicht waren die Bedarfssätze für Studierende „in
verfassungswidriger Weise“ zu niedrig bemessen.
Das Gericht gibt ihr nun teilweise recht: „Die Höhe des Grundbedarfes von
427 Euro sei evident zu niedrig gewesen“, heißt es in einer Stellungnahme
des Gerichts. Ob die zu niedrigen Sätze aber tatsächlich gegen die
Verfassung verstoßen, muss nun das Bundesverfassungsgericht klären.
Es ist das zweite Mal, dass ein Gericht Karlsruhe anruft, um Klarheit in
die Sache zu bringen – 2021 hat darum in einem ähnlichen Fall bereits das
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gebeten. Ein Urteil ist aber noch nicht
gefallen.
## So hoch wie Bürgergeld?
Interessant ist, dass die Berliner Richter:innen in ihrer Begründung
explizit auf das Bürgergeld (vormals Hartz IV) Bezug nehmen. Die damals 427
Euro seien zur Deckung des Grundbedarfs zu wenig gewesen, weil die Summe
unter dem Bürgergeldminimum von 446 gelegen habe. Auch seien 325 Euro nicht
ausreichend für den Unterkunftsbedarf gewesen, weil die Mehrheit der
Studierenden mehr Miete habe bezahlen müssen.
Mittlerweile wurden die Bedarfssätze (auf 452 Euro) und das Wohngeld (auf
360 Euro) zwar angehoben und sollen [1][dank der jüngsten Bafög-Reform] zum
Wintersemester erneut leicht steigen, am Grundproblem ändert das nichts:
Der Grundbedarf beim Bafög liegt deutlich unterhalb des Bürgergeldes,
aktuell sogar 111 Euro.
Die Bildungsgewerkschaft GEW sieht darin ein „sozial-und
bildungspolitisches Armutszeugnis“. Auch nach der 29. Novelle blieben die
Bedarfssätze weit unter denen des Bürgergelds, kritisierte GEW-Vorstand
Andreas Keller am Mittwoch auf X. „Nun muss es wohl Karlsruhe richten, was
Berlin nicht hinkriegt.“
Die Studierendenvertretung fzs äußerte ihr Unverständnis darüber, dass die
vergangenen und die jetzige Bundesregierung offenbar nur auf das Urteil aus
Karlsruhe warteten. „Es ist unglaublich, dass zwei verschiedene Gerichte in
unterschiedlichen Fällen Verfassungswidrigkeit erkennen, ein Handeln auf
Bundesebene jedoch ausbleibt“, sagte Rahel Schüssler, fzs-Referentin für
Bafög und Wohnen.
Aus Sicht des fzs reichen die Bafög-Bedarfssätze nicht zum Leben aus und
seien daher „verfassungswidrig zu niedrig“, so Schüssler. Der
Ampelkoalition wirft sie vor, statt ein existenzsicherndes Bafög zu
beschließen, sich „lieber mit einem scheinbar schlanken Haushalt
profilieren“ zu wollen.
Dass das Bafög derzeit nicht zum Leben reicht, ist unter Expert:innen
unumstritten. Der Bildungökonom Dieter Dohmen sagte kürzlich in der taz,
dazu müssten die Sätze samt Wohngeld bei „[2][deutlich mehr als 1.000
Euro]“ im Monat liegen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Bafög-Sätze
– im Gegensatz zum Bürgergeld – nicht regelmäßig angepasst werden.
Wann und wie das Verfassungsgericht beim Bafög urteilen wird, ist unklar.
10 Jul 2024
## LINKS
[1] /Bafoeg-wird-erhoeht/!6015557
[2] /Oekonom-ueber-geplante-Bafoeg-Reform/!6013412
## AUTOREN
Ralf Pauli
## TAGS
Bafög
Studium
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